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    Marktkommentar  1045  0 Kommentare Azad Zangana/Craig Botham (Schroders): Restriktive Zentralbanken, niedrige Inflation und Bilanzverkürzung

    Azad Zangana und Craig Botham nehmen Zentralbanken, Großbritannien und den Welthandel in den Fokus ihres Marktausblicks für August 2017.

    Azad Zangana, Craig Botham und Keith Wade nehmen Zentralbanken, Großbritannien und den Welthandel in den Fokus ihres Marktausblicks für August 2017.

    Zusammenfassung:

    • Die Zentralbanken haben einen restriktiveren Ton angeschlagen und stellen angesichts der Erholung der Weltwirtschaft das Ausmaß der geldpolitischen Impulse infrage. Gleichwohl stellt die niedrige Inflation eine Herausforderung dar.
    • Unserer Einschätzung nach wird die US-Notenbank Fed ihre Bilanz behutsam verkürzen und die Zinsen aufgrund der niedrigen Inflation in diesem Jahr wohl nicht mehr erhöhen.
    • Der Arbeitsmarkt war in den zurückliegenden Jahren der Schlüssel zum Erfolg der britischen Wirtschaft. Doch trotz einer rekordhohen Beschäftigung bleibt das Lohnwachstum verhalten. Wir erwarten, dass die Bank of England die Zinsen unverändert lässt.
    • Bei der Beurteilung der Aussichten für den Welthandel kommen wir zu dem Schluss, dass eine von China ausgehende Abschwächung nur teilweise von Europa ausgeglichen werden wird. Auftriebskräfte werden rar.

    Restriktive Zentralbanken, niedrige Inflation und Bilanzverkürzung

    Angesichts der Entspannung der Weltkonjunktur haben die Zentralbanken eine Normalisierung der Zinsen signalisiert und damit die Anleiherenditen nach oben getrieben. Die Inflation war aber sowohl in den Schwellen- als auch den Industrieländern niedriger als erwartet. Das lag teilweise am Rückgang der Ölpreise, aber auch an der rückläufigen Kerninflation (Verbraucherpreisinflation ohne Lebensmittel und Energie). Vor allem in den USA möchten wir auf die Auswirkungen vom technologischen Fortschritt im Einzelhandelssektor aufmerksam machen. Dort sorgen Innovationen (zum Beispiel der Aufstieg von Amazon) für neuen Wettbewerb, erschüttern die Stellung etablierter Unternehmen und zwingen sie zu Preissenkungen.

    Diese Effekte werden voraussichtlich anhalten, und die Inflation dürfte gegenüber dem Vorjahr in der zweiten Hälfte dieses Jahres und bis ins nächste Jahr hinein sinken. Dennoch erwarten wir weiterhin, dass sich die Inflation auf Quartalsbasis stabilisiert und allmählich anzieht. Kurzfristig könnte die niedrige Gesamtinflation die restriktiveren Zentralbanken, die eine Normalisierung der Geldpolitik und wieder höhere Zinsen erwägen, zu einer Denkpause bewegen.

    Bilanzverkürzung der US-Notenbank Fed: Ist sie von Bedeutung?

    Für die US-Notenbank Fed wird die Zinsfrage durch ihre Entscheidung verkompliziert, mit der Verschlankung ihrer Bilanz zu beginnen und dadurch dem Markt eine wichtige Liquiditätsquelle zu entziehen. Es wird befürchtet, dass dies zu wesentlich höheren Anleiherenditen und dadurch unbeabsichtigt zu einer Verschärfung der Finanzierungsbedingungen führen könnte.

    Zurzeit sehen die Finanzmärkte der Bilanzreduzierung der US-Notenbank Fed recht zuversichtlich entgegen. Wir wollen keine Angst schüren, müssen aber darauf hinweisen, dass wir uns auf unbekanntem Terrain befinden. In der Vergangenheit waren Phasen, in denen die US-Notenbank Fed Änderungen ihres quantitativen Lockerungsprogramms ankündigte, mit Marktvolatilität verbunden, wie etwa beim „Taper Tantrum“ im Jahr 2013. Die US-Notenbank Fed hat sich nicht dazu geäußert, welche Bilanzsumme sie letztlich anstrebt. Sie dürfte wohl irgendwo unter dem heutigen Niveau und über dem Niveau vor der Finanzkrise liegen. Vorausschauende Märkte könnten angesichts der bevorstehenden Beschleunigung des Abbauprozesses unruhig werden und reagieren, deutlich bevor die US-Notenbank Fed das zweite Jahr der Bilanzverkürzung einläutet. Folglich dürfte das Risiko sprunghaft höherer Anleiherenditen nicht so niedrig sein, wie viele glauben.

    Großbritannien: Beschäftigung, Löhne und Zinsen

    Die Löhne bleiben ein Rätsel

    Die Erholung der britischen Wirtschaft seit der globalen Finanzkrise beruht maßgeblich auf dem starken Arbeitsmarkt. Doch trotz einer Erwerbstätigenquote auf Rekordniveau sind die Löhne wenig gestiegen. Ein Grund hierfür ist die niedrige Produktivität. Ein weiterer Grund könnte das Wachstum der sogenannten „Gig Economy“ und die Zunahme der Null-Stunden-Verträge sein, meint Andy Haldane, Chefvolkswirt der Bank of England.

    Die sich ändernde Zusammensetzung der Gruppe marginaler Arbeitskräfte

    Die Gig Economy lässt sich am besten dadurch beschreiben, dass die Vergütung auf den ausgeführten Aufgaben undnicht auf den geleisteten Arbeitsstunden basiert. Null-Stunden-Verträge sind dagegen Vereinbarungen, bei denen keine Beschäftigungszeit pro Zeitraum garantiert wird. Es gibt keine Daten darüber, wie die Vergütungen von Arbeitskräften mit Null-Stunden-Verträgen verteilt sind. Da es sich bei diesen Arbeitskräften aber überwiegend um junge Menschen handelt, die sich in Ausbildung befinden und Teilzeit arbeiten, kann man davon ausgehen, dass sie in die unteren Vergütungskategorien fallen.

    Mehr Dynamik dürfte das Lohnwachstum verstärken

    Ein weiterer Faktor, der sich auf das Lohnwachstum auswirken kann, ist die Dynamik innerhalb des Arbeitsmarkts. Erfreulicherweise verlieren immer weniger Beschäftigte ihren Arbeitsplatz (was ihr Gefühl der Arbeitsplatzsicherheit stärken und sie ermutigen dürfte, eine Gehaltserhöhung zu verlangen). Auch die Kündigungsquote (die Quote der kontinuierlich Beschäftigten, die auf eine neue Stelle wechseln) geht zurück. Studien zufolge ist ein Arbeitsplatzwechsel in der Regel mit einer Gehaltserhöhung verbunden. Zusammen bedeuten diese zwei Faktoren, dass unter sonst gleichen Bedingungen die Löhne in naher Zukunft stärker steigen dürften. Doch obwohl der Arbeitsmarkt dynamischer geworden ist, bleibt er hinter der Wirtschaftstätigkeit zurück. Es ist daher nicht garantiert, dass sich die jüngste Verbesserung fortsetzt. Außerdem wird das Wirtschaftswachstum unserer Prognose zufolge zumindest im nächsten Jahr unter dem Trend liegen. Das bedeutet ein geringeres Beschäftigungswachstum und möglicherweise eine höhere Arbeitslosenquote, was beides das Lohnwachstum bremst.

    Kann die Bank of England wirklich im August die Zinsen erhöhen?

    Während die tatsächliche Inflation die Prognose der Bank of England leicht übertraf, blieb das Bruttoinlandsprodukt deutlich hinter den Erwartungen zurück. Die Arbeitslosigkeit ist zurzeit sehr niedrig, aber dennoch gibt es keinen Lohndruck. Außerdem scheint die Arbeitslosigkeit demnächst wieder zu steigen. Insgesamt glauben wir angesichts der schwachen Verfassung des Haushaltssektors und der Bedenken wegen der Brexit-Verhandlungen nicht, dass die Bank of England zum jetzigen Zeitpunkt wirklich eine Zinserhöhung rechtfertigen kann. Wir gehen weiterhin davon aus, dass die Geldpolitik bis weit ins Jahr 2019 hinein nicht geändert werden wird. Die Bank of England hat ihre Chance verpasst, zwischen 2015 und 2016 die Zinsen zu erhöhen. Sie sollte erkennen, dass die Wirtschaft jetzt zu anfällig ist, um einen weiteren Dämpfer zu verkraften.

    Der Ausblick für den Welthandel

    Der Welthandel hat sich in diesem Jahr bisher gut entwickelt. Diese Nachricht ist besonders für die Schwellenländer erfreulich, denn ihre Volkswirtschaften und Aktienmärkte sind in der Regel exportabhängiger als die der Industrieländer. Allerdings scheint der Welthandel in letzter Zeit an Dynamik verloren zu haben.

    Motoren des Handelsaufschwungs

    In China, das für die Erholung des Handels von großer Bedeutung war, schwächt sich die Nachfrage jetzt offenbar tendenziell ab. Auch in Japan, das eine unerwartet starke Quelle der Exportnachfrage war, scheint die Dynamik nachzulassen. Wenn das Wachstum des Welthandels insgesamt intakt bleiben soll, müssen andere Nachfragequellen stärker werden. Auf Basis unserer aktuellen Wachstumsprognosen, denen zufolge die USA, China und Japan im dritten und vierten Quartal langsamer wachsen dürften als im zweiten, ist Europa die wahrscheinlichste Quelle einer höheren Nachfrage.

    Allerdings kam die europäische Nachfrage wohl bisher eher der Region CEEMEA1 und den asiatischen Schwellenländern ohne China zugute als den anderen Regionen. Die Nachfrage in China schien sich dagegen auf breiter Front positiv auszuwirken. Historische Daten legen nahe, dass dieser Unterschied voraussichtlich bis zu einem gewissen Grad bestehen bleibt. Außerdem nehmen die geopolitischen Spannungen wieder zu. Damit steigt auch das Risiko von protektionistischen Maßnahmen und Vergeltungszöllen, die den Welthandel bremsen könnten.

    Abwärtsrisiken überwiegen

    Insgesamt gibt es für die weitere Entwicklung des Welthandels mehr Risiken als Chancen. In Japan, den USA und China dürfte die Wachstumsdynamik nachlassen, was Europa wohl kaum vollständig kompensieren kann. Darüber hinaus dürften andere unterstützende Faktoren wie Basiseffekte bei Rohstoffpreisen und der technische Fortschritt in den Hintergrund treten. Wir sehen keine Anzeichen für einen dramatischen Zusammenbruch, glauben aber, dass die Aufwärtsdynamik ihren Höhepunkt überschritten hat.


    1 Mittel- und Osteuropa, Naher Osten und Afrika

    Die hierin geäußerten Ansichten und Meinungen stammen vom Schroder Investment Managements Economics Team und stellen nicht notwendigerweise die in anderen Mitteilungen, Strategien oder Fonds von Schroders oder anderen Marktteilnehmern ausgedrückten oder aufgeführten Ansichten dar.



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