Neues Jahresgutachten
Abrechnung mit EU-Geldpolitik - Wirtschaftsweise fordern Ende der Geldflut
Am Mittwoch stellen die fünf Wirtschaftsweisen ihr neues Jahresgutachten über die gesamtwirtschaftliche Entwicklung vor. Darin üben sie scharfe Kritik an der ultralockeren Geldpolitik und warnen vor einem Zerfall des europäischen Projekts.
Es ist wieder soweit. Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung legt am Mittwoch in Berlin sein 53. Jahresgutachten mit dem Titel "Zeit für Reformen" vor. Auch wenn die umgangssprachlich als fünf Wirtschaftsweisen bezeichneten Ökonomen vornehmlich und per gesetzlichem Auftrag Stellung zur aktuellen und zukünftigen Wirtschaftslage Deutschlands beziehen, so widmen sie sich doch meist auch sehr ausführlich dem europäischen Geschehen.
Wie die "Frankfurter Allgemeine" nun vorab berichtet, lassen die Experten in diesem Jahr kein gutes Haar an der über-expansiven Geldpolitik der Zentralbanker. Nach ihrer Einschätzung sei das Ausmaß der Lockerung angesichts der wirtschaftlichen Erholung "nicht mehr angemessen". Zudem verdecke es die Probleme und gefährde zunehmend die Finanzmarktstabilität.
Mit Blick auf den Brexit und den wachsenden Erfolg euroskeptischer Kräfte warnen sie vor einem Zerfall des gesamten europäischen Projekts. „Ohne die Bereitschaft zu grundlegenden Reformen kann die langfristige wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Europäischen Union nicht gesichert werden", heißt es in dem Bericht. Dabei gelte es jedoch weiterhin, die Grundfreiheiten (freier Verkehr von Waren, Dienstleistungen, Kapital und die Personenfreizügigkeit) unangetastet zu lassen.
In Bezug auf die Flüchtlingskrise halten die Wissenschaftler eine "verzögerte Integration in die Sozialsysteme bei der Migration“ für angemessen. Darüber hinaus müsse die deutsche Politik ihren Fokus auf die Bekämpfung von Fluchtursachen und auf den "effektiven Schutz der Außengrenzen" legen. Die zusätzlichen Ausgaben, die in der Bundesrepublik für Flüchtlinge aufgewendet werden, seien aber weiterhin tragbar, letztlich hingen sie auch davon ab, wie gut die Neuankömmlinge in den Arbeitsmarkt integriert werden.
Ganz allgemein rechnen die Wirtschaftsweisen mit einem Wachstum der deutschen Wirtschaft von 1,9 Prozent in diesem und 1,3 Prozent im nächsten Jahr. Der Rückgang ließe sich mit Kalendereffekten begründen, die zugrundeliegende Wachstumsdynamik bliebe "im Wesentlichen erhalten." Für den Euro-Raum sei 2017 ein Wachstum von 1,4 Prozent drin.
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