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     1691  0 Kommentare Völlig anders als man denkt

    Es gibt doch wirklich noch Überraschungen: Die große Dauerüberraschung sind die hohen Aktienkurse, die bisher allen Anschlägen auf sie erfolgreich trotzen.

     

    Eine Überraschung ist für mich auch die Bewertung des TV-Duells der Kanzlerkandidaten von einigen Seiten, die unserem Land ein hohes Maß an politischer Kultur und Kultur überhaupt zugestehen. Denn so etwas kann durchaus eine höhere Dividende einbringen als ein Streit bis aufs Blut.

     

    Vielleicht ist ja überhaupt ein bisschen Zurückhaltung durchaus nicht schlecht. Ein Stück zurückzutreten und nicht bei jeder Sache sofort laut aufzuschreien. Was jedoch wohl leider mit einer heutigen Mediengesellschaft nicht mehr kompatibel ist.

     

    Mir ist dieser Woche ein Beispiel unterkommen, das mich erst auf diesen Gedanken gebracht hat: In der Schweiz hat es einen Bergabbruch und große Schlammlawinen gegeben, die mehrere Menschenleben gekostet haben und deren Gründe man ziemlich deutlich in der gegenwärtigen Klimaerwärmung verortet.

     

    Denn durch das Abschmelzen des Aletschgletschers fehle der Druck von oben, so das der untere Teil des Berges jetzt einfach abrutsche. Nun gibt es jedoch gerade von diesem Gletscher sehr gute Forschungsergebnisse aus der Vergangenheit, die unter anderem aufzeigen, dass in der Bronzezeit der Gletscher noch weit kleiner war als es dem heutigen schon deutlichen abgeschmolzenen Zustand entspricht.

     

    Ich will an dieser Stelle gar nicht darüber diskutieren, ob nun der gegenwärtige Klimawandel wirklich vom Menschen verursacht worden ist oder nicht. Ich will viel lieber auf unser heutiges Leben und unsere heutigen Wahrnehmungen kommen.

     

    Denn: Wen hätte in der Bronzezeit überhaupt so ein Erdrutsch interessiert? Da besaß man sowieso ein anderes Verhältnis zur Natur, und da gab es auch sehr, sehr viel weniger Menschen als heute. In dem Bereich dieses Bergrutsches wahrscheinlich nicht einen.

     

    Auch für die Karibikinseln und Florida, die heute von heftigen Orkanen heimgesucht werden, gilt wahrscheinlich das Gleiche.

     

    Will sagen: In der Bronzezeit hätte man sich sicherlich gefreut, wenn irgendwo ein Sack Reis umgekippt wäre. Heute hingegen werden durch so etwas immer gleich ein paar Menschen erschlagen. Und Häuser können natürlich nur dann einstürzen, wenn es überhaupt Häuser gibt.

     

    Vielleicht ist also gar nicht so sehr das Klima mit seinen Wandlungen das große Problem, vielleicht sind es vielmehr unser Lebensmodell und unsere Wahrnehmungen.

     

    Wenn Aktienmärkte einmal fünf Prozent an einem Tag verlieren, ist das eigentlich ein völlig normaler Vorgang. Die Hälfte der Börsenmenschen steht dann jedoch kurz vor dem Wahnsinn.

     

    Und möglicherweise ist das ja bei der Situation unseres Lebens ganz generell durchaus nicht anders.

     

     

     


    Bernd Niquet
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    DER NEUNTE BAND VON "JENSEITS DES GELDES" IST ERSCHIENEN: Bernd Niquet, Jenseits des Geldes, 9. Teil, Leipzig 2023, 648 Seiten, 23,50 Euro

    Leseprobe: "Jenseits des Geldes".

    Eigentlich war ich vollkommen sicher, dass jetzt die Zeit dieser ganzen Auseinandersetzungen hinter mir lag. Deswegen hatte ich auch extra meine Mietrechtschutzversicherung gekündigt. Dann habe ich aber doch einmal in die Betriebskostenabrechnung hineingeschaut und musste unwillkürlich rechnen. 29.220 Euro im Jahr 2018 für die Reinigung der Treppen und Flure, das sind 93 Euro pro Haus pro Woche. Ich würde das jeweils in zehn Minuten schaffen, doch selbst wenn die ungelernte Hilfskraft zwanzig Minuten braucht, sind das 279 Euro Stundenlohn, den die Leiharbeitsfirma dafür einfährt. Wer dabei nicht an Sizilien denkt, kann eigentlich nicht mehr voll bei Verstand sein.

    Bernd Niquet ist Jahrgang 1956 und wohnt immer noch am letzten grünen Zipfel der Failed Stadt Berlin. Die ersten acht Teile von „Jenseits des Geldes“ sind ebenfalls im Engelsdorfer Verlag erschienen, und zwar in den Jahren 2011, 2012, 2013 sowie 2018, 2019, 2020, 2021 und 2022.

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    Verfasst von Bernd Niquet
    Völlig anders als man denkt Die Rolle der Wahrnehmungen wird nicht berücksichtigt

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