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    Währungsunion  1128  0 Kommentare Kohl-Regierung war sich der Euro-Risiken bewusst

     

    Das überschuldete Italien hätte zum Euro-Start 1999 nicht in die Währungsunion aufgenommen werden dürfen. Das geht aus bislang unter Verschluss gehaltenen Akten der Regierung von Kanzler Helmut Kohl (CDU) aus den Jahren 1994 bis 1998 hervor, die die Bundesregierung auf Antrag des Nachrichten-Magazins „Der Spiegel“ freigegeben hat. 
     
    Darunter befinden sich Berichte der deutschen Botschaft in Rom, regierungsinterne Vermerke und Briefe sowie handschriftliche Protokolle von Kanzlergesprächen. Die Dokumente im Umfang von mehreren hundert Seiten zeigen, dass die Defizite bei der Einführung des Gemeinschaftsgeldes auch den deutschen Euro-Gründungsvätern bekannt waren. Doch am Ende entschieden nicht wirtschaftliche Kriterien über den Beitritt Italiens zur Währungsunion, sondern vor allem politische Erwägungen. Und das, obwohl bis zur endgültigen Entscheidung über den Euro-Teilnehmerkreis im Mai 1998 Bedenken in der Bonner Regierung bestanden. Wie der „Spiegel“ berichtet wies der außenpolitische Berater von Kanzler Kohl, Joachim Bitterlich, noch im Januar 1998 in einem Vermerk darauf hin, dass die Defizitreduzierung Italiens vor allem auf außergewöhnliche Effekte wie die Sondersteuer für Europa und im internationalen Vergleich überproportional gesunkene Marktzinsen zurückzuführen sei. Ebenfalls im Januar 1998 hielt der Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, Jürgen Stark, anlässlich eines Treffens mit einer italienischen Regierungsdelegation fest, die „Dauerhaftigkeit solider öffentlicher Finanzen“ sei „noch nicht gewährleistet“.
     
    Der Euro-Beitritt Italiens warf auch verfassungsrechtliche Fragen auf. Aus den Akten geht hervor, dass die Bundesregierung intern anders argumentierte als gegenüber den Karlsruher Richtern. Vier Professoren hatten damals gegen die Einführung des Euro geklagt. Die Klage sei „offensichtlich unbegründet“, erwiderte die Bundesregierung vor Gericht, nur bei einer „groben Abweichung“ von den Maastricht-Kriterien habe die Klage eine Berechtigung, und eine solche Abweichung sei „weder erkennbar noch zu er- warten“. Nach einer Besprechung des Kanzlers mit Finanzminister Theo Waigel und Bundesbankchef Hans Tietmeyer über das Verfahren in Karlsruhe notierte der damalige Wirtschafts-Abteilungsleiter im Kanzleramt, Sighart Nehring, allerdings, mit den „hohen Schuldenständen“ Italiens seien „enorme Risiken verbunden“. Die Schuldenstruktur des Defizits sei „ungünstig“, schon bei geringem Zinsanstieg würden die entsprechenden Ausgaben deutlich steigen, so der „Spiegel“ weiter. Der Vermerk blieb jedoch folgenlos.



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