Bittere Wahrheit
Warum Griechenland im Euro bleiben muss
Die Griechenland-Rettung ist kein politisches Projekt. Es geht um Erdgas. Die EU will sich aus der Abhängigkeit vom russischen Erdgas befreien und baut deshalb eine Pipeline, die von der Türkei über Griechenland nach Italien führt. Um das Projekt nicht durch einen Kollaps in Griechenland zu gefährden, wird Griechenland im Euro gehalten. Die bittere Wahrheit für die Griechen: Es geht um ihr Land, nicht um die Menschen.
Immer wieder fragt man sich: Warum pumpt die EU Milliarden an europäischen Steuergeldern nach Griechenland? In Griechenland gibt es kein Öl, keine Industrie – nichts, was die Europäer wirklich brauchen. Im Urlaub könnten die Europäer in Griechenland auch mit Drachmen zahlen.
Warum also diese Nibelungentreue?
Die Antwort findet man dort, wo man immer Antworten findet, wenn viel Geld im Spiel ist: In der Energiepolitik.
Europa hat sich in eine missliche Lage manövriert: Die EU ist komplett abhängig von Russland. Der vom ehemaligen deutschen Bundeskanzler beratene Gazprom-Konzern hat die Lizenz zum Gelddrucken – weil Russland der größte Gaslieferant für Industrie und Wohlstand in der EU ist.
Diese Abhängigkeit ist ein Problem für die EU: Die Russen können machen, was sie wollen – über Gazprom beherrschen sie den europäischen Markt.
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Davon will, davon muss sich die EU befreien.
Daher haben EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso und der deutsche Energie-Kommissar Günther H. Oettinger am 28. Juni 2013 ganz außerordentlich gefreut, als Aserbaidschan bekannt gab, seine Erdgas-Vorkommen von Shah Deniz II über die Trans-Adriatische-Pipeline (TAP) nach Europa zu liefern. Dies sei ein großer „Erfolg für Europa und ein Meilenstein zur Energie-Sicherheit unserer Union“, sagte Barroso.
Oettinger, der zuvor noch zwischen dem von Joschka Fischer beratenen Nabucco-Projekt und TAP laviert hatte, sagte: „Wir haben nun einen neuen Partner für Gas, und ich bin zuversichtlich, dass wir in Zukunft mehr Gas erhalten werden.“
Das kann die EU dringend brauchen, denn auch eine andere Quelle ist im Moment in Bedrängnis: Aus Syrien kommt nichts, weil dort keine Pipeline gebaut werden kann – und die EU sich politisch eingegraben hat und seit einiger Zeit ein Erdöl-Embargoverhängt hat, um Assad zur Vernunft zu bringen.
Um das Gas zu erhalten, braucht Brüssel Griechenland: Denn die Pipeline geht über weite Strecken durch Griechenland: Zwei Drittel der ganzen Pipeline laufen über griechisches Territorium. Die Griechen werden 1,5 Milliarden Euro an Investments für den Bau erhalten. Genau dieser Betrag fehlt den Griechen, weil sie die Privatisierungen nicht wie von der Troika aus EZB, EU und IWF durchgeführt haben. So haben die Griechen verhindert, dass der staatliche Gaskonzern DEPA in private Hände wandert. Offizieller Grund: Niemand hat einen vernünftigen Preis geboten.
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Der Text erschien ursprünglich auf der Seite der "Deutsche Wirtschafts Nachrichten": www.deutsche-wirtschafts-nachrichten.de