Erinnerungen an die große Hausse
Joseph Stiglitz und die Roaring Nineties
Gerade komme ich zurück vom Vortrag des Nobelpreisträgers Joseph Stiglitz über die "Roaring Nineties" in Berlin. Oh traute Erinnerungen! Wie schön war doch die Zeit, als Betrug noch nicht Betrug hieß und jeder kleine Schwindel mit dem Träumen des amerikanischen Traumes gleichgesetzt worden ist.
Damals war Stiglitz in Clintons "Counsel of Economic Advisors" unter anderem mit dem Versuch beschäftigt, die Aktienoptionen in einen Accounting-Standard zu integrieren. Ich erinnere mich noch sehr gut an die weltweite Verwirrung, wie Aktienoptionen für das Management bilanziell zu behandeln sind. Ich habe damals mit Dutzenden von Leuten gesprochen – und niemand hatte auch nur den Bruchteil einer Ahnung davon. (Nachzulesen sind große Teile davon in meinem Buch "1000 Prozent Gewinn – Euphorie und Crash der Hightech-Aktien im Spiegel des Zeitgeistes", München 2000.)
Denn irgendwie haben die Aktienoptionen ja alle Naturgesetze außer Kraft gehoben, nach denen das, was der eine verdient, von jemand anderem bezahlt werden muss. (Mit der einzigen Ausnahme, nach der man einen Wechsel ausstellt und unendlich prolongiert.) Stiglitz kann wunderbar über diese Zeit parlieren. Über die Frechheit der Argumente und über behauptete Theorien, die entlarvend sind wie nichts anderes.
Das wichtigste Argument der CEOs der US-Aktiengesellschaften, Aktienoptionen nicht realistisch als Kostenfaktor zu bilanzieren, war, so Stiglitz, dass die Aktienkurse dann nicht steigen, sondern fallen würden. Man wird es mir nicht verübeln, wenn ich bei dieser Logik, die letztlich über lange Jahre die Welt regiert hat, immer wieder an meine dreieinhalbjährige Tochter denken muss. Nicht anders auch Kenny Lay von Enron. Dieser wehrte sich, so Stiglitz, sehr entschieden gegen weitere staatliche Vorschriften hinsichtlich der Bilanzierungsrichtlinien und pochte darauf, dass der Markt schon alles richten werde.
Damit hat er letztlich natürlich völlig Recht gehabt!!! Der Markt hat es gerichtet!!! Nur dass dadurch sehr viele Menschen ihr gesamtes Vermögen verloren haben.
Lässt man den Überschwang der "Roaring Nineties" noch einmal Revue passieren, dann muss man einerseits auch posthum noch einmal den Kopf schütteln, wie so etwas tatsächlich möglich gewesen ist. Andererseits jedoch bekommt man trotz fast 100 Prozent gestiegener Aktienkurse seit März 2003 in Deutschland das Gefühl, dass die gegenwärtige Aufwärtsbewegung – trotz aller Unwägbarkeiten – im Vergleich dazu auf sehr ehrlichen und festen Füßen steht.
berndniquet@t-online.de
Gerade komme ich zurück vom Vortrag des Nobelpreisträgers Joseph Stiglitz über die "Roaring Nineties" in Berlin. Oh traute Erinnerungen! Wie schön war doch die Zeit, als Betrug noch nicht Betrug hieß und jeder kleine Schwindel mit dem Träumen des amerikanischen Traumes gleichgesetzt worden ist.
Damals war Stiglitz in Clintons "Counsel of Economic Advisors" unter anderem mit dem Versuch beschäftigt, die Aktienoptionen in einen Accounting-Standard zu integrieren. Ich erinnere mich noch sehr gut an die weltweite Verwirrung, wie Aktienoptionen für das Management bilanziell zu behandeln sind. Ich habe damals mit Dutzenden von Leuten gesprochen – und niemand hatte auch nur den Bruchteil einer Ahnung davon. (Nachzulesen sind große Teile davon in meinem Buch "1000 Prozent Gewinn – Euphorie und Crash der Hightech-Aktien im Spiegel des Zeitgeistes", München 2000.)
Denn irgendwie haben die Aktienoptionen ja alle Naturgesetze außer Kraft gehoben, nach denen das, was der eine verdient, von jemand anderem bezahlt werden muss. (Mit der einzigen Ausnahme, nach der man einen Wechsel ausstellt und unendlich prolongiert.) Stiglitz kann wunderbar über diese Zeit parlieren. Über die Frechheit der Argumente und über behauptete Theorien, die entlarvend sind wie nichts anderes.
Das wichtigste Argument der CEOs der US-Aktiengesellschaften, Aktienoptionen nicht realistisch als Kostenfaktor zu bilanzieren, war, so Stiglitz, dass die Aktienkurse dann nicht steigen, sondern fallen würden. Man wird es mir nicht verübeln, wenn ich bei dieser Logik, die letztlich über lange Jahre die Welt regiert hat, immer wieder an meine dreieinhalbjährige Tochter denken muss. Nicht anders auch Kenny Lay von Enron. Dieser wehrte sich, so Stiglitz, sehr entschieden gegen weitere staatliche Vorschriften hinsichtlich der Bilanzierungsrichtlinien und pochte darauf, dass der Markt schon alles richten werde.
Damit hat er letztlich natürlich völlig Recht gehabt!!! Der Markt hat es gerichtet!!! Nur dass dadurch sehr viele Menschen ihr gesamtes Vermögen verloren haben.
Lässt man den Überschwang der "Roaring Nineties" noch einmal Revue passieren, dann muss man einerseits auch posthum noch einmal den Kopf schütteln, wie so etwas tatsächlich möglich gewesen ist. Andererseits jedoch bekommt man trotz fast 100 Prozent gestiegener Aktienkurse seit März 2003 in Deutschland das Gefühl, dass die gegenwärtige Aufwärtsbewegung – trotz aller Unwägbarkeiten – im Vergleich dazu auf sehr ehrlichen und festen Füßen steht.
berndniquet@t-online.de