Verfrühter Inflationssprung nicht ohne
Der Dezember-Anstieg der Inflationsrate von 0,6 auf 1,1 Prozent im Euroraum hinterlässt Fragezeichen. Er kommt einen Monat zu früh, denn der Basiseffekt eines gestiegenen Ölpreises greift erst im Januar so richtig.
Der Dienstleistungssektor bleibt seit vier Monaten konstant bei einer Inflationsrate von 1,1 Prozent, der Industriegüterbereich ebenfalls seit vier Monaten bei 0,3 Prozent. Ein Durchschlagen von Zweitrundeneffekten wie ein Anstieg der Lohninflation kann somit nicht belegt werden. Beide Sektoren tragen nicht zum aktuellen Inflationsanstieg bei.
Der Subindex der Energiepreise stieg laut Eurostat im Dezember um 2,5 Prozent. Damit wirkt er sich zwar inflationssteigend aus. Aber da dessen Warenkorbanteil lediglich 9,7 von 100 beträgt, kann er nur für 0,2 Prozent des Anstiegs verantwortlich sein. Die restlichen 0,3 Prozent haben eine andere Ursache. Die Preise für Obst, Gemüse, Fleisch und Käse, genauer für unverarbeitete Lebensmittel sind stark gestiegen. Der entsprechende Subindex legte um 2,1 Prozent zu. Dies dürfte die Erklärungslücke schließen.
Noch ein paar Worte zur Hedonik, weil dieses Thema häufiger aufgebracht wird. In den USA werden qualitative Adjustierungen (Hedonik) auf eine überschaubare Reihe von Warenkorb-Artikeln angewandt, unter anderem auf Kleidung und elektronische Geräte. Diese machen etwa drei Prozent des Warenkorbs des US-Consumer-Price-Index (CPI) aus. Die Hedonik ist kein entscheidender Faktor in Bezug auf eine mögliche Fehlkalkulation des CPI. Noch mehr gilt dies für Deutschland, wo die Hedonik nur auf ein Prozent des Warenkorbes angewendet wird.
Viel wichtiger ist ein anderer Aspekt. Das US-Statistik-Büro setzt für die CPI-Berechnung eine kalkulatorische Miete für selbstgenutztes Wohneigentum an. Den US-Eigentümern von selbstgenutzten Wohnungen/Häusern wird die folgende Frage gestellt: “Falls jemand ihr Wohneigentum heute mieten wollte: Was glauben Sie, welche Monatsmiete würden sie für ihr Eigentum erzielen (nicht möbliert und ohne Nebenkosten)?“ Die Befragung wird – aufgrund angeblicher Konstanz der Angaben – nur zweimal pro Jahr durchgeführt.
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Drei Kritikpunkte geben sich an dieser Vorgehensweise. Erstens dürfte jemand, der nach dem kalkulatorischen Mietwert seines Hauses gefragt wird, diesen tendenziell zu hoch ansetzen. Zweitens ist die Beantwortung dieser Frage stimmungsabhängig. Hat man das Gefühl, es geht mit der Wirtschaft wieder aufwärts, so dürfte man den Mietpreis höher ansetzen als in einer negativen Grundstimmung. Und drittens ist eine Befragung zweimal pro Jahr zu wenig. Die weitaus meisten Daten für den Warenkorb werden monatlich – teilweise auch zweimonatlich – erhoben.