10 Jahre nach Beginn der Finanzkrise

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    Vor dem nächsten Großbrand

    10 Jahre nach Beginn der Finanzkrise - Vor dem nächsten Großbrand

    Zehn Jahre nach Beginn der Finanzkrise klopfen sich Notenbanker und Politiker auf die Schultern: Das Schlimmste läge hinter uns und die Erholung sei geschafft. Ein Irrtum. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Krise wieder mit voller Wucht ausbricht.

    Schulden wachsen weiter

    Die Verschuldungskapazität hängt vom beleihungsfähigen Eigenkapital oder Einkommen und von den Zinsen ab. Je höher das Eigenkapital und das Einkommen und je tiefer die Zinsen, desto mehr Schulden lassen sich schultern. 2008 stiegen die Kosten für Kredite drastisch, nicht zuletzt, weil das Vertrauen der Kreditgeber in die Zahlungsfähigkeit der Schuldner deutlich zurückging. Zugleich verfiel der Wert des Eigenkapitals und die Einkommensaussichten verschlechterten sich wegen der sich abzeichnenden Rezession. Was bei moderater Verschuldung im Einzelfall ärgerlich ist, erweist sich bei zu hoher Verschuldung als Brandbeschleuniger für eine große Depression. Keiner hat das besser beschrieben als Irvin Fisher in seiner "Debt-Deflation-Theory of Great Depressions". In der Tat waren wir 2008 auf dem besten Weg eine Weltwirtschaftskrise wie in den 1930er-Jahren zu erleben. Der Absturz war anfangs sogar weit dramatischer als achtzig Jahre zuvor.

    Richtigerweise haben die Verantwortlichen alles darangesetzt, dies zu verhindern. Mit staatlichen Konjunkturprogrammen und Null- und Negativzins haben sie die Verschuldungskapazität wiederhergestellt. Vermutlich hätte es dennoch nicht gereicht, wäre China nicht mit einem gigantischen schuldenfinanzierten Konjunkturprogramm eingesprungen. Damit wurde nicht nur die Schuldentragfähigkeit im Westen erhöht, sondern zugleich noch neue Verschuldungskapazität in der Welt mobilisiert.

    Mit erheblichem Erfolg! Weltweit ist die Verschuldung auf über 325 Prozent des BIP gestiegen, 50 Prozentpunkte mehr als noch 2007. Angetrieben vom billigen Geld aus den USA und Europa wurde überall auf Pump gelebt. China bleibt dabei mit einer Vervierfachung der Verschuldung seit dem Jahr 2000 und einem Anstieg von rund 120 Prozent des BIP auf über 280 Prozent einsamer Spitzenreiter - wie hier schon mehrfach diskutiert.

    Politiker und Notenbanker haben es also geschafft, die weltweite Verschuldungskapazität durch Erhöhen der Anzahl der Schuldner und das Senken der Finanzierungskosten nochmals deutlich auszuweiten und haben diese Situation ausgiebig für ihre Finanzpolitik bzw. ihren Gewinn genutzt. Damit wurde die Politik, die uns in die Krise von 2008 geführt hat, noch konsequenter fortgesetzt. Das Problem ist nur, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis wir vor dem nächsten "Minsky Moment" stehen, dann allerdings mit noch mehr Schulden und schon rekordtiefen Zinsen.


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    Daniel Stelter
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    Dr. Daniel Stelter ist Makroökonom und Gründer des Diskussionsforums „Beyond the Obvious“. Von 1990 bis 2013 war Stelter Unternehmensberater bei der Boston Consulting Group (BCG), wo er von 2003 bis 2011 weltweit das Geschäft der BCG Praxisgruppe Corporate Development (Strategie und Corporate Finance) verantwortete.

    Er ist Autor mehrerer Bücher. Sein aktuelles Buch „Das Märchen vom reichen Land - Wie die Politik uns ruiniert“ war auf der SPIEGEL Bestsellerliste. Twitter: @thinkBTO
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    Verfasst von Daniel Stelter
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