Wall Street zu selbstgefällig
Stratege hält Zinsanhebung der Fed für möglich – jüngste Daten bekräftigen These
Schon 1998 hatte ein übereilter kurzer Lockerungszyklus nur weitere Zinserhöhungen nach sich gezogen, warnt ein Stratege von Citi. Dies könnte nun wieder geschehen!
- Übereilter Lockerungszyklus 1998 führte zu Zinserhöhungen.
- Stratege warnt vor Möglichkeit einer Zinserhöhung.
- Inflation höher als erwartet - Zinssenkung unwahrscheinlich.
Noch vor einem Monat wurde an der Wall Street das als "undenkbar" bezeichnete Szenario durchgespielt, dass die Federal Reserve die Zinsen in diesem Jahr nicht senken würde. Nun geht ein Stratege einer Großbank noch einen Schritt weiter. Er hält auch eine Zinserhöhung für durchaus möglich. Wer sich nicht darauf einstellt, könnte das Nachsehen haben.
Jason Williams, ein globaler Marktstratege bei der Citigroup, hält es für notwendig, dass die Märkte die Möglichkeit künftiger Zinserhöhungen durch die Zentralbank einpreisen. Interessanterweise hat er diese Ansicht noch vor der Veröffentlichung des Verbraucherpreisindex für Januar am Dienstag geäußert. Aber die am Dienstag bekannt gegebenen Zahlen bestätigen seine Argumentation absolut.
Die annualisierte Gesamtinflationsrate ist mit 3,1 Prozent höher ausgefallen als erwartet worden war, und die für Fed-Entscheidungen so wichtige Kern-Inflation (Core CPI) ist sogar auf 3,9 Prozent gestiegen, wie das US-Arbeitsministerium mitteilte. Jede Spekulation auf eine baldige Zinssenkung ist damit hinfällig. Aber könnte sich die US-Notenbank sogar dazu gezwungen sehen, die Zinsen anzuheben?
Die Einschätzung der Citigroup deutet darauf hin, dass sich in diesem Jahr ein komplexeres und nuancierteres Szenario entwickeln könnte als das derzeit von vielen Anlegern vertretene. Aktuell ist es Konsens an der Wall Street, dass ein Rückgang der Inflation automatisch zu einer Zinssenkung zu einem bestimmten Zeitpunkt in diesem Jahr führen sollte. Dies ist jedoch nicht gesagt.
Im Mittelpunkt der Überlegungen von Williams steht die Möglichkeit, dass die Debatte über die angemessene Höhe des neutralen Zinssatzes, der die Wirtschaft weder stimuliert noch drosselt, wieder aufflammen könnte. Nachdem die derzeit recht hohen Zinsen kaum einen bremsenden Einfluss hatten, könnte es durchaus sein, dass die Zinsen länger als erwartet hoch bleiben oder sogar ansteigen könnten.
"Der Markt sollte ein gewisses Risiko zukünftiger Zinserhöhungen einpreisen", sagte Williams und verwies auf das Jahr 1998. Damals leitete die Fed einen kurzlebigen Lockerungszyklus ein, der im folgenden Jahr dann doch wieder zu Zinserhöhungen führte. Wenn sich die Inflation nicht wieder auf zwei Prozent einpendelt, "dürften die Risiken für künftige Zinserhöhungen der Fed zunehmen", warnte er.
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Autor: Ingo Kolf, wallstreetONLINE Zentralredaktion
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