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    Marktkommentar  295  0 Kommentare Dr. Daniel Hartmann (B EZB: Fuss vom Gaspedal, aber kein Tapering!

    Entgegen den Erwartungen hat die EZB angekündigt, die monatlichen Anleihenkäufe ab April 2017 zu reduzieren. Dr. Daniel Hartmann kommentiert das Umfeld.

    Entgegen den Erwartungen hat die EZB angekündigt, die monatlichen Anleihenkäufe ab April 2017 zu reduzieren (von 80 auf 60 Mrd. EUR). Gleichzeitig haben die Währungshüter jedoch eine Fortsetzung des Programms bis Ende 2017 (statt September 2017) fest zugesichert. Auch sonst betonte Mario Draghi immer wieder: von Tapering ist die EZB noch weit entfernt.

    Im Rahmen der heutigen Notenbanksitzung hat die EZB entgegen den Erwartungen eine Reduzierung ihrer monatlichen Anleihenkäufe angekündigt. Ab April 2017 sollen nur noch 60 statt 80 Mrd. EUR an Wertpapieren erworben werden (wie zu Beginn des QE-Programms). Im Gegenzug hielten die Währungshüter aber auch zwei positive Überraschungen parat: So wurde zugesichert, das Programm nicht nur bis September, sondern mindestens bis Dezember 2017 fortzuführen. Zusätzlich stellten die Notenbanker in Aussicht, die Anleihenkäufe flexibel zu erhöhen, sollte sich die wirtschaftliche Lage wieder eintrüben. Das reduzierte Tempo der Ankäufe wurde mit dem sich verbessernden Wirtschaftsausblick gerechtfertigt. Im Vergleich zu März 2016, als die EZB die monatlichen Ankäufe von 60 auf 80 Mrd. EUR anhob, sei vor allem das Deflationsrisiko kleiner geworden. Unterdessen ist aber auch nicht zu leugnen, dass die politische Unsicherheit höher denn je ist – die jüngsten Wahlergebnisse lassen grüssen (Trump, Brexit, Senatsreferendum). Diesem Unsicherheitsmoment wollte die EZB mit der erkennbaren Verlängerung des QE-Programms Rechnung tragen. Nach dem jüngsten Beschluss besteht bis weit in das Jahr 2017 hinein kein Diskussionsbedarf über die Fortführung der Anleihenkäufe. Überhaupt war eine ganz zentrale Botschaft Mario Draghis: Die EZB bleibt noch lange am Markt präsent. Über ein »echtes« Tapering (Reduzierung der Ankäufe auf null) sei mit keiner Silbe gesprochen worden. Was mancher befürchtet hatte – QE-Müdigkeit im EZB-Rat – war mitnichten erkennbar. Im Gegenteil, Draghi betonte, dass die Geldpolitik auf absehbare Zeit für günstige Finanzierungskonditionen sorgen müsse.

    Projektionen der EZB vom Dezember 2016© Quelle: EZB, *Jahresdurchschnitt, Mittelwert, in Klammern Projektionen vom September 2016, BANTLEON AG  

    Auch die neuen EZB-Inflationsprognosen unterstützten diese Argumentationslinie (vgl. Tabelle). So sieht sich die Notenbank selbst 2019 im Hinblick auf die Inflationsentwicklung noch nicht am Ziel. Die (im Mittel) prognostizierten 1,7% sind in den Augen des Notenbankpräsidenten unzureichend. Mit der avisierten Verlängerung des QE-Programms wird die EZB nunmehr mindestens 2.340 Mrd. EUR Wertpapiere kaufen (bisher 1.800 Mrd. EUR), davon ungefähr 1.750 Mrd. EUR Staatsanleihen. Um den Engpässen vor allem bei deutschen Bundesanleihen zu begegnen, waren daher Änderungen bei den technischen Parametern unerlässlich. Auch hier kam es zu einer Überraschung. Auf die Anhebung der Ankaufslimite (33% für Emissionen und Emittenten) verzichtet die EZB (vorerst). Dafür wurde die Mindestrendite beim Ankauf (-0,40%) aufgehoben und das Laufzeitspektrum auf 1 bis 30 Jahre (statt 2 bis 30 Jahre) ausgedehnt. Das potentielle Ankaufvolumen deutscher Staats- und Länderanleihen erhöht sich damit von 1.000 Mrd. EUR auf 1.200 Mrd. EUR. Ausserdem können nunmehr alle deutschen Papiere erworben werden (auch diejenigen, die unter -0,40% rentieren) – maximal somit knapp 400 Mrd. EUR (= 33% aus 1.200 Mrd. EUR). Gemäss unseren Berechnungen müssten allerdings zur Erfüllung der deutschen Quote bis Ende 2017 rund 450 Mrd. EUR Staats- und Länderanleihen gekauft werden. Die Knappheitsproblematik wird somit fortbestehen. Die EZB wird sich damit spätestens Ende 2017 erneut beschäftigen müssen. Zieht man ein Fazit, hat die EZB nur auf den ersten Blick mit der angekündigten Reduzierung der monatlichen Ankäufe enttäuscht. Dem steht das extrem »dovishe« Wording von Draghi gegenüber. Als eine Tapering-Ankündigung wollte er die Reduzierung auf 60 Mrd. EUR eben gerade nicht interpretiert wissen. Vielmehr sollte das Signal ausgehen, dass die EZB ihre Anleihenkäufe noch sehr lange fortführt. Nach den neusten Plänen kann das Tapering frühestens Anfang 2018 beginnen. Mit einem Ende der Ankäufe ist daher nach wie vor bestenfalls im Herbst 2018 zu rechnen. Die Wahrscheinlichkeit ist indes hoch, dass es zwischenzeitlich zu einer Eintrübung der wirtschaftlichen Lage kommt. In der Folge würde die EZB ihre monatlichen Ankäufe nochmals aufstocken und/oder die Laufzeit des Programms erneut verlängern. Die Anleihenmärkte können sich somit in der Tat auf eine lange Präsenz der EZB einstellen.  




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