checkAd

     1811  6 Kommentare Das Gesetz des größtmöglichen Irrsinns

    Die Wirtschaftstheorie macht es sich gemeinhin ziemlich einfach. Da treffen souveräne Konsumenten auf Unternehmen, welche deren Präferenzen in Produkte umsetzen und die Produktion ausdehnen, bis die Grenzkosten die Grenzerlöse erreichen. Der Staat setzt dazu die Rahmenbedingungen und fertig ist die Geschichte.

     

    Damit kann natürlich der komplett Irrsinn der SUVs nicht erklärt werden. Wie es nämlich in einer freien Gesellschaft intelligenter Menschen passieren kann, dass, obwohl jedem das Energiethema geläufig ist, trotzdem der Anteil der Menschen, die auch in der Stadt einen Lastwagen fahren, stetig größer wird.

     

    Und dass die Externalitäten dieser Gefährte nicht nur die Umwelt tangieren, sondern auch dazu führen, dass jeder andere Verkehrsteilnehmer sich zur eigenen Sicherheit eigentlich auch so einen Panzer kaufen müsste.

     

    So entsteht der größtmöglich denkbare Irrsinn – und niemand ist mehr in der Lage, ihn zu stoppen.

     

    Heute ist auf diese Weise eher der Rüstungswettlauf der Supermächte während des Kalten Krieges zum Wirtschaftsmodell geworden als das Zusammenleben von Vernünftigen wie zu Zeiten, als man noch wusste, wer Adam Smith war.

     

    Doch es lohnt sich ja prächtig. Der SUV-Bauer BMW hat im vergangenen Jahr 6,9 Milliarden Euro Gewinn gemacht. Die Geschwister Stefan Quandt und Susanne Klatten erhalten davon 1 Milliarde Euro als Dividende ausgeschüttet.

     

    Und CDU und SPD sei Dank, müssen sie davon nicht 45 Prozent Steuern abführen, wie jemand, der sich diese Summe erarbeitet hätte, sondern nur 25 Prozent. Macht schlappe 200 Millionen Euro Unterschied. Legal.

     

    Als jedoch unsere Umweltministerin Barbara Hendricks kürzlich gesagt hat, eigentlich dürfte es nur Bauern und Jägern erlaubt sein, SUVs zu fahren, glaubte sie – sicherlich zu Recht – ihren Ausführungen den folgenden Satz vorschieben zu müssen:

     

    Ich sage das jetzt nicht als Vorschlag, sonst werde ich wieder aufgespießt.“

     

    Da hat sie völlig Recht. Bei uns müssen alle aufgespießt werden, die sich der konsequenten Durchsetzung des größtmöglichen Irrsinns in den Weg stellen. Ansonsten geht es ja nicht weiter mit dem Fortschritt.


    Bernd Niquet
    0 Follower
    Autor folgen
    Mehr anzeigen
    DER NEUNTE BAND VON "JENSEITS DES GELDES" IST ERSCHIENEN: Bernd Niquet, Jenseits des Geldes, 9. Teil, Leipzig 2023, 648 Seiten, 23,50 Euro

    Leseprobe: "Jenseits des Geldes".

    Eigentlich war ich vollkommen sicher, dass jetzt die Zeit dieser ganzen Auseinandersetzungen hinter mir lag. Deswegen hatte ich auch extra meine Mietrechtschutzversicherung gekündigt. Dann habe ich aber doch einmal in die Betriebskostenabrechnung hineingeschaut und musste unwillkürlich rechnen. 29.220 Euro im Jahr 2018 für die Reinigung der Treppen und Flure, das sind 93 Euro pro Haus pro Woche. Ich würde das jeweils in zehn Minuten schaffen, doch selbst wenn die ungelernte Hilfskraft zwanzig Minuten braucht, sind das 279 Euro Stundenlohn, den die Leiharbeitsfirma dafür einfährt. Wer dabei nicht an Sizilien denkt, kann eigentlich nicht mehr voll bei Verstand sein.

    Bernd Niquet ist Jahrgang 1956 und wohnt immer noch am letzten grünen Zipfel der Failed Stadt Berlin. Die ersten acht Teile von „Jenseits des Geldes“ sind ebenfalls im Engelsdorfer Verlag erschienen, und zwar in den Jahren 2011, 2012, 2013 sowie 2018, 2019, 2020, 2021 und 2022.

    Mehr anzeigen
    Verfasst von Bernd Niquet
    Das Gesetz des größtmöglichen Irrsinns Ansonsten geht es ja nicht weiter mit dem Fortschritt