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     2297  1 Kommentar Das Ende der quantitativen Lockerung in der Eurozone?

    Während sich die Sommerflaute auf den Märkten ihrem Ende nähert, richten Anleger ihre Aufmerksamkeit erneut auf die wichtigsten geldpolitischen Sitzungen rund um den Globus.

    Den Anfang macht die Europäische Zentralbank mit ihrer Sitzung am 7. September. Einige Kommentatoren sind der Ansicht, dass sie hier möglicherweise eine Änderung ihres geldpolitischen Ansatzes bekanntgeben könnte. David Zahn erläutert, warum aus seiner Sicht der Anfang vom Ende der quantitativen Lockerung in Europa bevorstehen könnte, warum die EZB jedoch noch auf längere Zeit an ihrer gemäßigten Haltung festhalten dürfte.

    Wir wissen, dass die Europäische Zentralbank (EZB) Änderungen an ihrem geldpolitischen Ansatz gerne lange vor deren Umsetzung signalisiert. Daher rechnen wir damit, dass EZB-Präsident Mario Draghi in unmittelbarer Zukunft ankündigen wird, dass die Bank im nächsten Jahr damit beginnen wird, ihr Programm zur quantitativen Lockerung (QE) zurückzufahren.

    Diese Ankündigung könnte bereits am 7. September erfolgen, wenn der EZB-Rat das nächste Mal zusammenkommt. Allerdings erwarten wir ein tatsächliches „Tapering“ frühestens 2018.

    Nicht eingepreist

    Jegliche Ankündigung dürfte zwar eine dramatische Reaktion der Finanzmärkte auslösen (insbesondere angesichts der Tatsache, dass nur wenige Märkte die Möglichkeit einer Kurskorrektur einzupreisen scheinen), wir rechnen jedoch nicht mit einem schnellen Ende des Wertpapierkaufprogramms der EZB.

    Unserer Ansicht nach liegen die Aussichten auf mögliche Zinserhöhungen in der Eurozone in sogar noch weiterer Zukunft. Die Amtszeit Draghis als EZB-Präsident läuft noch bis Ende 2019, und es würde uns überraschen, noch vor diesem Zeitpunkt eine Zinsanhebung zu sehen.

    Inflation kommt durch stärker werdenden Euro unter Druck

    Die EZB steht wahrscheinlich vor einem Rätsel, das unserer Einschätzung nach die Wahrscheinlichkeit eines steten Ansatzes für die Auflösung des QE-Programms erhöht. Der Euro wurde seit Beginn des Jahres aufgewertet, wodurch die wesentlichen Inflationskennzahlen der EZB unter Druck gekommen sind. Allerdings notiert er nur knapp höher als zum gleichen Zeitpunkt im Jahr 2016.

    Sollte die Bank ihre Geldpolitik zu schnell straffen, könnte die Aufwertung der Währung zusätzlich beschleunigt werden, wodurch sich wiederum der Abwärtsdruck auf die Inflation erhöhen würde. In diesem Fall könnte die Bank mit Forderungen konfrontiert werden, ihre Geldpolitik weiter zu lockern.

    Die EZB ist eine Zentralbank, die vornehmlich die Inflation ins Visier nimmt. Ihre Inflationsprognose für 2019 liegt derzeit bei 1,5 %,[1] nachdem die vorherige Prognose bei der letzten Ratssitzung nach unten korrigiert wurde. Ihrem Ziel von knapp unter 2 % kommt sie also nicht nahe. Sowohl beim Wachstum als auch im politischen Umfeld ist eine fortlaufende Verbesserung zu beobachten. Unserer Ansicht nach könnten die Mitglieder des EZB-Rates bei Berücksichtigung dieser Faktoren zu dem Schluss kommen, dass die Zentralbank zwar eine gelockerte, aber nicht unbedingt eine ultralockere Geldpolitik benötigt.

    Zunehmende Ähnlichkeiten zwischen der Wirtschaft in den USA und der Eurozone

    Unseres Erachtens muss die EZB ihren QE-Ansatz neu überdenken – nicht zuletzt aufgrund der zunehmenden Ähnlichkeiten zwischen den Entwicklungspfaden der Wirtschaft im Euroraum und in den USA.

    So weisen die beiden Wirtschaftsräume beispielsweise eine ähnliche Größe und auffallend ähnliche Wachstumsraten auf. Auch bei der Inflation sind die Unterschiede nicht allzu groß. In Europa liegt sie ein wenig geringer, aber auch nicht in dramatischem Ausmaß. Und auch die Arbeitsmarktdaten fallen nicht allzu weit auseinander. In Europa hat die Arbeitslosigkeit den in den USA verzeichneten extrem niedrigen Stand zwar nicht erreicht, sie ist jedoch auf den tiefsten Stand seit neun Jahren gefallen.

    Vor diesem Hintergrund könnte man zu Recht fragen, warum es sinnvoll ist, dass sich ein Wirtschaftsraum (die USA) in einem geldpolitischen Straffungszyklus befindet, während der andere (die Eurozone) sein Programm zur geldpolitischen Lockerung fortsetzt.

    Um Missverständnisse zu vermeiden: wir empfehlen keineswegs, dass die EZB eine Straffung einleiten sollte. Unserer Ansicht nach sollte sie jedoch damit beginnen, den Umfang ihrer Maßnahmen zur quantitativen Lockerung zu verringern.

    Beschränkungen beim Kauf von Vermögenswerten

    Diese Einschätzung fällt mit der Erwartung zusammen, dass die EZB hinsichtlich der Mengen an Anleihen, die sie im kommenden Jahr kaufen kann, an ihre Grenzen stoßen wird. Grund hierfür sind vor allem Beschränkungen in Bezug auf ihr Eigentum an Anleihenemissionen (derzeit darf sie maximal ein Drittel einer Anleihenemission halten).

    Unserer Ansicht nach ist es wichtig, anzuerkennen, dass die quantitative Lockerung in der Eurozone äußerst erfolgreich verlaufen ist. Die Zinsen sind hierdurch auf ein sehr akkommodierendes Niveau gesunken.

    Der EZB ist es gelungen, die Diskrepanzen zwischen den Bankzinsen im Norden und Süden Europas auszuräumen. Vor Einleitung der Maßnahmen zur quantitativen Lockerung waren die Zinsen in den südlichen Ländern Europas deutlich höher, so dass es dort sehr viel teurer war, sich Geld zu leihen.

    Zudem beobachten wir allmählich positives Lohnwachstum, das es in Europa schon lange nicht mehr gegeben hatte. Das positive Lohnwachstum belegt, dass eine Senkung der Zinsen tatsächlich eine effektive Kreditvergabe und damit auch Wachstum nach sich zieht.

    Die EZB wird hoffen, dass sich dieses Wachstum in der Inflation niederschlägt. Angesichts der niedrigen Inflationstrends in der Eurozone dürfte die EZB kurzfristig jedoch wohl noch auf längere Zeit an ihrer lockeren Geldpolitik festhalten.

    Gastbeitrag: David Zahn, CFA, FRM, Franklin Templeton Fixed Income Group





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    Verfasst von wO Gastbeitrag
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