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     2100  2 Kommentare Zwei schräge Investments

    Ich wohne jetzt schon weit über zehn Jahre neben einer Wohnanlage der Vonovia, früher Deutsche Annington. Vor gut anderthalb Jahren ist die Vonovia in den Dax aufgenommen worden.

     

    Seit dieser Zeit beobachte ich erstaunliche Veränderungen auf dem Nachbargrundstück. Waren da früher vielleicht einmal im Jahr irgendwelche Gärtner zu sehen, so stehen jetzt beinahe wöchentlich Autos mit der Aufschrift „Vonovia“ dort auf dem Parkplatz und wird irgendwo auf dem Gelände gerupft, gekehrt, geschnitten oder gemäht.

     

    Das ist so deutlich, dass ich mir überlegt habe, ob man hier nicht eventuell ein Zusatzgeschäft kreiert hat? Anscheinend hat sich die Vonovia neben dem Wohnungsgeschäft auch zu einer großen Gartenbaugesellschaft entwickelt.

     

    Denn das wäre ja wirklich die Lizenz zum Gelddrucken: Weil man dafür gar keine Aufträge akquirieren muss, sondern einfach loslegen kann und die Mieter das hinterher über die Betriebskosten bezahlen lässt.

     

    Nun will ich keine falschen Behauptungen in die Welt setzen, vielleicht sind ja meine Beobachtungen rein selektiv und verzerrt. Daher kam mir plötzlich die Idee, doch einmal im Internet zu suchen. Und gleich bei der ersten Eingabe: Bingo!

     

    Da klagt der Mieterverein Dortmund und Umgebung e.V. an: „Vonovia – Keine Gewinne mit Betriebskosten!“ Und: „Keine Betriebskosten zur Profitmaximierung!“ Ich liege also wirklich richtig. Meine Güte!

     

    Ebenso schräg ist es, dass ich just am selben Tag meine Zinsgutschrift aus Argentinien erhalte, an dem Jean Ziegler in Hamburg vor dem G20-Gipfel gegen die Raubtierfonds wettert, die das Land Argentinien durch die gerichtliche Durchsetzung ihrer Anleiheforderungen in die Knie zwingen.

     

    Bin ich da jetzt mitschuldig? Ich denke: Ja und jein.

     

    Ja, weil ich damals einen Teil meiner Anleihen nicht umgetauscht habe und so von den Gerichtsurteilen profitiert habe und meine Anleihen, die ich zu 30 bis 40 gekauft hatte, zu 100 verkaufen konnte.

     

    Und jein, weil ich für den überwiegenden Teil die Umschuldung und den damit verbundenen Kapitalschnitt akzeptiert habe. Dadurch bekomme ich nun jedoch in Zeiten, in denen Bundesanleihen negative Renditen besitzen, die US-Treasuries beinahe keine Zinsen abwerfen, aus Argentinien fette Überweisungen in Höhe von 7,82 %.

     

    Irgendwie ist diese Welt wirklich ein mieses Höllenloch: Denn hier müssen diejenigen, die kein Geld haben, es denjenigen überweisen, die es gar nicht brauchen.

     

    Auf ewig wird das nicht gut gehen.

     

     

     

     


    Bernd Niquet
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    DER NEUNTE BAND VON "JENSEITS DES GELDES" IST ERSCHIENEN: Bernd Niquet, Jenseits des Geldes, 9. Teil, Leipzig 2023, 648 Seiten, 23,50 Euro

    Leseprobe: "Jenseits des Geldes".

    Eigentlich war ich vollkommen sicher, dass jetzt die Zeit dieser ganzen Auseinandersetzungen hinter mir lag. Deswegen hatte ich auch extra meine Mietrechtschutzversicherung gekündigt. Dann habe ich aber doch einmal in die Betriebskostenabrechnung hineingeschaut und musste unwillkürlich rechnen. 29.220 Euro im Jahr 2018 für die Reinigung der Treppen und Flure, das sind 93 Euro pro Haus pro Woche. Ich würde das jeweils in zehn Minuten schaffen, doch selbst wenn die ungelernte Hilfskraft zwanzig Minuten braucht, sind das 279 Euro Stundenlohn, den die Leiharbeitsfirma dafür einfährt. Wer dabei nicht an Sizilien denkt, kann eigentlich nicht mehr voll bei Verstand sein.

    Bernd Niquet ist Jahrgang 1956 und wohnt immer noch am letzten grünen Zipfel der Failed Stadt Berlin. Die ersten acht Teile von „Jenseits des Geldes“ sind ebenfalls im Engelsdorfer Verlag erschienen, und zwar in den Jahren 2011, 2012, 2013 sowie 2018, 2019, 2020, 2021 und 2022.

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    Verfasst von Bernd Niquet
    Zwei schräge Investments Gartenpflegeunternehmen im Dax und 7,82 % Zinsen