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[posting]59712687[/posting]
Zitat von rollo_tomasi: deine aussage ist pauschal richtig, aber ich sehe den fall hier anders.

aus der adhoc vom 5. oktober 2018:

As part of the Mattress Firm restructuring, the Company’s equity ownership in SUSHI has been contributed to SEAG prior to the Mattress Firm Filing. Steps to transfer or novate the SUSHI RCF debt with SEAG debt will be taken in the near future to replicate the proposals under the lock up agreement entered into in respect of the restructuring and to reflect the economic interests within the SEAG debt cluster.

und weiter:

To implement the Mattress Firm restructuring prior to exit, the intercompany loans will be contributed as capital by the relevant entities into SEAG and the guarantees from Mattress Firm Inc

ich verstehe es so:

stripes us holdings wird eine holding an der sich steinhoff beteiligt. der wert und die intercompany-schulden wandern zu stripes und steinhoff behält nur noch die beteiligung von 50,1%. damit wird der deal für mich auch nachvollziehbar.

[...]


Hallo rollo_tomasi,

aus meiner Sicht ist deine Interpretation der von dir markierten Stellen in der Adhoc (und damit auch deine darauf fußenden Folgerungen) nicht korrekt, was zum Teil daran liegt, dass die Adhoc nicht ausführlich genug ist. Dazu benötigt man noch zwei weitere Dokumente, und zwar

a) das Lock-Up-Aggreement (Abkürzung und Link: LUA)
b) das Explanatory Statement zum SUSHI-Scheme-of-Aggreement (Abkürzung und Link: Explan)

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Bevor ich im Einzelnen auf die markierten Adhoc-Passagen eingehe, ist es vielleicht hilfreich, zunächst die wesentlichen in diesem Zusammenhang beteiligten Unternehmen innerhalb des Steinhoffkonzerns klar zu benennen und sauber auseinanderzuhalten, als da wären:

SIHNV = die oberste Konzernmutter von Steinhoff: Steinhoff International Holdings N.V.
Möbel = ein wichtiger interner Finanzierer von SEAG und SUSHI: Steinhoff Möbel Holding Alpha GmbH
SEAG = ein weiterer wichtiger interner Finanzierer von SUSHI: Steinhoff Europe AG
SUSHI = die oberste US-Holding für das Geschäft von MF: Stripes US Holding Incorporated
MF = die "eigentliche" Mattress Firm: Mattress Firm, Inc.

Wichtig ist aus meiner Sicht, obwohl häufig synonym verwendet, MF und SUSHI nicht miteinander zu verwechseln oder gar gleichzusetzen. Beides sind unterschiedliche Unternehmen mit unterschiedlichen finanziellen Problemen, die unterschiedlich gelöst werden (wenn auch nicht unabhängig voneinander):
1. MF war und ist eine mittelbare 100%-Tochter von SUSHI.
2. MF, nicht SUSHI, ist das Unternehmen, das in CH11 geschickt wurde und im Anschluss - unter gewissen Voraussetzungen, die im sogenannten CH11-Plan festgehalten sind - die Exitfinanzierung erhält.
3. SUSHI, nicht MF, ist das Unternehmen, dessen externe Verbindlichkeiten gemäß SUSHI-SOA restrukturiert werden.

Weiterhin wichtig ist aus meiner Sicht, den CH11-Plan nicht mit dem SUSHI-SOA zu verwechseln. Das SUSHI-SOA ist lediglich eine von mehreren Teilmaßnahmen des CH11-Plans. Im CH11-Plan gibt es neben dem SUSHI-SOA weitere Maßnahmen, die sich massiv auf SUSHI auswirken. Beispielsweise wird die Restrukturierung (genauer: Streichung) der internen Verbindlichkeiten von SUSHI nicht durch das SUSHI-SOA geregelt, sondern durch andere Teilmaßnahmen des CH11-Plans. Ebenso wird die Übertragung von 49,9% des Eigentums an SUSHI durch andere Teilmaßnahmen des CH11-Plans geregelt.

Das alles vorausgeschickt, gehe ich nun auf die drei von dir rot markierten Adhoc-Stellen ein und was sie meiner Meinung nach - im Gegensatz zu deiner Interpretation - tatsächlich besagen.

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Die Aussage "the Company’s equity ownership in SUSHI has been contributed to SEAG" bedeutet nicht, dass sich Steinhoff erst ab jetzt an SUSHI beteiligt, sondern nur, dass SUSHI innerhalb der Gruppe seine Position gewechselt hat.

SUSHI war bereits zuvor eine Holding und vollständig im Besitz des Steinhoffkonzerns und ist es auch unmittelbar nach dieser Maßnahme noch (siehe Gruppenchart vorher gemäß LUA S. 110 und nachher gemäß Explan S. 105). Statt allerdings wie bisher eine direkte Tochter der obersten Konzernmutter zu sein (the Company = SIHNV), ist SUSHI unmittelbar im Anschluss an diese Maßnahme eine direkte Tochter von SEAG und somit nur noch eine mittelbare Tochter von SIHNV. Um genau das zu bewerkstelligen, hat "the Company" (= SIHNV) gemäß der Aussage in der Adhoc seine Aktienanteile an SUSHI an SEAG übertragen.

Diese Maßnahme hat für sich allein genommen keine bilanziellen Auswirkungen auf den Steinhoffkonzern als Ganzes. Sie ist die Voraussetzung dafür, dass man in einem nächsten Schritt die externen Gläubiger für die erforderlichen Umschuldungen von SUSHI gemäß SUSHI-SOA an einer Stelle, nämlich bei der SEAG, konzentrieren kann.

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Die Aussage "transfer or novate the SUSHI RCF debt with SEAG debt will be taken in the near future" bezieht sich ausschließlich auf die Umschuldung der externen Schulden von SUSHI in neue externe Schulden von SEAG gemäß SUSHI-SOA. Bei diesem Schritt wandern keine bestehenden Intercompany-Schulden zu SUSHI oder sonst wohin.

Was in der Adhoc an dieser Stelle als "SUSHI RCF debt" bzw. "SEAG debt" bezeichnet wird, ist in Explan die sogenannte "SUSHI Facility" (dort auch "Facility C" genannt) bzw. die "New SEAG Facility":

Laut Part 2 §3.1-3,5 Explan S. 22 hatte SUSHI folgende Schulden:
- externe Schulden von ca. 200 Mio. $ gegenüber externen Gläubigern unter der sogenannten "SUSHI Facility"
- interne Schulden von ca. 3,2 Mrd. $ gegenüber SEAG und Möbel und bezeichnet als "Other SUSHI Indeptedness"

Das SUSHI-SOA sieht nun gemäß Part 1 §5.3.8 Explan S. 14 ausschließlich folgendes vor:
1. Die externen Gläubiger unter der "SUSHI Facility" übertragen all ihre daraus resultierenden Forderungen auf SEAG.
2. Im Gegenzug erhalten die externen Gläubiger anteilig Forderungen in gleicher Höhe aus der neu einzurichtenden "New SEAG Facility" mit der SEAG als Schuldner.

Die Folge dieser Maßnahme für sich allein genommen ist, dass SUSHI keine externen, sondern nur noch interne Schulden hat:
- interne Schulden von ca. 200 Mio. $ gegenüber SEAG unter der sogenannten "SUSHI Facility"
- interne Schulden von ca. 3,2 Mrd. $ gegenüber SEAG und Möbel und bezeichnet als "Other SUSHI Indeptedness"

Die Folge dieser Maßnahme für sich allein genommen ist, dass sich SEAGs Bilanz um 200 Mio. $ verlängert hat:
- neue interne Forderungen von ca. 200 Mio. $ gegenüber SUSHI unter der sogenannten "SUSHI Facility"
- neue externe Schulden von ca. 200 Mio. $ gegenüber den ehemaligen externen SUSHI-Gläubigern unter der sogenannten "New SEAG Facility"

In Summe hat auch diese Maßnahme für sich allein genommen keine bilanziellen Auswirkungen auf den Steinhoffkonzern als Ganzes! Die externen Schulden von SUSHI haben lediglich ihren Platz gewechselt und liegen nun bei SEAG. Das gleichzeitig neu entstandene Aktiv-/Passiv-Paar aus internen Forderungen/Schulden von SEAG/SUSHI in Höhe von jeweils 200 Mio. $ fällt auf Konzernebene raus, da es ein internes Geschäft ist.

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Die Aussage "the intercompany loans will be contributed as capital by the relevant entities into SEAG and the guarantees from Mattress Firm Inc" bezieht sich ausschließlich auf die Teilmaßnahme gemäß CH11-Plan, wonach Möbel seine Forderungen gegenüber SUSHI unter der "Other SUSHI Indeptedness" an SEAG abtritt. Die Punkte des internen Schuldenerlasses für SUSHI oder die Übertragung von 49,9% von SUSHI an die Exitfinanzierer von MF werden hiermit weder angesprochen noch vollzogen, sondern sind Bestandteil anderer, späterer Maßnahmen des CH11-Plans.

Dass das alles so ist, kann man anhand der Adhoc allein nicht erkennen, da wesentliche Informationen noch fehlen. Weder wird der Gläubiger (hier Möbel) noch der Schulder (hier SUSHI) der fraglichen Intercompany-Loans explizit benannt. Die Adhoc benennt lediglich den Begünstigten der Maßnahme, nämlich SEAG ("as capital [...] into SEAG"), und wenig später den Garantiegeber dieser Intercompany-Loans, und zwar MF. Zusammen mit den Angaben in Explan wird schließlich klar, worum es hierbei genau geht bzw. wer Gläubiger und Schuldner dieser Intercompany-Loans ist:

Wie bereits oben angegeben, hatte SUSHI ursprünglich interne Schulden von ca. 3,2 Mrd. $ gegenüber SEAG und Möbel, die als "Other SUSHI Indeptedness" bezeichnet wurden. Genau diese interne Schulden wurden von MF garantiert (siehe Part 2 §1.3 Explan S. 21). Gemäß Part 2 §3.5 Explan S. 22 teilen sich diese interne Schulden wie folgt auf SEAG und Möbel auf:
- SEAG hält interne Forderungen gegenüber SUSHI in Höhe von 0,9 Mrd. $
- Möbel hält interne Forderungen gegenüber SUSHI in Höhe von 2,3 Mrd. $

In Part 1 §5.3.7(i) Explan S. 13 steht nun genau das, worauf sich die Adhoc an der von dir markierten Stelle bezieht: Möbel tritt seine internen Forderungen gegenüber SUSHI in Höhe von 2,3 Mrd. $ an SEAG ab. Das erfolgt ohne Gegenleistung von SEAG an Möbel, weshalb die Rede von "Möbel will contribute to the capital of SEAG" ist.

Die Folge einer Kombination dieser Maßnahme mit dem SUSHI-SOA ist, dass SUSHI ab sofort nur noch interne Schulden hat und als einzigen Gläubiger SEAG:
- interne Schulden von ca. 200 Mio. $ gegenüber SEAG unter der sogenannten "SUSHI Facility"
- interne Schulden von ca. 3,2 Mrd. $ gegenüber SEAG bezeichnet als "Other SUSHI Indeptedness"

Auch diese Maßnahme hat für sich genommen keine bilanziellen Auswirkungen auf den Steinhoffkonzern als Ganzes! Während SEAG durch die Forderungsabtretung um 2,3 Mrd. $ reicher wurde, ist Möbel um 2,3 Mrd. $ ärmer geworden.

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Und nun? Alles, was du in der Adhoc markiert hast, waren bisher Dinge, die keine bilanziellen Auswirkungen auf den Steinhoffkonzern hatten und auch SUSHIs Schulden noch um keinen einzigen Cent reduziert haben. Es stellt sich daher die Frage, wie das alles doch noch mit der Entschuldung von SUSHI und den 49,9% Eigentumsübertrag an SUSHI zusammenhängt. Die kurze Antwort darauf lautet: Das passiert erst später mit weiteren Schritten des CH11-Plans, die auf die oben besprochenen folgen.

Nachdem die Kombination aller bisherigen Schritte dazu geführt hat, dass SUSHI nur noch interne Schulden hat und als einzigen Gläubiger SEAG, wird SUSHI nun gemäß Part 1 §5.3.7(ii), §5.3.9 Explan S. 13, 14 komplett entschuldet. Sowohl die 3,2 Mrd. $ "Other SUSHI Indeptedness" als auch die 200 Mio. $ aus der "SUSHI Facility" werden gestrichen. Das erfolgt ohne Gegenleistung von SUSHI an SEAG, da stets die Rede ist von "SEAG will contribute to the capital of SUSHI".

Auch diese Maßnahme hat für sich genommen immer noch keine bilanziellen Auswirkungen auf den Steinhoffkonzern als Ganzes! Während SUSHI durch die Schuldenstreichung um 3,4 Mrd. $ reicher wurde und jetzt komplett schuldenfrei ist, ist SEAG um 3,4 Mrd. $ ärmer geworden.

Interessant wird es erst jetzt. Denn eine weitere Maßnahme des CH11-Plans ist der Eigentumsübertrag von 49,9% der Anteile an SUSHI "at no cost" an die Exitfinanzierer von MF gemäß der Adhoc. Es stellen sich sofort zwei Fragen:
1. Ist das gerecht bzw. was ist die Gegenleistung?
2. Hat diese Maßnahme für sich allein genommen bilanzielle Auswirkungen auf den Steinhoffkonzern?

Um die Teilfrage nach der Gegenleistung beanworten zu können, genügt ein weiterer Blick in Part 3 §1.30-31 Explan S. 28. Hier steht konkret, dass MF, nicht SUSHI, eine Exitfinanzierung benötigt, um aus CH11 auch wieder herauszukommen. Für die Exitfinanzierung von MF fordern die Exitfinanzierer aber, dass a) SUSHI komplett entschuldet wird (wie das technisch geschieht, haben wir bisher diskutiert) und sie b) Anteile an SUSHI erhalten. Damit ist klar, was die Gegenleistung ist: Die Exitfinanzierung für MF!

Was immer noch nicht klar ist, ob die Exitfinanzierung auch eine "gerechte" Gegenleistung für die vom Steinhoffkonzern vorzunehmende Komplettentschuldung und Teilübertragung von SUSHI ist und was das für bilanzielle Auswirkungen auf den Steinhoffkonzern hätte.

Betrachten wir dazu zwei Fälle für den Wert X von SUSHI unmittelbar nach der Komplettentschuldung aber noch vor der Eigentumsübertragung:
Fall A: X gleich 0
Fall B: X größer als 0

Zu Fall A:
In dem Fall ist es offenbar gerecht, bzw. "nicht ungerecht", denn es würden in diesem Szenario lediglich 49,9% von 0 an die Exitfinanzierer übertragen. Die Maßnahme der Eigentumsübertragung allein würde offenbar den Steinhoffkonzern bilanziell nicht zusätzlich belasten. (Allerdings müsste der Steinhoffkonzern im Fall A so oder so den ganzen bisherigen in der Konzernbilanz stehenden Wert von SUSHI komplett abschreiben, was etwa 2 Mrd. € wären).

Könnte es denn sein, dass genau dieses Szenario zutrifft? Ich weiß es nicht, aber ich halte es nicht für unmöglich. In Appendix E Explan S. 102 befindet sich eine nichttestierte SUSHI-Bilanz vom 28. August 2018. Demnach lag die SUSHI-Bilanzsumme damals bei 2,2 Mrd. $, allerdings unter dem ausdrücklichen Vorbehalt, dass die beiden Aktivpositionen zu Unternehmensbeteiligungen (1,77 Mrd. $) und Intercompany-Forderungen (0,36 Mrd. $) noch keinem Impairmenttest unterzogen wurden, dieser aber wahrscheinlich zu materiellen Wertminderungen führen würde - wörtlich: "[...] such review is likely to result in material impairments".

Zu Fall B:
In dem Fall könnte man vielleicht meinen, dass das Geschäft die Exitfinanzierer total ungerecht bevorzugt. Ich sehe das nicht zwangsläufig so. Es ist nämlich auch hier nicht ausgemacht, dass MF langfristig überlebt und die Exitfinanzierer ihre Einlage von 525 Mrd. $ (siehe Part 3 §1.28 Explan S. 28) überhaupt vollständig zurückerhalten. Bilanziell würde der Steinhoffkonzern durch die Übertragsmaßnahme allein um 0,499*X belastet. Unabhängig von der Übertragung wäre aber, wenn X kleiner als der bisherige Wert von SUSHI in der Konzernbilanz wäre, eine Abschreibung um den entsprechenden Differenzbetrag erfoderlich.
 
aus der Diskussion: Steinhoff International
Autor (Datum des Eintrages): MGQ  (26.01.19 22:38:17)
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