Kapitalmarktexperte warnt
Ende der US-Dominanz? Jetzt droht das Japan-Szenario
Die USA dominieren mit rund 70 Prozent die globale Aktienmarktkapitalisierung – doch für Stefan Schrader, Kapitalmarktstratege und Portfoliomanager, ist der Höhepunkt womöglich bereits überschritten.
Im Interview warnt er vor einem schleichenden Bedeutungsverlust der US-Börsen, ähnlich wie Japan Ende der 80er-Jahre: "Die Dominanz wird abnehmen – und das bietet Chancen, aber auch große Risiken."
Laut Schrader ist die US-Überlegenheit Ergebnis eines perfekten Zusammenspiels: aggressiver Notenbankpolitik, massiver Aktienrückkäufe, Trumps Steuersenkungen und niedriger Zinsen. Doch die Bewertung sei inzwischen recht hoch. Und Anleger tragen doppelte Risiken – nicht nur durch mögliche Kursverluste, sondern auch durch eine schwächelnde US-Währung.
Im Vergleich zu Japan sieht Schrader zwar strukturelle Unterschiede – etwa die breitere Finanzierung der US-Wirtschaft – doch warnt er vor dem trügerischen Gefühl ewiger Outperformance. Der Anteil der US-Wirtschaft an der globalen Wirtschaftsleistung liege bei lediglich rund 25 Prozent, doch in den gängigen Indizes machen US-Aktien fast drei Viertel aus – eine extreme Schieflage, die aus Sicht Schraders nicht nachhaltig ist.
Vor allem junge Anleger, deren Investmentkarriere erst nach der Finanzkrise 2008 begann, könnten der Illusion erliegen, dass die USA dauerhaft alle anderen Regionen outperformen. Doch Schrader mahnt: "An der Börse wird die Zukunft gehandelt – nicht die Vergangenheit."
Seine Empfehlung: raus aus der Dollar-Falle, mehr Diversifikation und Rückbesinnung auf die Welt außerhalb der USA. Europa sei bereits wieder im Aufwind, Asien biete enorme Potenziale – nicht nur in China. "Make the Rest of the World Great Again", nennt Schrader das neue Anlage-Motto. Auch Warren Buffett ziehe längst Konsequenzen – mit rekordhohen Cash-Beständen und globaler Neuausrichtung.
Moderation: Martin Kerscher, Text: Julian Schick