Trauerfall oder Gelegenheit?
So günstig wie noch nie: Aktien von Junior-Minenunternehmen
Diskrepanzen bei Minenaktien: Kleinere Minenunternehmen sind trotz erheblichen Goldvorkommen stark unterbewertet. "Naked Shorts" und Marktmanipulation könnten dafür verantwortlich sein.
Die Stimmung für Edelmetalle ist mies und noch deutlich schlechter ist sie für die Aktien kleinerer Minenunternehmen. Im Vergleich zweier populärer ETFs ist das abzulesen: In den letzten drei Jahren lief der SPDR Gold Shares (GLD) unter Schwankungen seitwärts, der VanEck Junior Gold Miners (GDXJ) hat im selben Zeitraum etwa 40 Prozent an Kurswert eingebüßt.
Diskrepanz zwischen Kurs und Unternehmenswert
Die Bewertungen von Explorern und Minenentwicklern kann man nur noch als ''ausgebombt'' bezeichnen. Wie günstig oder teuer eine Minenaktie ist, dafür liefert die Maßzahl Enterprise Value
(Börsenwert + Schulden – Vermögenswerte) dividiert durch Goldunzen im Boden einen guten Anhaltspunkt. Dieser Wert liegt normalerweise bei 70 bis 100 US-Dollar/oz (Reserven) bzw. 30 bis 40 USD/oz
(Ressourcen). Aber selbst bei Qualitätsunternehmen mit Liegenschaften im politisch sicheren Nordamerika wird das Gold, das irgendwann einmal mit Gewinnmargen von mehreren Hundert US-Dollar pro Unze
gefördert wird, aktuell nur mit 10 US-Dollar pro Unze bezahlt – das ist ''spottbillig''. Zwei Beispiele: O3 Mining (IK) mit 11 US-Dollar/oz (Reserven), Goldshore Resources (IK) mit 4 US-Dollar/oz
(Ressourcen).
Es stellen sich zwei Fragen: Wie kam es zu diesen großen Diskrepanzen zwischen Kurs und Unternehmenswert – und lohnt es sich, diese niedrigen Bewertungen zu nutzen und einzusteigen?
Naked Shorts: Haie an der Börse
Terry Lynch, Gründer und Sprecher der Organisation ''Save Canadian Mining'' ist der festen Überzeugung, dass für die niedrigen Kurse kleiner Minenunternehmen ungedeckte Leerverkäufe (Naked Shorts)
mitverantwortlich sind. Nach einer von ihm in Auftrag gegebenen Studie fallen etwa 20 Prozent der Börsenumsätze an der TSX.V in Toronto in diese Kategorie. Diese Art des Tradings, bei dem sozusagen
aus dem Nichts Aktien geschaffen und diese dann auf den Markt geworfen werden, wurde möglich, nachdem die kanadische Börse im Jahr 2012 ihre Regeln liberalisiert hatte. Vorher durften Leerverkäufe
nur nach einem positiven ''Tick Test'' getätigt werden, d.h. nur an Börsentagen mit steigenden Kursen. Seit Abschaffung dieser Regel wird in Kursschwächen hineingeshortet und dadurch eine
Abwärtsspirale in Gang gesetzt, die finanziell schwache Unternehmen in die Pleite treiben kann. Save Canadian Mining betreibt deshalb Lobbyarbeit mit dem Ziel, diese ungedeckten Leerverkäufe zu
verbieten. ''Broker und Hedgefonds verdienen daran'', sagt Lynch. ''Die eigentliche Funktion einer Börse, Kapital zu beschaffen für Investitionen, geht verloren.''
Terry Lynch ist CEO von Power Nickel
und gründete die Lobbyorganisation
''Save Canadian Mining''
Diese Naked Shorts werden auch nicht wie reguläre Leerverkäufe, bei denen sich der Verkäufer die Aktien vorher leiht, von der Börse ausgewiesen. Dafür, dass das stattfindet, gibt es ein gutes Indiz. Lynch beobachtete, dass der Metals & Mining Index der TSX normalerweise über dem TSX-Rohstoffindex liegt. Seit 2012 liegt er da-runter und die Schere öffnet sich immer weiter. Wir haben das aus Praktikabilitätsgründen mit GLD vs. GDXJ nachvollzogen, mit einem erstaunlichen Ergebnis: Der Goldpreis in US-Dollar (GLD) hat seit 2012 um 15 Prozent zugelegt, die Minenaktien (GDXJ) liegen seit Januar 2012 um 70 Prozent im Minus. Fundamental ist diese extreme Diskrepanz nicht zu begründen.
Timing wichtiger als Aktienauswahl
Die Leerverkäufer agieren wie Haie: Wenn sie technisch angeschlagene Aktien entdecken, greifen sie an. Die Frage, wann sich der Einstieg bei kleinen Minenwerten lohnt, wird damit zum Teil
beantwortet: wenn die Stimmung für Edelmetalle von extremem Pessimismus in Richtung Euphorie dreht – dann werden die Leerverkäufer ihre Positionen eindecken. Sie werden nie gegen einen positiven
Markttrend spekulieren.
Bei Edelmetallwerten ist deshalb das Timing mindestens so wichtig wie die Aktienauswahl. Wir haben für die Watchlist einige eher konservative Investitionsmöglichkeiten aus dem Junior-Bereich betrachtet.
Aufwärtspotenzial bei wenig Risko
''Unsere Aktie bietet Aufwärtspotenzial, und das bei geringem Risiko nach unten'', so José Vizquerra, CEO von O3 Mining (WKN: A2PNTH; IK), bei einer Unternehmenspräsentation in
Frankfurt. O3 Mining entwickelt das Marban-Projekt in der Abitibi-Region in Quebec (Kanada). Es gibt bereits eine Vor-Machbarkeitsstudie für eine Mine mit 161.000 Unzen Gold Jahresproduktion.
José Vizquerra, CEO des Minenentwicklers O3 Mining,
hält sein Unternehmen für stark unterbewertet
Der Clou dabei: Agnico Eagle betreibt nur zwölf Kilometer entfernt die riesige Canadian-Malartic-Mine. Diese hat eine Gesteinsmühle mit einer Verarbeitungskapazität von 60.000 Tonnen pro Tag, die
nach der Umstellung der Förderung von Open Pit auf Underground über freie Kapazitäten verfügt. Vizquerra ist optimistisch, dass er mit Agnico Eagle einen Deal aushandeln kann: Das Erz von Marban
wird bei Canadian Malartic gemahlen, im Gegenzug erhält Agnico Eagle von O3 Mining ein für Canadian Malartic dringend benötigtes Grundstück.
So würden sich die Kosten für den Bau der Mine auf sensationell niedrige 200 Millionen Kanadische Dollar halbieren. Als Mitglied der Osisko-Gruppe hat O3 Mining kein Problem, das zu finanzieren. Mit einem Enterprise Value von 59,8 Millionen Kanadische Dollar ist O3 Mining niedrig bewertet. Der Kurs steht aktuell bei etwa 1,40 Kanadische Dollar. Vizquerra hat im Dezember 2020 auf eigene Rechnung….
Rainer Kromarek
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Erscheinungsdatum 30.09.2023