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     2921  0 Kommentare Sparen oder Schulden machen? - Seite 4



    Schulden sind dann nicht geeignet, das Problem zu lösen, denn es werden immer mehr erforderlich. So lange die Finanzindustrie hieran problemlos verdient, läuft das Spiel noch weiter. Aber diesen Punkt haben wir im Herbst 2008 überschritten. Schulden lassen sich in einer solchen Situation nicht mit Schulden bekämpfen. Natürlich kann der Punkt, an dem es kracht, immer noch ein Stück hinausgeschoben werden, z.B. indem die Notenbanken ein Stück weit die Rolle des Staates übernehmen und Anreize finanzieren – wie z.B. die EZB über ihre LTROs. Das hat aber den Nachteil aller liquiditätspolitischen Maßnahmen der Notenbanken, dass sie sehr indirekt wirken, nicht zielgerichtet eingesetzt werden können, kaum steuerbar sind. Dementsprechend hoch müssen die bewegten Summen sein.

    Rigides staatliches Sparen alleine bewirkt ebenfalls keine Verbesserung. In einer strukturellen Krise zieht das Argument nicht, ein schlanker Schuldner sei ein besserer Schuldner. Denn es geht im Grunde gar nicht um die Höhe der Schulden, sondern um die Bonität, besser gesagt das Vertrauen in die Fähigkeit eines Schuldner/Staates, die Situation in den Griff zu bekommen.

    Den Finanzmärkten ist ein hoher Verschuldungsgrad recht. Daran lässt sich gut verdienen, so lange die Rückzahlung nicht gefährdet ist. Ob die „Märkte“ jemals an Merkels Fiskalpakt geglaubt haben, ist schwer zu sagen, insbesondere weil die EZB fast zeitgleich ihre LTROs angeworfen hat. Die zeitweilige Outperformance des DAX lässt vermuten, dass damit die Verzögerung bei der Eurozonen-Angleichung durch deutsche Inflationierung eingepreist wurde. Jetzt jedenfalls beginnen die „Märkte“ am Sparpakt zu zweifeln und „honorieren“ z.B. Spaniens Sparwillen mit steigenden Zinsforderungen.

    Das Thema “Wachstum oder Sparen” kocht aktuell auch deswegen wieder hoch, weil seit vielen Wochen US-Makrodaten Schwäche zeigen. Die „Erstanträge“ in den USA steuern jetzt wieder auf die magische Grenze von 400.000 zu, für März wurde der Auftragseingang für langlebige Wirtschaftsgüter mit minus 4,2% gemeldet – der stärkste Fall in drei Jahren. In Europa zieht in immer mehr Ländern eine Rezession auf. Und China meldet stärker als erwartete Bremsung im ersten Quartal. Das kommt gar nicht gut, wird doch Wachstum als Allheilmittel gegen die Folgen eines hohen Verschuldungsgrads gesehen.

    Sparen oder Anreize, sprich Schulden? Die Diskussion hierüber ist so lange fruchtlos, so lange man nicht an die Wurzeln des strukturellen Übels geht – siehe oben. Natürlich kann man mit “Medikamenten” aus der zyklischen Werkzeugkiste Heilung versuchen. Aber man wird davon eine enorme Überdosierung brauchen, damit sie überhaupt ein wenig wirken. (Das Codewort der Volkswirte hierzu heißt “Liquiditätsfalle”.) Dementsprechend groß sind dann die Nebenwirkungen. Und genau das passiert auch.

    Erwähnte Chart und weiterführende Links können hier eingesehen werden: http://www.timepatternanalysis.de/Blog/2012/04/26/sparen-oder-schulden-machen/

    ETF-Portfolio, Derivate-TrackRecord, Analysen und Prognosen unter TimePatternAnalysis.

    Kontakt: info@timepatternanalysis.de
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    Klaus Singer
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    Verfasst von Klaus Singer
    Sparen oder Schulden machen? - Seite 4 Und plötzlich wird in der Eurozone entdeckt, dass Sparsamkeit nicht alles ist. Nachdem sich Merkel mit ihrem Spardiktat zunächst durchsetzen konnte, wachsen die Widerstände dagegen immer weiter. Jetzt hat EZB-Chef Draghi vor dem europäischen …

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