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[posting]60817847[/posting]Vorige Woche ist in der Nähe
der norwegischen Hauptstadt Oslo eine Wasserstofftankstelle explodiert. Bis zur
Klärung der Unglücksursache hat die
Betreiberfirma Nel Hydrogen alle Stationen im In- und Ausland dichtgemacht. „Sicherheit bleibt der Kern unseres Geschäfts, und bei den laufenden
Untersuchungen leisten wir jegliche
technische Unterstützung“, sagte NelVorstands chef Jon André Løkke. Toyota
und Hyundai, die Hauptverkäufer der
per Brennstoffzellen betriebenen Pkws,
stellten dennoch den Vertrieb der Modelle Toyota Mirai und Hyundai Nexo
bis zur Klärung der Unfallursache ein.
Der Vorfall schürt das Misstrauen
gegenüber der noch jungen Industrie,
so wie die Brände in Tesla-Vehikeln das
Misstrauen gegenüber batteriebetriebenen Fahrzeugen. Zuletzt war im April
ein Modell S des US-Fahrzeugbauers in
China in Flammen aufgegangen. Beide
Technologien sind jedoch wesentliche
Hoffnungsträger bei der Verringerung
des Schadstoffausstoßes in Verkehr und
Industrie. Die dahinterstehenden Unternehmen arbeiten sich aktuell in
einen enormen Markt vor.
Derzeit läuft ein Wettrennen zwischen
elektrischem und wasserstoffbetriebenem Antrieb. Am Ende könnte ein Unentschieden stehen. Toyota, Honda und
Hyundai haben Brennstoffzellenfahrzeuge zwar schon seit Längerem auf
dem Markt, Daimler und Renault setzen
jedoch auf kombinierte Antriebstechnik. Die Lkw-Sparte der Deutschen Post
tüftelt ebenfalls an einem Hybridmodell
für die Paketzustellung, nächstes Jahr
soll es auf die Straße kommen. Hamburg
hat Wasserstoffbusse mit zusätzlicher
Batterie im öffentlichen Nahverkehr getestet, Köln hat nachgezogen. Die Technik ist zwar noch nicht hundertprozentig ausgereift, aber im Kommen.
Aufbau zusammen meistern
Noch bedienen laut Industrieverband
VDMA hauptsächlich Unternehmen aus
Nordamerika und Asien den Markt.
Aber Europa zieht nach. In Norwegen
sind mit Nel, Powercell und Hexagon
Composites Anbieter rund um die
Brennstoffzelle entstanden, die starkes
Wachstum verzeichnen. In Deutschland, dem Vorreiterland der EU in Sachen Brennstoffzelle, bilden sich Kooperationen zwischen Energieversorgern, Maschinenbauern, der AutoindusChart: Bloomberg/smallCharts; Bild: H2 Logic A/S
trie und Tankstellenbetreibern, um eine Infrastruktur aufzubauen. Der
Energiekonzern Uniper forscht mit dem
Ölriesen BP am Aufbau eines Kraftwerks, Bosch tüftelt mit Powercell am
Brennstoffzellenantrieb. Das einzige
Unternehmen in Deutschland, dessen
Geschäft auf der Brennstoffzelle basiert
und das zudem börsennotiert ist, ist der
Münchner Ausrüster SFC Energy.
Unterschiedliches Wachstum
Im vergangenen Jahr haben sich einige Akteure aus dem Markt verabschiedet oder neu ausgerichtet. Das rege Treiben hinterlässt Spuren. Das Wachstum
ist divers. Beim Wasserstoffhersteller
und -vertreiber Nel belief sich das Umsatzplus im ersten Quartal auf neun Prozent, Wettbewerber Powercell kam auf
18 Prozent, und Hexagon Composite
schlug die Konkurrenz klar mit einem
Zuwachs von knapp 100 Prozent.
Auch bei den Ausrüstern zeigt sich ein
gemischtes Bild Bei SFC Energy ist der
Umsatz im vergangenen Jahr um knapp
14 Prozent auf rund 62 Millionen Euro
gestiegen. Beim kanadischen Weltmarktführer in der Ausstattung von
Fahrzeugen mit Wasserstoffzellen, Ballard Power, war der Umsatz 2018 sowie
im ersten Quartal 2019 rückläufig. Das
Unternehmen rechnet für das laufende
Jahr mit einer stagnierenden Entwicklung. Dennoch verzeichnete der Aktienkurs, getrieben vom Hype, in den vergangenen zwölf Monaten ein Plus von
31 Prozent.
Auch SFC Energy ist Teil des Trends,
in den letzten zwölf Monaten ist der Kurs
um knapp 60 Prozent nach oben geklettert. Nicht einmal die Ankündigung einer Kapitalerhöhung dämpfte die Euphorie der Anlege r; die Zeichnungsfrist
beginnt Ende Juni. SFC will etwa 25 Millionen Euro einnehmen, um mögliche
Zukäufe zu finanzieren und neue Brennstoffzellentechnologien schneller auf
den Markt zu bringen. Zudem will die
Firma ihre Präsenz in Asien stärken.
Erst die Explosion bei Oslo verschreckte Anleger: Die Explosion hat
Nel 20 Prozent Kursverlust eingebracht.
Schon zuvor war die Aktie im Korrekturmodus, weil seit Ende Mai zwei
Großinvestoren ihre Papiere auf den
Markt werfen. Aktien der Wettbewerber Power cell und Hexagon Composite
sowie Ballard Power gingen nach dem
Unfall ebenfalls in die Knie. Gegen Ende
der Woche erholten sich die Kurse aber
wieder. Zu verlockend sind offenbar die
Wachstumsaussichten.
Für den globalen Brennstoffzellenmarkt sieht das Researchhaus BCC ein
jährliches Wachstum von knapp elf Prozent bis 2024 auf ein Marktvolumen von
knapp 24 Milliarden Dollar. In Deutschland erwartet der VDMA einen wahren
Boom: 2022 soll der Branchenumsatz
bei 2,6 Milliarden Euro liegen. Im vergangenen Jahr waren es gerade mal
120 Millionen Euro.
Ein Treiber ist die Politik. Die EU fördert die Einführung von Bussen mit
Brennstoffzellenantrieb, der Bund investiert eine halbe Milliarde Euro in Forschungsprojekte, und die nördlichen
Bundesländer wollen gemeinsam zum
Wasserstoffmekka werden. China nimmt
gar mehrere Milliarden Euro in die Hand
und baut eine Industrie auf. Anleger können daran partizipieren — auf Rückschläge wie die Explosion bei Oslo sollten sie allerdings gefasst sein.
 
aus der Diskussion: NEL ASA - Elektrolyse-Spezialist aus Norwegen
Autor (Datum des Eintrages): awsx  (16.06.19 14:38:48)
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