ETF Securities Research – Devisen
Der Markt schätzt das Zinserhöhungsrisiko in Großbritannien zu gering ein
Ein Jahr nach der letzten Zinssenkung entschied sich die Bank of England (BoE) mit einer Mehrheit von 6-2 (vergleichbar mit letztem Monat) dazu, die Zinsen unverändert beizubehalten. Zwar bleibt die Geldpolitik fürs Erste unverändert. Das GBP dürfte aber angesichts des 2017/2018 erwarteten strafferen politischen Kurses weiter unterstützt bleiben. Gouverneur Carney deutete darauf hin, dass die Geldpolitik unter Umständen rascher gestrafft werden müsse, als dies derzeit vom Markt eingepreist wird.
Die Währungsschwankungen haben in den letzten Wochen kontinuierlich zugenommen, größtenteils zulasten des Pfunds. Eine vergleichsweise restriktivere geldpolitische Haltung der britischen Zentralbank wird die Währung stützen, während das Ergebnis der Brexit-Verhandlungen nach wie vor unklar ist. Da sich die Inflation unseres Erachtens hartnäckig auf erhöhten Niveaus halten dürfte, kommt den realen Zinsdifferenzen zunehmend Bedeutung als Indikator für die Devisenmärkte zu. Die steigenden realen Zinsdifferenzen in den USA dürften sich auch weiterhin günstig auf das GBP auswirken.
Bank of England vorsichtig
Zwar zeigte sich Gouverneur Carney auf der Pressekonferenz der BoE vergangene Woche ausgesprochen vorsichtig in seinen Stellungnahmen, die Geldpolitik dürfte aber gestrafft werden: Entwickelt sich das britische Wirtschaftswachstum weiterhin in der von der BoE prognostizierten Weise, preist der Markt das Maß an erforderlicher geldpolitischer Straffung zu gering ein. Der Markt beziffert die Wahrscheinlichkeit einer Zinserhöhung bis Ende März 2018 lediglich mit 50 Prozent.
Die Wirtschaftsdaten in Großbritannien fallen infolge des EU-Referendums eher gemischt aus, wobei die Arbeitslosenquote Vorkrisenniveaus verzeichnet und im verarbeitenden Gewerbe sowie im Dienstleistungssektor ein robustes Wachstum erkennbar ist. Dagegen stellen das negative Wachstum der Reallöhne und das rückläufige Verbrauchervertrauen einen anhaltenden Belastungsfaktor für die Haushalte dar.
Der Grund für die zusätzlichen Stimulusmaßnahmen der BoE (eine Zinssenkung und zusätzliche Wertpapierkäufe) vor einem Jahr war zukunftsorientiert. Gouverneur Carney prognostizierte zu der Zeit einen Anstieg der Arbeitslosigkeit infolge des schwächeren mittelfristigen Ausblicks für die Wirtschaftsaktivität. Seither scheint die britische Zentralbank aber weniger proaktiv vorzugehen, was darauf hindeutet, dass die britische Wirtschaft den Belastungsfaktoren für die Haushalte trotzt und der Konsum sowie die Unternehmensinvestitionen in den kommenden Monaten weiter zunehmen dürften.