Interview mit Norbert Paul
Volle Kontrolle im börslichen Soforthandel
Unmittelbar auf das Marktgeschehen eingehen und den Zeitpunkt der Orderausführung selbst bestimmen – der börsliche Soforthandel macht es möglich. Norbert Paul, Handelsexperte an der Börse
Stuttgart, stellt die neue Handelsvariante vor.
Herr Paul, was steckt hinter dem börslichen Soforthandel?
Norbert Paul: Eine Wertpapierorder mit dem gewünschten Preislimit aufzugeben ist eine Sache. Genau zu wissen, wann sie ausgeführt wird, eine ganz
andere. Denn das hängt von der Kursentwicklung des Papiers ab – wird das gewählte Limit nicht erreicht, bleibt der Auftrag des Anlegers bis zum Ende der Gültigkeit bestehen. Selbstbestimmte
Anleger, die lieber unmittelbar anhand der aktuellen Marktsituation ihre Order einstellen und danach direkte Kontrolle über deren Ausführung haben möchten, können nun den Soforthandel der Börse
Stuttgart nutzen.
Für welche Wertpapiere ist diese Handelsvariante verfügbar?
Paul: Der börsliche Soforthandel ist sowohl bei verbrieften Derivaten als auch bei Aktien, Exchange Traded Funds und aktiv gemanagten Fonds möglich. Derzeit steht der Soforthandel
Kunden der Online-Broker Flatex und ViTrade zur Verfügung und wird sukzessive bei weiteren führenden Onlinebanken ausgebaut.
Wie läuft der Soforthandel ab?
Paul: Im Soforthandel haben Anleger die Entscheidungshoheit darüber, wann und zu welchem Preis ihre Order ausgeführt wird. Ausgangspunkt ist die Ordermaske des jeweiligen
Online-Brokers. Hier gibt der Anleger seine Auftragsdaten zu Wertpapier, Stückzahl sowie Kauf oder Verkauf ein und wählt den Börsenplatz Stuttgart aus. Mit einem weiteren Klick fragt er nun einen
Preis bei der Börse Stuttgart an und erhält in Sekundenschnelle eine aktuelle Preisindikation. Damit weiß der Anleger, welches Preisniveau der aktuellen Marktlage entspricht. Auf dieser Basis kann
er innerhalb einer festgelegten Zeitspanne seine Order aufgeben.
Handelssaal Börse Stuttgart (Quelle: Börse Stuttgart)
Was geschieht dann mit der Order?
Paul: Bei vollständiger Ausführbarkeit wird die eingestellte Order mindestens zur angezeigten Preisindikation ausgeführt –
oder sogar besser: Wenn sich der Markt in der Zwischenzeit zu Gunsten des Anlegers entwickelt, wird dies bei der folgenden Preisermittlung berücksichtigt. Die Chancen auf diesen Vorteil stehen
nicht schlecht: Im Oktober 2016 war der Ausführungspreis an der Börse Stuttgart bei jeder sechsten Soforthandel-Order in verbrieften Derivaten besser als die angefragte
Preisindikation.
Was passiert, wenn eine Order nicht vollständig ausführbar ist?
Paul: In diesem Fall wird die Order automatisch gelöscht. Ob Ausführung oder Löschung, der Anleger erhält jeweils eine
unmittelbare Benachrichtigung. Dies erhöht die Handlungsfähigkeit, um rasch auf das Marktgeschehen zu reagieren: Der Anleger hat schnell Gewissheit über den Status seiner Order. Damit weiß er auch,
wieviel Geld auf seinem Wertpapierkonto gerade für weitere Transaktionen zur Verfügung steht. Diesen Aspekt wissen insbesondere kurzfristig orientierte Anleger und Trader zu schätzen, die intensiv
handeln.
Was zeichnet den Soforthandel an der Börse Stuttgart besonders aus?
Paul: An der Börse Stuttgart sind Handelsexperten in den Soforthandel eingebunden. Sie können bei Bedarf zusätzliche
Liquidität bereitstellen, um eine Vollausführung möglich zu machen. Das reduziert die Wahrscheinlichkeit, dass eine eingestellte Order gelöscht wird. Der börsliche Soforthandel richtet sich an
Selbstentscheider, die volle Kontrolle über ihre Orders haben möchten und die Vorzüge eines unmittelbaren Geschäftsabschlusses schätzen. Dabei können die Anleger sicher sein, dass ihre Rechte
gewahrt bleiben: Das Regelwerk der Börse Stuttgart und die Handelsüberwachungsstelle als unabhängige Instanz sorgen auch im Soforthandel für Transparenz und Neutralität.
Herr Paul, wir danken Ihnen für das Gespräch.
Mehr zum börslichen Soforthandel:
www.boerse-stuttgart.de/soforthandel