Marktkommentar
Igor de Maack (DNCA): Wöchentlicher Kommentar zu den Märkten (18. September 2017)
Das Wirtschaftswachstum im Euroraum gewinnt an Fahrt. 2017 hatten eine Reihe weitsichtiger Experten einen BIP-Zuwachs oberhalb von 2 % vorhergesagt. Diese symbolische Schwelle könnte nun 2017 überschritten werden.
Es wird interessant sein zu sehen, ob der Euroraum auch 2018 sein Wachstumstempo weiter erhöht. Bislang weist nichts auf das Gegenteil hin.
In den Vereinigten Staaten ist im August die Inflation kräftig angestiegen. Ausschlaggebend dürften hierfür die stark angezogenen Rohstoffpreise gewesen sein. Auf das Jahr umgerechnet legte die Inflation um 1,9 % zu.
Diese Wirtschaftsdynamik sowohl im Euro- als auch im Dollarraum legt nahe, dass ein geldpolitischer Kurswechsel womöglich schon bald bevorsteht (Drosselung des Anleihekaufprogramms der EZB, Leitzinsanhebung und Reduzierung der Bilanzsumme seitens der Fed). Für Anleihe-Anleger scheint der Weg damit so gut wie vorgezeichnet. Monetäre Abwege indes sind zwar nach wie vor möglich, angesichts der von Janet und Mario sorgsam orchestrierten Politik jedoch unwahrscheinlich. Eine Phase des leichten Anstiegs der Zinsen am langen Ende dürfte somit auch für einen Auftrieb bei Aktien sorgen, sofern sie tatsächlich durch eine weltweit synchrone wirtschaftliche Aufhellung bedingt ist.
Auf mikroökonomischer Ebene haben uns unsere jüngsten Treffen mit Unternehmenslenkern in diesem vorsichtigen Optimismus bestärkt. Auffallend dabei ist, dass der digitale Wandel und die Digitalisierung zu einem beherrschenden Thema dieser Gespräche geworden sind, und dies in allen Branchen und Bereichen. Heute, da sich in jedem Einzelnen die Sorge regt, in seinem Berufs- oder Privatleben von einem Roboter ersetzt zu werden, da jede Gemeinschaft die ‚Virtualisierung‘ ihrer Geschicke in einem sozialen Netzwerk erlebt und jedes Unternehmen seiner ‚Amazonifizierung‘ entgegenbangt, hat uns ein Dialog ins Nachdenken gebracht, über den wir ausgerechnet in einem sozialen Netzwerk (LinkedIn) gestolpert sind. Die Szene spielt sich zwischen einem Finanzdirektor (auf Englisch CFO) und dem Generaldirektor (CEO) seines Unternehmens ab. Der CFO fragt: „What happens if we invest in developing our people and then they leave us?“ (Was passiert, wenn wir in die Fortbildung unserer Mitarbeiter investieren und diese das Unternehmen dann verlassen?) Sein CEO entgegnet darauf: „What happens if we don't and they stay?“ (Was passiert, wenn wir es nicht tun und sie bleiben?)
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Obwohl heute alles darauf hinzudeuten scheint, dass der Mensch durch künstliche Intelligenz ersetzbar ist – die Investition in seine Mitarbeiter und deren Weiterentwicklung wird auch künftig für jedes Unternehmen entscheidend bleiben.