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    Niedrigzinsen  6070  0 Kommentare Umdenken erforderlich - Ein Plädoyer für Negativzinsen, auch auf Bargeld…

    Die Wirkung der Zinsen wurde in der Vergangenheit missverstanden – mit schwerwiegenden Folgen. Tatsächlich kann Geld sowohl vom positiven als auch vom negativen Zins im Fluss gehalten werden, wobei der negative Zins nicht die vielen nachteiligen Nebenwirkungen mit sich bringt. Er muss aber richtig angewendet werden: Auch das Bargeld braucht den negativen Zins.

    »Das eigentliche Problem unserer Wirtschaftsordnung ist der positive Zins«, begründete Prof. Dr. Felix Fuders bei seinem gestrigen Vortrag in Dortmund sein Plädoyer für Negativzinsen. Allerdings müssten die Negativzinsen richtig umgesetzt werden, damit sie ihr gesamtes positives Potenzial entfalten könnten. Die Europäische Zentralbank macht dies derzeit nur halbherzig. »Auch das Bargeld braucht den Negativzins«, so der an der Universität Austral de Chile lehrende deutsche Ökonom.

    Die drei großen Themen unserer Zeit – Umweltzerstörung, Ungleichheit und Finanzkrise – hingen unmittelbar mit unserem Geldsystem zusammen, das aufgrund positiver Zinsen einem Wachstumszwang unterliege. Weil Einlagen durch den Zins wachsen, müsste auch das Kreditvolumen stetig wachsen, was umso schwieriger würde, je mehr Unternehmen, Haushalte und Staat bereits verschuldet sind. Obwohl die Zinsen schon sehr niedrig sind, fiele es den Kreditinstituten zunehmend schwerer, genügend Kredite zu vergeben. Banken begännen in ihrer Not, Kredite auch an Kunden (oder Staaten) mit zweifelhafter Bonität zu vergeben. »Der Zusammenbruch kommt immer dann, wenn Banken keine weiteren Kreditnehmer mehr finden oder größere Kredite ausfallen«, erklärte Fuders. So hätten in diesem System nicht vertretbare Hypothekenkredite und steigende Zinsen die amerikanische Subprime-Krise ausgelöst, die 2007 am Anfang der Finanzkrise stand.

    Weder klassische Maßnahmen wie Rettungsfonds oder eine verstärkte Regulierung des Finanzsektors noch »revolutionärere« Vorschläge wie die Wiedereinführung eines Goldstandards oder einer 100%-Mindestreserve könnten hier grundlegend Abhilfe schaffen, meint Fuders. Einzig effektive Negativzinsen, die das Bargeld einbeziehen, würden der Realwirtschaft tatsächlich helfen. Neben ihm selbst hätten auch namhafte Ökonomen wie Gregory Mankiw oder Willem Buiter diesen Vorschlag, der auf Silvio Gesell zurückgeht, gemacht. Inzwischen würde sich zwar sogar die EZB in Person von Benoît Cœuré auf Gesell berufen, doch Fuders betonte: »Negative Zentralbankzinsen müssen mit einer Belastung des Bargeldes einhergehen, wollte man den Negativzins der EZB mit dem Vorschlag Silvio Gesells vergleichen.«

    Die Abschaffung des 500-Euro-Scheins zeigt, dass auch die EZB die Bargeldhortung bekämpfen will. Allerdings hält Fuders die Bargeldabschaffung für keine gute Idee: »Dies wäre zwar eine Lösung, aber eine, die uns die Freiheit nimmt, anonym zu zahlen. Die Folge wäre totale Überwachung.« Er plädiert dagegen für anonyme Geldkarten oder andere Bargeld-Techniken.

    Die Zeit dränge, da unter den heutigen Bedingungen die Banken die Negativzinsen der EZB im harten Wettbewerb kaum weitergeben könnten. »Dadurch wächst die Gefahr von Bankenpleiten.« Bei einer Einbeziehung des Bargelds würde dagegen auf Bankeinlagen automatisch ebenfalls der Negativzins erhoben werden – doch umgekehrt funktioniere dies eben nicht richtig.

    Statt den Fehler im Geldsystem zu beheben, würden heute die Märkte durch Anleihenkäufe (Quantitative Easing) mit noch mehr von dem nicht funktionierenden Geld überschwemmt.

    Am Ende seines Vortrags nahm Fuders noch Stellung zu einigen »Mythen«. Er legte dar, warum seiner Ansicht nach negative Zinsen nicht unnatürlich seien, keinen Betrug am Sparer und auch keine Enteignung darstellten.

    Felix Fuders ist Professor für Volkswirtschaftslehre, insbesondere Mikroökonomie und Ökologische Ökonomie, an der Universidad Austral de Chile, Direktor SPRING Chile, Mitglied der Gesellschaft für Nachhaltigkeit und im Netzwerk für Nachhaltige Ökonomie, Berlin. Auf Einladung der INWO Deutschland sprach er am Montag, den 12. September in der Auslandsgesellschaft NRW in Dortmund.





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