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Zypries warnt vor Handelskrieg - Deutsche Wirtschaft bleibt besorgt
BERLIN (dpa-AFX) - Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries hat angesichts der US-Pläne für schärfere Sanktionen gegen Russland vor einem Handelskrieg gewarnt. "Das wäre ganz schlecht", sagte die SPD-Politikerin am Donnerstag in Berlin in der ARD. Sie lehnte einseitige neue US-Sanktionen gegen Russland ab und mahnte ein gemeinsames Vorgehen an. "Das wäre auf alle Fälle richtiger, als wenn jetzt die Amerikaner einen isolierten Weg gehen."
Kritiker werfen dem US-Kongress vor, mit dem Vorgehen gegen russische Energieunternehmen wirtschaftliche Interessen zu verfolgen. Die deutsche Wirtschaft ist alarmiert, da die US-Pläne auch Unternehmen träfen, die etwa am Ausbau russischer Exportpipelines beteiligt sind.
Das US-Repräsentantenhaus hatte mit großer Mehrheit einen Gesetzentwurf zu neuen Sanktionen gegen Russland wegen der Ukraine-Krise verabschiedet. Die USA stimmten sich dazu nicht mit den Europäern ab. Gefragt, ob dies die deutsch-amerikanischen Beziehungen weiter verschlechtere, antwortete Zypries: "Das ist ein weiterer Punkt in dem ohnehin gerade nicht einfachen Verhältnis, der uns Kummer macht."
Bevor das Gesetz in Kraft tritt, muss noch der US-Senat zustimmen. Auch US-Präsident Donald Trump muss es noch unterschreiben. Die EU rüstet sich bereits für mögliche Gegenmaßnahmen.
Das Auswärtige Amt hatte zuvor mit Blick auf den Gesetzentwurf von leichten Verbesserungen gegenüber früheren Plänen gesprochen. An vielen Stellen sei nun vermerkt, dass sich der US-Präsident vor Sanktionen mit den europäischen Partnern konsultieren müsse - auch in der wichtigen Frage russischer Energielieferungen nach Europa.
Die US-Pläne träfen auch internationale Unternehmen, die an Ausbau, Modernisierung oder Erhalt russischer Exportpipelines beteiligt seien, warnte erneut der Ost-Ausschuss der deutschen Wirtschaft. "Dies wäre ein fundamentaler Eingriff in unsere europäische Energieversorgung und würde zu steigenden Energiepreisen und einer sinkenden Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft führen", sagte Geschäftsführer Michael Harms. Es gebe rund 90 russische Exportpipelines.
Ausdrücklich verhindern wollen die USA dem Ost-Ausschuss zufolge das Ostsee-Pipelineprojekt Nordstream 2 zur Erdgasversorgung Europas, an dem auch Firmen aus Deutschland, den Niederlanden, Frankreich und Großbritannien mitwirkten. Es könnten weitere Projekte ins Visier geraten, warnte Harms. Die Auswahl werde dem US-Präsidenten überlassen. Dieser solle zuvor zwar Verbündete der USA konsultieren. Aber das Gesetz schwebe nun "wie ein Damoklesschwert über europäischen Firmen, die sich im Energiesektor engagieren".
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Der Grünen-Politiker Oliver Krischer dagegen nannte die möglichen US-Sanktionen im Energiebereich gegenüber Russland richtig. "Niemand braucht eine zusätzliche Gaspipeline NorthSstream2 durch die Ostsee außer Herr Putin und seine Freunde im Westen." Wenn russisches Erdgas nur noch durch die Ostsee fließe und nicht mehr durch die Ukraine, drohe der Konflikt dort zu eskalieren. Russland brauche dann keine Rücksicht mehr auf einen sicheren Gastransit nehmen und könne besser die Regierung in Kiew destabilisieren. Tatsache sei, dass US-Fracking-Gas nur in geringem Umfang exportiert werde. Wenn überhaupt, landet es in Asien und nicht in Europa.
Linken-Chef Bernd Riexinger nannte eine neuerliche Verschärfung der US-Sanktionen gegen Russland "außenpolitisch dumm und wirtschaftspolitisch gefährlich". Sie stärkten die Macht des russischen Präsidenten Wladimir Putin und gefährdeten Arbeitsplätze und Energieversorgung in Deutschland und Europa. "Die Bundesregierung muss diesem Eskalationskurs der USA entschieden entgegen treten und dafür das Vasallentum gegenüber den USA aufgeben." Es sei an der Zeit, als Antwort auf den US-Kurs mit dem Abbau der europäischen Sanktionen gegenüber Russland zu beginnen./sl/sk/DP/she