AKTIEN IM FOKUS
Kartellvorwürfe setzen Autowerte weiter unter Druck
FRANKFURT (dpa-AFX) - FRANKFURT (dpa-AFX) - Der vor dem Wochenende publik gewordene Kartellverdacht gegen VW , Daimler und BMW hat die Aktien der deutschen Autobauer auch am Montag kräftig belastet. Auslöser war ein Artikel im "Spiegel" über den Verdacht jahrelanger illegaler Absprachen zu Lasten von Verbrauchern und Zulieferern.
Die Aktien von Daimler kosteten zeitweise erstmals seit fast einem Jahr weniger als 60 Euro. Gegen Montagmittag notierten sie dann mit 4,01 Prozent im Minus bei 60,07 Euro. Die Anteilsscheine von VW fielen um 2,94 Prozent und die von BMW um 2,85 Prozent. Alle drei waren damit die größten Verlierer im Dax . Zwischen 2,1 und 3,6 Prozent hatten sie bereits am Freitag nachgegeben und wie auch jetzt zum Wochenstart den gesamten Autosektor heruntergezogen. Der Stoxx Europe 600 Automobiles & Parts fiel als Schlusslicht der 19 Branchen um rund 2 Prozent.
Seit Jahresbeginn ist Daimler nun mit einem Kursverlust von rund 15 Prozent der größte Branchenverlierer, BMW büßten im selben Zeitraum 11 Prozent ein, während VW bislang noch ein kleines Plus von unter 1 Prozent retten konnte. Sorgen wegen der Dieselkrise sowie die Angst, dass die deutschen Autobauer beim Thema Elektromobilität ins Hintertreffen geraten könnten, lasten schon eine Weile auf den Kursen.
FEHLENDE KLARHEIT DÜRFTE WEITER BELASTEN
Analyst Stuart Pearson von der französischen Bank Exane BNP Paribas hält eine Rekord-Kartellstrafe durch die EU vorerst für unwahrscheinlich. So sei noch unklar, was genau die Hersteller eventuell falsch gemacht hätten und welcher Umsatzanteil gegebenenfalls betroffen sei.
Dem Experten Tim Schuldt von der Equinet Bank zufolge dürfte die fehlende Klarheit weiter auf die Stimmung der Anleger drücken. Zulieferer dürften von dem negativen Branchensentiment zumindest nicht direkt betroffen sein, während er die Risiken für Daimler am höchsten einschätzt, gefolgt von BMW und dann VW. Daimler sei wegen der laufenden Diesel-Emissionsnachforschungen in den USA und Europa bereits unter spezieller Beobachtung, während VW bereits alle Dieselgate-Fälle in den USA beigelegt habe.
Die möglichen finanziellen Folgen, etwa Strafzahlungen oder Schadensersatzforderungen, ließen sich denn auch aktuell nicht abschätzen, erklärte Analyst Michael Punzet von der DZ Bank. Das gelte auch für eine mögliche Kronzeugenregelung der im "Spiegel" genannten Unternehmen VW und Daimler.
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HÖHE DER KARTELL-STRAFEN KÖNNTE EXISTENZBEDROHEND SEIN
Experte Pearson von Exane BNP wagt dennoch eine Prognose, auch wenn er darauf verweist, dass die EU-Richtlinien viele Ausgänge zuließen. Im Maximum drohten 10 Prozent des Jahresumsatzes. Abzüglich eines 10-prozentigen "Einigungsabschlages" entspräche dies etwa 8 Milliarden Euro für BMW, 14 Milliarden für Daimler und 19 Milliarden für VW. Das wäre aber der schlimmstmögliche Ausgang, der nicht als Basisszenario betrachtet werden sollte.
Equinet-Analyst Schuldt, der die potenziellen Höchststrafen für womöglich existenzbedrohend für die betroffenen Unternehmen hält, verweist aber auch darauf, dass derartige Strafen in der Regel nur einen kleinen Teil des Maximums ausmachten. Ein Grundgedanke der EU sei es, bei kartellrechtlichen Vergehen eine Strafe bis zum sechsfachen Gewinn zu verhängen, den die betroffenen Unternehmen während der Zeit ihrer Absprachen gemacht hätten. "Und das Kartell hat wohl seit mehr als 20 Jahren bestanden", hebt er hervor. Zwar sei es möglich, dass VW als Whistleblower (Informant) von den Strafzahlungen ausgenommen werden könnte, "aber wetten würde ich darauf nicht"./ck/mis/fbr