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    Marktkommentar  654  0 Kommentare Matthias Hoppe (Franklin Templeton): Warum Erwartungen an die EZB voreilig sein könnten

    Matthias Hoppe warnt davor, zu viel in die jüngsten Worte Draghis hineinzuinterpretieren und legt Anlegern nahe, einen nuancierteren Ansatz zu verfolgen.​​

    Die jüngsten optimistischen Äußerungen Mario Draghis, des Präsidenten der Europäischen Zentralbank, lösten an den weltweiten Finanzmärkten, die scheinbar erste Signale für eine Kursänderung der Notenbanker wahrzunehmen schienen, eine unmittelbare Reaktion aus. Matthias Hoppe, Senior Vice President und Portfolio Manager, Franklin Templeton Multi-Asset Solutions, warnt jedoch davor, zu viel in die Worte Draghis hineinzuinterpretieren und legt den Anlegern nahe, einen nuancierteren Ansatz zu verfolgen.​​

    Die Finanzmärkte in Europa und anderen Teilen der Welt scheinen die optimistischen Äußerungen Mario Draghis, des Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB), im letzten Monat als Beleg dafür angesehen zu haben, dass das Ende der lockeren Geldpolitik in der Region in Sicht ist.

    Wir sehen dies kritischer und gehen davon aus, dass die Reaktion auf Draghis Äußerungen voreilig sein könnte.

    Auch wenn die EZB das Volumen ihrer Anleihenkäufe bei der Überprüfung dieser Maßnahmen Ende 2017 verringern könnte, rechnen wir insbesondere nicht mit einer bevorstehenden Änderung der Zinssätze, und auch nicht mit einer formalen „Drosselung“, die die Festlegung auf einen Endpunkt für das Anleihenkaufprogramm in Höhe von monatlich 60 Milliarden Euro impliziert.

    Draghis Äußerungen vom 27. Juni in seiner Eröffnungsrede auf dem EZB-Forum zum Zentralbankwesen in Sintra, Portugal, schienen ein zu optimistisches Bild der Wirtschaft der Eurozone zu zeichnen.

    Die Märkte nahmen seine positive Beurteilung wörtlich und spekulierten auf einen möglichen Schritt hin zur Drosselung durch die EZB oder auf die Festlegung eines Zeitplans für den Ausstieg aus ihrem Wertpapierkaufprogramm bis Anfang 2018.

    In den vier Tagen unmittelbar nach der Rede verteuerte sich der Euro gegenüber dem US-Dollar um mehr als 2 %. Angeführt von französischen Staatsanleihen kam es bei den Renditen auf Anleihen aus der Eurozone zu einer deutlichen Korrektur und dem stärksten Anstieg seit fast sieben Monaten. In Deutschland legte die Rendite auf zweijährige Bundesanleihen zu, und die Rendite auf zehnjährige Anleihen sogar noch mehr. Dies führte zu einer Versteilerung der Renditekurve.

    Nach unserer Auffassung könnte die Reaktion des Marktes auf die Äußerungen Draghis die Zuversicht des EZB-Präsidenten überspitzt haben.

    Zwar waren die jüngsten Konjunkturdaten weitgehend positiv, und die politischen Risiken wurden nach den Wahlen in Frankreich und Deutschland zerstreut, doch wir halten die jüngsten Inflationszahlen sowohl in der Eurozone als auch den USA für enttäuschend.

    Überdies dämpfte der Markt die Inflationserwartungen weiter, unter anderem durch die Verringerung der mittelfristigen Breakeven-Sätze in den vergangenen Wochen.

    Daher dürften jegliche Maßnahmen der EZB schrittweise und behutsam erfolgen. Und in der Tat wird bei Betrachtung von Draghis Rede deutlich, dass er hinsichtlich der Inflation weit weniger optimistisch klang, als mancher Beobachter vermutete.

    Draghi stellte fest, dass der Mechanismus der Übertragung von höherer Nachfrage auf steigende Inflation im Vergleich zu vergangenen Zyklen eingeschränkt ist. Drei Gründe wurden von Draghi hierfür genannt: externe Preisschocks, die Größe der Produktionslücke und ihre Auswirkung auf die Inflation und das Ausmaß, in dem die aktuelle Inflation in die Preis- und Lohnbildung einfließt.

    Während die Deflationsgefahr zurückgegangen sein dürfte, hätten sich laut Draghi die Öl- und Rohstoffpreise noch nicht vollständig vom Einbruch in den Jahren 2014 und 2015 erholt und wirkten sich nach wie vor negativ auf die Inflation aus. Weiterhin fehle ein deutlicher Aufwärtstrend bei den Preisen.

    Der zweite Aspekt, der auf der Inflation laste, sei die unklare Beziehung zwischen der Größe der Produktionslücke (Abweichung zwischen der tatsächlichen Produktion einer Volkswirtschaft und ihrem Produktionspotenzial) und ihrer Auswirkung auf die Inflation. Eine höhere Beschäftigungsquote einerseits und die Abfederung der Produktionskosten durch die Unternehmen mithilfe niedrigerer Margen andererseits könnten dies teilweise erklären.

    Überdies fließe, so Draghi, eine fortgesetzte Phase niedriger Inflation auf hartnäckigere Weise in den Prozess der Preis- und Lohnbildung ein. Er nennt Italien als Beispiel für die von ihm so genannte „rückwärtsgewandte Lohnindexierung“, die sich mittlerweile auf rund ein Drittel der Beschäftigten des dortigen Privatsektors erstreckt.

    Vor diesem Hintergrund betonte Draghi in seiner Rede, dass die EZB „beharrlich sein muss“ und gewährleisten muss, dass die allgemeinen Finanzierungsbedingungen den Reflationsprozess weiterhin fördern, bis die Bedingungen „nachhaltiger und selbsttragend“ sind. Diese Botschaft stand im Einklang mit der Pressekonferenz, die von Draghi nach der Juni-Sitzung des EZB-Rates abgehalten wurde.

    Daher halten wir die Reaktion des Marktes für überzogen. Auch wenn wir durchaus mit einer Aufwertung des Euro rechnen, wenn das Zinsgefälle zwischen US-Schatzanleihen und deutschen Bundesanleihen geringer wird, erscheint uns der jüngste Schritt zu schnell gewesen zu sein.


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