checkAd

     1612  1 Kommentar Die Börse und der Populismus

    Um zu versuchen, Aktienkurse vorherzusagen, gibt es prinzipiell zwei verschiedene Wege: Entweder man macht sich die Dinge sehr einfach und entscheidet anhand sehr rudimentärer Vorstellungen, oder man macht es sehr kompliziert und versucht, möglichst alle relevanten Faktoren in die Entscheidung einfließen zu lassen.

     

    Welche Methode ist nun die besser? Ich fürchte, sie sind beide gleich erfolglos.

     

    Interessant ist jedoch, dass es sich beim Geschäft mit der Politik durchaus ähnlich verhält. Womit wir beim Populismus angelangt wären.

     

    Seit dieser Begriff bei uns aufgekommen ist, habe ich versucht, zu verstehen, was er eigentlich bedeutet. Ich bin jedoch nicht fündig geworden. Jeder scheint darunter etwas anderes zu verstehen.

     

    Vor Kurzem bin ich dann auf im neuen Duden auf diese Definition gestoßen: „Von Opportunismus geprägte, volksnahe, oft demagogische Politik, die das Ziel hat, durch Dramatisierung der politischen Lage die Gunst der Massen (im Hinblick auf Wahlen) zu gewinnen“.

     

    Aha, dachte ich, jetzt weiß ich das endlich. Doch je länger ich mir diese Erklärung anschaue, umso verfehlter finde ich sie. Was soll das mit Opportunismus und Dramatisierung? Das ergibt doch kein passendes Unterscheidungskriterium zwischen Menschen beziehungsweise Parteien, die als populistisch bezeichnet werden, und solchen, für die das nicht gelten soll.

     

    An dieser Stelle kommt nun wieder die Börse ins Spiel und mit ihr die obige Überlegung. Ja, es ist wirklich wahr, in vielen Fällen hilft die Börse, auch das ganz normale Leben zu erklären.

     

    Denn hier ergibt sich eine ganz einfache Definition, die aus meiner Sicht viel besser trägt. Die Schlüsselbegriffe sind dabei für mich „Einfachheit“ und „Simplifizierung“.

     

    Ein Populist ist für mich jemand, der in unserer nahezu unendlich komplizierten politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Welt einfache Lösungen anzubieten hat.

     

    Denken Sie mal darüber nach! Diese Definition hat zudem den Vorteil, niemanden zu diskriminieren oder an die Wand zu stellen.

     

    Populistische Lösungen können sich somit also durchaus als besser erweisen als komplizierte. Aber auch als weit schlechter. Die Börse beweist das täglich.

     

     


    Bernd Niquet
    0 Follower
    Autor folgen
    Mehr anzeigen
    DER NEUNTE BAND VON "JENSEITS DES GELDES" IST ERSCHIENEN: Bernd Niquet, Jenseits des Geldes, 9. Teil, Leipzig 2023, 648 Seiten, 23,50 Euro

    Leseprobe: "Jenseits des Geldes".

    Eigentlich war ich vollkommen sicher, dass jetzt die Zeit dieser ganzen Auseinandersetzungen hinter mir lag. Deswegen hatte ich auch extra meine Mietrechtschutzversicherung gekündigt. Dann habe ich aber doch einmal in die Betriebskostenabrechnung hineingeschaut und musste unwillkürlich rechnen. 29.220 Euro im Jahr 2018 für die Reinigung der Treppen und Flure, das sind 93 Euro pro Haus pro Woche. Ich würde das jeweils in zehn Minuten schaffen, doch selbst wenn die ungelernte Hilfskraft zwanzig Minuten braucht, sind das 279 Euro Stundenlohn, den die Leiharbeitsfirma dafür einfährt. Wer dabei nicht an Sizilien denkt, kann eigentlich nicht mehr voll bei Verstand sein.

    Bernd Niquet ist Jahrgang 1956 und wohnt immer noch am letzten grünen Zipfel der Failed Stadt Berlin. Die ersten acht Teile von „Jenseits des Geldes“ sind ebenfalls im Engelsdorfer Verlag erschienen, und zwar in den Jahren 2011, 2012, 2013 sowie 2018, 2019, 2020, 2021 und 2022.

    Mehr anzeigen
    Verfasst von Bernd Niquet
    Die Börse und der Populismus Einfach funktioniert auch gut