Nachhaltig investieren
Die Politik mischt mit – die Märkte belohnen Nachhaltigkeit
Politische und geopolitische Ereignisse haben bedeutende Auswirkungen auf die Aktienmärkte. Erfahrene Investoren kennen den Begriff der „politischen Börse“: In bestimmten Phasen spielen dann die wirtschaftlichen Makrodaten und die Unternehmensdaten kaum noch eine Rolle – die Statements aus der Politik treiben dann die Aktienkurse. Wie beispielsweise bei den Handelskrieg-Etappen zwischen den USA und China. Wirtschaftsforscher hatten 2021 untersucht, was mit den Aktienkursen passierte, wenn die USA neue Sanktionen bekannt gegeben hatten. Durchschnittlich 4,8 Prozent fielen die Aktienkurse dann an den US-Börsen. Investoren machen dann eine einfache Rechnung auf: Sie klammern den China-Faktor aus ihren Kalkulationen aus, und dann sieht es bei den Umsatzprognosen vielleicht anders aus.
Generell belohnt die Handelspolitik klare Gewinner, und sie straft die vermeintlichen Verlierer an den Börsen ab. So fand man heraus, dass die Einführung des Europäischen CO2-Grenzausgleichssystems, einer Ausgleichsteuer für Produkte aus Ländern, die den Ausgleich von Emissionen nicht über Zertifikate oder Ähnliches steuern, zu Kursrückgängen der Aktien einiger chinesischer Stahlkonzerne geführt hatte. Je mehr CO2 diese Firmen emittierten, desto größer waren die Kursrückschläge. Auch die Regulierung spielt eine wichtige Rolle. Forscher haben 2023 untersucht, welchen Einfluss die Einführung einer neuen Nachhaltigkeitsberichterstattung auf die Aktienkurse in den USA hatte. Die Folge: Über alle Branchen fielen die Kurse um 1 Prozent. Besonders stark litten die Aktien von Firmen mit besonders großem Kohlendioxid-emissions-Fußabdruck. Einen ähnlichen Effekt stellte man fest, wenn Staaten für die Emissionen bestimmter Industrien und/oder für bestimmte Emissionen Gesamtgrenzwerte einführten. Diese Effekte waren in den ärmeren Ländern des Globalen Südens umso stärker, je mehr Handel sie zuvor bereits mit der EU hatten und je stärker die lokale Industrie betroffen war.
Und auch die Steuerregulierung hat einen Einfluss. Der US-Inflation Reduction Act (IRA), der die US-Wirtschaft nachhaltiger machen soll, hat die Gewinne etlicher Firmen kurz- und mittelfristig verbessert. Kurzfristige Steueranreize sind laut der jüngsten Forschung wirkungsvoller als mittelfristige gesetzliche Steuerreformwerke. Das widerspricht der „reinen Lehre“ der Fiskalpolitik, die größere Einflüsse auf die Aktienkurse ausschließt.
Für Investoren ergeben sich daraus einige hilfreiche Schlüsse. Die Nachhaltigkeitsregulierung spielt eine messbare Rolle für die Aktienkursentwicklung. Das Verdikt der Börse fällt umso eindeutiger aus, je klarer und stringenter die Regulierungen formuliert sind. An den Märkten kann man sich dann darauf einstellen. Wenn lasch oder vage reguliert wird, dann zeigen die Untersuchungen, dass die Investoren und die Firmenverantwortlichen einigermaßen orientierungslos sind – mit entsprechend geringeren Folgen an den Börsen, aber mit einer höheren Unsicherheit.
Aufgrund der zunehmenden Bedeutung von nachhaltigem Investieren berichtet Märkte & Zertifikate weekly an dieser Stelle jede Woche über Neuigkeiten am ESG-Markt sowie über die vielfältigen Aktivitäten von BNP Paribas in diesem Bereich.
Matthias Niklowitz
Matthias Niklowitz ist Analyst und Journalist in Zürich (Schweiz). Themenbereiche sind Innovationen, Nachhaltigkeit und Technologie. Nach dem Studium in Zürich (Sozial-, Umwelt- und Wirtschaftswissenschaften) arbeitete er in der universitären Forschung, bei Wirtschaftsmedien, in Banken und in Think Tanks in der Schweiz, in Frankreich, in Grossbritannien und in Deutschland. Matthias Niklowitz ist verheiratet, zur ganzen Familie gehören vier Kinder.
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