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    Spanien verzögert, Italien in der Krise  5369  3 Kommentare Frankreich als nächstes auf der Liste

    Frankreich als nächstes auf der Liste
     
    Die Europäische Zentralbank (EZB) hat in ihrer Sitzung diese Woche die Leitzinsen unverändert bei 0,75 Prozent belassen und sich auf Rhetorik beschränkt. EZB-Präsident Mario Draghi hat in seiner Argumentation einmal mehr versucht, die Politik zum Handeln zu ermuntern. Nachdem er ja im September mit seiner Ankündigung unbegrenzter Aufkäufe von Anleihen notleidender Staaten die Finanzierungskonditionen für Spanien, Italien und Frankreich verbessert hat, liegt es nun aber an den Staaten selbst, durch ein Eintreten unter den Rettungsschirm die Voraussetzungen für diese Aufkäufe auch tatsächlich zu schaffen. Bisher profitiert Spanien durch deutlich günstigere Zinssätze, die sich allein durch die Ankündigung ergeben haben. Den Schritt unter den Rettungsschirm wollen die stolzen Spanier aber so lange wie möglich hinauszögern, da sie natürlich der EZB, dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und der EU kein Mitspracherecht an ihren finanz- und wirtschaftspolitischen Entscheidungen geben möchten. Vielmehr behaupten sie, dass ein Rettungspaket gar nicht notwendig sei. Gleichwohl ist das Spiel – und der Ausdruck „Spiel“ ist im Rahmen einer so ernsten Angelegenheit leider ein Zeichen der unverantwortlichen Handlungsweise der spanischen Politiker – durchschaubar. Spanien hofft durch ein Hinauszögern die Chance zu bekommen, gemeinsam mit Italien, das ebenfalls tief in der Krise steckt, die Bedingungen eines Hilfspakets besser verhandeln zu können. Eines ist ja schon heute klar: Die Troika lässt sich seit nunmehr zwei Jahren von Griechenlands Politikern vorführen. Da kann man sich leicht vorstellen, dass für Spanien und Italien noch viel mehr gilt: Nicht der Gläubiger, sondern der Schuldner sitzt am längeren Hebel. Ein klares Indiz für diese Logik ist das Verhalten Frankreichs. Es gibt dort, trotz unzähliger Gründe, keinerlei ernsthafte Reformbereitschaft der neuen Regierung. Frankreich zieht schon länger nicht mehr an einem Strang mit Deutschland, wenn es um die Lösungsansätze für die Finanzkrise in Europa geht. Strukturreformen, Ausgabenkürzungen und eine schrittweise Veränderung der Steuersysteme müssten überall auf der Tagesordnung stehen. Stattdessen hat man durch taktisches Hinauszögern die EZB dazu gezwungen, den Finanzmärkten durch die Ankündigung der Anleihekäufe ein Sicherheitsnetz zu spannen. Gelddrucken ist natürlich für die Politiker viel angenehmer als ihren Wählern unangenehme strukturelle Anpassungen und Sparprogramme zu vermitteln. Warum die EZB inzwischen der finale Helfer in der Krise sein muss, wird auch in einer anderen Betrachtung klar: Mit Spanien und Italien sind inzwischen zwei große Länder, die ja beim ersten Paket für Griechenland und Portugal noch als Retter und Zahler aufgetreten sind, selbst zum Problemfall geworden. Und Frankreich ist der nächste auf der Liste. Damit bleiben neben Deutschland nur mehr Finnland, Holland und das winzig kleine Luxemburg als Retter übrig. Selbst Österreich mit seiner starken Exponiertheit gegenüber dem wachstumsschwachen Osteuropa gehört aktuell nicht zum wirklich harten Kern.
     
    Keine Einigkeit der EU über Reformen
     
    Die EZB muss daher aus Sicht der Politiker das System retten, indem sie mehr neues Geld zur Verfügung stellt. Offiziell natürlich nur, um den Politikern die Zeit zu geben langfristige Reformen einzuleiten, als Überbrückungshilfe also. Schlimm nur, dass es innerhalb der EU keinerlei Einigkeit darüber gibt, wie diese Reformen genau aussehen sollen und wohin diese Brücke genau führen soll. Die Vermutung liegt daher nahe, dass die Reformen halbherzig gemacht werden oder ganz ausbleiben und man sich an die Verfügbarkeit der EZB-Gelder gewöhnt, so wie man das inzwischen in den USA und Japan gelernt hat, wo die Notenbanken die Geldschleusen schon länger geöffnet haben und alle paar Monate eine weitere Verlängerung der Maßnahmen beschließen müssen. Erklärtes Ziel ist es dabei, die Unterstützung so lange zu gewähren, bis die Wirtschaft wieder eigenen Tritt fasst und ein Wachstum mit positiven Effekten auf den Arbeitsmarkt entsteht. Bisher zeigt sich aber, dass die Liquiditätsversorgung nur eine notwendige Komponente ist, jedoch nicht zwangsläufig zu Wachstum führt. Genauso wie ein schlechter Zahn zwar mit Schmerzmitteln immer wieder beruhigt werden kann, schlussendlich aber nur eine Operation an der Wurzel die Situation nachhaltig lösen kann.
     
    Ob die Gelddruckaktionen der EZB, wenn sie erst mal damit begonnen hat, tatsächlich mittelfristig zu Inflation führen, bleibt fraglich. Kommt es nämlich in den meisten Staaten nicht zu Reformen und nachhaltigen Verbesserungen der Rahmenbedingungen, dann bleibt das Wachstum aus und die Zinsen bleiben daher auch über Jahre tief. Lohnsteigerungen werden sich dann nicht mehr durchsetzen lassen, geringe Erträge auf den Kapitalanlagen beschränken die Kaufkraft der Sparer, Altersvorsorgeprodukte erzielen keine Renditen und geringere Steuereinnahmen des Staates führen zwangsläufig zu Einschnitten im Sozialsystem und damit ebenfalls im Konsumpotential. Das klingt mehr nach japanischer Deflation und nicht – wie viele Deutsche im Moment befürchten – nach galoppierender Inflation.
    Kapitalanleger müssen genau rechnen
    Vor diesem Hintergrund ist es für Baufinanzierungskunden auf jeden Fall empfehlenswert, bei der Strukturierung ihrer Finanzierung auf höhere Tilgungen zu achten. Die aktuell tiefen Zinsen führen bei annuitätischen Darlehen sonst zu extrem langen Laufzeiten bis zur Rückzahlung. Für Eigennutzer ist, trotz zuletzt in vielen Großstädten gestiegenen Kaufpreisen, der Erwerb einer Wohnung oder eines Hauses bei den historisch günstigen Zinsen sehr sinnvoll. Wir empfehlen aber auch hier, eine konservative Strukturierung der Finanzierung mit Eigenkapitaleinsatz und entsprechender Tilgung, da nur das abbezahlte Eigenheim schlussendlich ein sicherer Vermögenswert ist.
     
    Kapitalanleger müssen in der inzwischen beginnenden Immobilieneuphorie genau rechnen. Viele Verkäufer von Kapitalanlageimmobilien haben die tiefen Zinsen und die Euro-Angst in ihre Angebotspreise längst mit eingerechnet und die Preise radikal nach oben gezogen. In gesuchten Städten werden heute Wohnungen, die noch vor drei Jahren beim 15-fachen der Jahresmiete angeboten wurden, jetzt beim 30-40-fachen gehandelt. Im langfristigen Vergleich sind das absurde Bewertungen. Entweder werden die Zinsen wieder steigen und dann würde eine Brutto-Vermietungsrendite von 2,5 - 3,3 Prozent im Vergleich zu Bundesanleihen, bei dann vielleicht wieder 5 Prozent, den Immobilienwert sinken lassen. Oder eine deflationäre Entwicklung bremst die erwarteten Mietsteigerungen und senkt damit die Nachfrage nach Immobilienanlagen.
     
    Für die nächsten Wochen erwarten wir bei den Baugeldzinsen eine Seitwärtsbewegung. Sollte Spanien in den nächsten Wochen doch unter den Rettungsschirm gehen und Herr Draghi mit seinem Kaufprogramm auch wirklich loslegen, so erwarten wir sinkende Zinsen in den Krisenländern aber einen Zinsanstieg bei deutschen Bundesanleihen. Das würde auch die Konditionen für Baugeld erhöhen.
    Robert Haselsteiner
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    Verfasst von 2Robert Haselsteiner
    Spanien verzögert, Italien in der Krise Frankreich als nächstes auf der Liste Eines ist ja schon heute klar: Die Troika lässt sich seit nunmehr zwei Jahren von Griechenlands Politikern vorführen. Da kann man sich leicht vorstellen, dass für Spanien und Italien noch viel mehr gilt: Nicht der Gläubiger, sondern der Schuldner sitzt am längeren Hebel.