Experte im Interview
"Strategielos und überheblich": Vorndran warnt vor Deutschlands China-Politik
Deutschlands Verhältnis zu China ist von Selbstüberschätzung und strategischer Schwäche geprägt – das sagt Philipp Vorndran, Kapitalmarktstratege der Vermögensverwaltung Flossbach von Storch.
Vorndran sieht in Berlin keine klare Strategie. Während China zielgerichtet und schnell handle, fehle es Deutschland an Visionen und Umsetzungskraft. Das betreffe nicht nur die Außenpolitik, sondern auch wirtschaftliche Entscheidungen: "Deutschland ist nicht mehr wirtschaftspolitisch stark – und spricht schon lange nicht mehr für Europa", so Vorndran.
Die moralische Überhöhung in Fragen wie Menschenrechten oder Taiwan könne sich eine exportorientierte Volkswirtschaft nur bedingt leisten, wenn sie gleichzeitig stark von chinesischen Vorprodukten abhängig sei. Für Anleger sieht Vorndran Chancen – aber nicht in China selbst: Eigentumsrechte seien dort zu schwach geschützt. Attraktiver seien westliche Unternehmen mit China-Exposure.
Politisch fordert er ein Umdenken: "Wir müssen als Land wissen, was wir wollen." Erst dann könne man Beziehungen auf Augenhöhe gestalten – ohne naiv zu erwarten, dass die Welt sich deutschen Werten anpasst. Die jüngste Absage einer China-Reise des deutschen Außenministers sieht er als Symptom eines größeren Problems: Deutschlands internationale Relevanz sei im freien Fall – und die Bevölkerung merke es kaum.
Moderation: Martin Kerscher, Text: Julian Schick


