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Interessantes aus dem Aktienkanal:

Am Freitag ging es im Tief bis auf 103 Euro runter. In der vergangenen Woche hatten wir ja zwischenzeitlich bereits wieder die 135 Euro überschritten.
Was ist passiert?

Erstens gab es eine Abstufung durch die Citigroup von "neutral" auf "verkaufen" und eine deutliche Reduzierung des Kursziels von 144 auf 100 Euro. Die Begründung: Es könne länger dauern, die Anschuldigungen zu entkräften als der Markt dies im Moment erwarte.

Diese These könnte mit der angeblichen Ausweitung der polizeilichen Ermittlungen gegen Wirecard zusammenhängen. Nun sei auch Indien im Fokus der Ermittler. Aus meiner Sicht ist das aber keine wirkliche Neuigkeit.

Der Kernvorwurf lautet ja, dass Geld von Wirecard-Konten auf externe Konten in Hongkong transferiert und dann weiter auf Wirecard-interne Konten in Indien geleitet worden sei (Round-Tripping). Insofern ist es dann ja wenig überraschend, dass auch die Wirecard-Töchter in Indien im Fokus der Ermittler stehen.

Das "Handelsblatt" setzt diese Untersuchungen nun sofort wieder in einen Zusammenhang mit der 2015 in Indien getätigten Übernahme des Paymentgeschäfts von GI Retail. Dafür gibt es aus meiner Sicht keinen Anlass.

Es gab diesbezüglich bereits Anfang 2018 Anschuldigungen der Southern Investigative Research Foundation (SIRF) gegen Wirecard. SIRF ist ein forensischer Bilanzanalyst.

Solche werden gerne von Shortsellern engagiert, um via Studium von Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnungen und sonstigen öffentlich zugänglichen Dokumenten, Schwachstellen bei Unternehmen zu finden. Diese werden dann von professionellen Shortsellern als Grundlage für eine Attacke verwendet.

Die Vorwürfe von SIRF konnte Wirecard aber allesamt bereits im Januar 2018 entkräften. Hier sind die Links zur SIRF-Analyse und die entsprechenden Reaktionen von Wirecard darauf: Artikel 1, Artikel 2 & Artikel 3...

Die damalige Vorgehensweise von Wirecard bei der Übernahme und die geflossenen Summen wurden also bereits im Detail ausgeleuchtet und auseinander dividiert.

Insofern finde ich es befremdlich, dass nun das Handelsblatt wieder anfängt darin "rumzuwühlen" und schreibt:

Ein indisches Wirtschaftsmedium berichtete jedoch Anfang 2017, dass der Fonds 180 Millionen Dollar in ein Unternehmen namens Orbit Corporate Leisure Travels investiert habe.

Die Summe entspricht in etwa dem Betrag, den Finanzjournalist Boyd bei seinen Recherchen zur Wirecard-Zahlung nicht aufspüren konnte.

Boyd ist der Verfasser der SIRF-Analyse. Bei dem genannten Fonds handelt es sich um den Emerging Markets Investment Fund 1A. Dieser war Eigentümer von GI Retail - und zwar sowohl von der GI Retail Payment-Sparte als auch der GI Travel-Sparte. Orbit (und eine weitere Tochter namens Goomo) gehören zu GI Travel.

Wirecard hat von Anfang an berichtet, dass man nur Payment-Sparte von GI Retail gekauft habe. Die GI Travel-Sparte verblieb beim Fonds. Wenn dieser Fonds nun 180 Millionen Dollar in Orbit Corporate Leisure Travels investiert hat, dann ist doch sehr naheliegend, was passiert ist:

Der Fonds hat die Einnahmen aus dem Verkauf der Payment-Sparte an Wirecard in seine verbleibende Travel-Sparte investiert. Dass Boyd (und offensichtlich auch das Handelsblatt) das nicht verstehen wollen oder können, ist nicht das Problem von Wirecard.

Genauso wenig ist es das Problem von Wirecard, dass dieser Fonds auf Mauritius ansässig ist. Das hat mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit steuerliche Gründe. Das muss man nicht gut finden. Aber es ist legal.

Wirecard hat auch nochmals betont, dass die rechtliche Situation bei der Transaktion sehr genau geprüft worden ist. Und Wirecard hat den vollen Kaufbetrag bezahlt. Das wurde noch nicht mal von SIRF bestritten.

Dass Orbit danach weiter ein Partner von Wirecard geblieben ist, ist doch selbstverständlich. Wirecard wäre ja dumm gewesen, wenn sie nicht die Zahlungsabwicklungen für Orbit via GI Retail weiter übernommen hätten. Schließlich agieren ja beide Firmen quasi unter einem Dach.
Wirecard AG (ISIN: DE0007472060)
WKN / Kürzel

Börsenwert

KGV 18/19e/20e

Kurs
747206 / WDI

12,9 Mrd. EUR

34 / 24 / 18

104,70 EUR

MEINE MEINUNG:

Zugegeben: Es ist schwierig angesichts der Vielzahl an Übernahmen und der daraus resultierenden über 50 Tochtergesellschaften bei Wirecard den Überblick zu behalten.

Allerdings darf es nicht sein, dass dann in nationalen Medien längst widerlegte Thesen von Shortsellern kritiklos wiedergekäut werden - zum Nachteil des Unternehmens.

Bleibt nur zu hoffen, dass der Abschlussbericht von Rajah & Tann, der ja noch im März veröffentlicht werden soll, tatsächlich für Klarheit sorgt, was die aktuellen Vorwürfe betrifft.

Auf dem aktuellen Kursniveau von ca. 104 Euro ist die Aktie aus meiner Sicht kaufenswert.
 
aus der Diskussion: Wirecard - Top oder Flop
Autor (Datum des Eintrages): mfblum  (16.03.19 09:37:13)
Beitrag: 38,417 von 166,150 (ID:60117514)
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