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     817  1 Kommentar Fallende Inflationsraten reichen nicht!

    Gerade hatte Frau Baerbock wirklich einmal Recht: Wenn wir aufhören würden, die Ukraine zu unterstützen, wird ja die Butter nicht billiger.

    Als der Kunde sich an der Kasse bei Aldi echauffiert, stehe ich direkt hinter ihm. Er sagt: „Jetzt geht die Inflation deutlich zurück, doch die Preise steigen trotzdem immer weiter!“

     

    Und ich finde, er hat recht. Er spricht genau das aus, was die Menschen fühlen. Mir geht es da genauso.

     

    Doch es ist hier auch nicht anders beim Klima und im Energiebereich: Man muss die Gefühle von der Logik trennen.

     

    Ich glaube, bei uns herrscht in der Bevölkerung ein irriges Gefühl über die Inflation vor. Und ich gebe zu, dass ich selbst davon auch nicht frei bin.

     

    Denn wir denken ja alle, wenn die Inflation jetzt zurückgeht, wird alles wieder gut. Und wenn sie dann im Zielkorridor von 2 Prozent angekommen ist, haben wir die Sache überstanden und alles ist wieder wie vorher.

     

    Doch kaum ein Gedanke könnte trügerischer und falscher sein. Denn es ist dann NICHTS mehr wie vorher.

     

    Die Inflation ist in Deutschland gemessen am Verbraucherpreisindex von 8,7 % am Jahresanfang auf jetzt 6,1 % gefallen, jeweils gerechnet gegenüber dem Vorjahresmonat

     

    Nehmen wir einmal der Einfachheit an, wir hätten letztes Jahr 8 % Inflation gehabt und würden dieses Jahr 6 % erreichen.

     

    An dieser Stelle kommt dann der erboste Aldi-Kunde ins Spiel. Denn es gibt leider einen entscheidenden Unterschied zwischen den Veränderungsraten der Preise und den absoluten Preisen, also den Preisen, die auf dem Preisschild stehen.

     

    Im Grunde weiß das sicherlich auch jeder, doch das Wissen geht dann manchmal im Getümmel verloren. Da dominieren dann die Gefühle.

     

    Es ist nämlich leider eine Tatsache, dass wir dann, wenn wir letztes Jahr 8 % Inflation hatten und dieses Jahr 6 % Inflation haben, uns nicht wirklich über den Rückgang freuen können.

     

    Selbst dieser Rückgang bedeutet nämlich, dass sich im Zeitraum von Anfang 2022 bis 2023 die Preise um grob gesprochen 14 % erhöht haben. Weil die Zuwachsraten bei der Betrachtung der Preise auf dem Preisschild sich nämlich addieren.

     

    Und wenn wir jetzt neben 2022 und 2023 auch noch die Vorgeschichte betrachten sowie daran denken, wie das 2024 weitergehen wird, dann kann einem schon übel werden.

     

    Denn 2021 lag die Inflation bei 5 % und 2024 wird es bestimmt auch noch eine deutlich über 2 % liegende Preissteigerung geben.

     

    Insgesamt werden wir dann also mehr als 20 % Preisanstieg in vier Jahren erlebt haben. Und das ist nur das, was die offizielle Statistik ausweist, der Schnitt dessen, was ein normaler Mensch so einkauft, liegt sicher darüber.

     

    Ende 2024 wird dann hierzulande alles roundabout 25 Prozent teurer sein als im Jahr 2021, so denke ich. Und das bleibt so. Das geht eher noch weiter hoch, aber niemals mehr nach unten.

     

    Spiegelbildlich bedeutet das, dass diejenigen, die für ihre Rente ansparen, in Kaufkraft betrachtet plötzlich ein Viertel weniger haben. Schwuppdiwupps, ein schneller Schnitt und ein großer Teil es Ersparten ist plötzlich verschwundibus.

     

    Und wer sich eine Wohnung gekauft hat, der wird noch viel schlechter aussehen. Nur die Aktienbesitzer kommen wohl einigermaßen gut durch.

     

    Inflation ist wirklich das Brutalste, was es in der Wirtschaft gibt.

     

    Der einzige Trost, der jetzt noch bleibt, ist, dass dann, wenn sich so eine Krise wiederholt, die absoluten Verluste das nächste Mal geringer ausfallen werden.

     

    Bernd Niquet

     

    berndniquet@t-online.de


    Bernd Niquet
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    DER NEUNTE BAND VON "JENSEITS DES GELDES" IST ERSCHIENEN: Bernd Niquet, Jenseits des Geldes, 9. Teil, Leipzig 2023, 648 Seiten, 23,50 Euro

    Leseprobe: "Jenseits des Geldes".

    Eigentlich war ich vollkommen sicher, dass jetzt die Zeit dieser ganzen Auseinandersetzungen hinter mir lag. Deswegen hatte ich auch extra meine Mietrechtschutzversicherung gekündigt. Dann habe ich aber doch einmal in die Betriebskostenabrechnung hineingeschaut und musste unwillkürlich rechnen. 29.220 Euro im Jahr 2018 für die Reinigung der Treppen und Flure, das sind 93 Euro pro Haus pro Woche. Ich würde das jeweils in zehn Minuten schaffen, doch selbst wenn die ungelernte Hilfskraft zwanzig Minuten braucht, sind das 279 Euro Stundenlohn, den die Leiharbeitsfirma dafür einfährt. Wer dabei nicht an Sizilien denkt, kann eigentlich nicht mehr voll bei Verstand sein.

    Bernd Niquet ist Jahrgang 1956 und wohnt immer noch am letzten grünen Zipfel der Failed Stadt Berlin. Die ersten acht Teile von „Jenseits des Geldes“ sind ebenfalls im Engelsdorfer Verlag erschienen, und zwar in den Jahren 2011, 2012, 2013 sowie 2018, 2019, 2020, 2021 und 2022.

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    Verfasst von Bernd Niquet
    Fallende Inflationsraten reichen nicht! Gefühle täuschen über die brutale Realität hinweg

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    Kommentare

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    29.10.23 16:03:57
    Kostolany " Inflation ist wie ein warmes angenehmes Bad man muss nur aufpassen dass es nicht zu heiß wird".

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