Die Griechenland-Saga
Die Euro-Finanzminister haben gestern wieder einmal vorgeführt, wie man die Wahrheit beugt. Der internationale Währungsfonds ist offiziell mit im Spiel bei der Griechenland-Rettung, obwohl er keinen Cent überweist. Die Euro-Gruppe stellt für nächstes Jahr mindestens eine fünfzehnjährige Tilgungsstreckung in Aussicht. Das Wort “Schuldenerlass” bleibt verpönt, zumindest bis Deutschland gewählt hat.
Sieben lange Jahre sind bereits ins Land gegangen, seit der Deutsche Bundestag im Mai 2010 das erste Griechenland-Rettungspaket schnürte. Damals ging es um die vergleichswei-se bescheidene Summe von 22 Milliarden Euro, für die Deutschland geradezustehen hätte, falls Griechenland nach drei Jahren nicht wieder auf die Beine gekommen sein sollte. Meistgebraucht von Angela Merkel und Wolfgang Schäuble in der damaligen Bundestagsdebatte war das Wort „alternativlos“.
“Scheitert der Euro, scheitert Europa?”
Doch wohin sind wir mit dieser vermeintlichen Alternativlosigkeit gekommen? „Scheitert der Euro, scheitert Europa!“ Diesen Angela Merkel-Imperativ aus der damaligen Zeit nimmt heute niemand mehr in den Mund. Denn inzwischen ist der Ausstieg Großbritanniens aus der EU beantragt. Das größte ökonomische Sorgenkind Europas, Italien, sitzt tiefer in der Krise denn je. Und die Europäische Zentralbank (EZB) praktiziert mit ihren Staatsanleihekäufen längst routinemäßig verbotene Staatsfinanzierung. Griechenland ist nach wie vor nicht kapitalmarktfähig, obwohl ihm faktisch bereits ein Großteil seiner gigantischen Schulden erlassen wurde. Um diese Aussage mogeln sich alle Akteure herum. Doch ein Gläubiger-Schuldenschnitt, jahrelange Tilgungsaussetzungen und Niedrigzinsen haben den Barwert der griechischen Kredite für ihre Gläubiger bereits um etwa zwei Drittel reduziert.
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Gläubiger Griechenlands sind inzwischen vor allem die Steuerzahler der Euro-Zone, die am Ende für die Haftung ihrer Staaten direkt oder indirekt (über die Europäische Zentralbank) bürgen und bezahlen müssen. Welche Eiertänze für die Öffentlichkeit aufgeführt werden, um diese Wahrheit zu verschleiern, konnten wir am Abend des Fronleichnamstages beobachten, als die Finanzminister der Euro-Gruppe eine weitere Tranche von 8,5 Milliarden Euro für Griechenland freigaben. Mit einem faulen Kompromiss wurde der Internationale Währungsfonds (IWF) eingebunden, dessen Beteiligung an der Griechenlandrettung vom Deutschen Bundestag zur Bedingung für ein Ja gemacht wurde.