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    Prokon-Insolvenz  24657  0 Kommentare Prokon-Genussrechte wahrscheinlich nichts wert - Für Anleger höchste Zeit zu handeln

    Vor Kurzem machte eine Meldung auf wallstreet:online die Runde: „Prokon - Anlagen und Genussrechte im Visier der Schnäppchenjäger“. Doch jetzt ist klar, der Hedgefonds bietet den Anlegern nur „knapp über null Prozent“ ... oder auch gar nichts. ein konkretes Angebot liegt noch nicht vor. Das Management von Prokon spielt inzwischen mit dem Gedanken der Umwandlung in eine Genossenschaft. Was sollen Anleger nun tun? wallstreet:online zeigt exklusiv konkrete Ansatzpunkte für eine Klage auf Schadenersatz.
     

    Bei PROKON warten alle auf die offizielle Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Zum vorläufigen Insolvenzverwalter wurde am 22.01.2014 Herr Dr. Dietmar Penzlin bestellt. Bisher gibt es außer der ersten, sehr allgemein gehaltenen Pressekonferenz, keine offiziellen Verlautbarungen des Insolvenzverwalters. Die Entscheidung über die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens muss bis Ende April getroffen werden. Bis dahin gilt es, viele Unterlagen zu sichten und sich einen Überblick über die wahre Finanzlage des Unternehmens zu verschaffen. Die Zeit wird Penzlin auch brauchen, denn die Finanzen von PROKON scheinen nicht so zu sein, wie bisher angenommen.

    Bis zum 20.12.2013 veröffentlichte das Unternehmen jeweils nur einen „Entwurf der Bilanz“ und verschickte diesen auch an seine zahlreichen Anleger. Den Anlegern gegenüber wurde viel von Transparenz geredet. Gegenüber den wesentlich kritischer eingestellten Medien gab es diese Transparenz schon seit dem 29.05.2013 nicht mehr. Nach einigen kritischen Berichten hat das Unternehmen offiziell jegliche Kommunikation mit der Presse eingestellt und seitdem keinerlei Presseanfragen beantwortet.

    Wurde den PROKON-Anlegern gegenüber Transparenz groß betont, scheint sich jedoch herauszustellen, dass die kommunizierten Zahlen wohl zumindest teilweise falsch waren bzw. einen falschen Eindruck erweckten.

     

    Die Geschäfte der PROKON unterteilen sich grob in die folgenden drei Geschäftsbereiche:

    1. Windenergie
    2. Biogene Kraftstoffe
    3. Biomasse

     

    Laut dem letzten „Entwurf zur Bilanz“, der auf den 31.10.2013 datiert, wurden die Vermögenswerte wie folgt bilanziert: 

    1. Windenergie = 788,8 Mio. Euro
    2. Biogene Kraftstoffe = 108,7 Mio. Euro
    3. Biomasse = 199,3 Mio. Euro.

     

    Die Mitarbeiteranzahl von PROKON wurde zuletzt mit 1.306 angegeben. Soweit so gut. Allerdings hat sich durch weitere Medienberichte herausgestellt, dass ein erheblicher Teil der von PROKON ausgewiesenen Vermögenswerte gar nicht zu einer PROKON-Tochtergesellschaft, sondern zur HIT Holzindustrie Torgau OHG gehören. Diesem Unternehmen hat PROKON ein Darlehen über mindestens 250 Mio. Euro gegeben, gegen 10 % Zinsen.

    An der HIT Holzindustrie Torgau beteiligt ist die PROKON nicht. Man hatte wohl ursprünglich einmal eine Mehrheitsbeteiligung angestrebt, dies scheint aber seit langem vom Tisch. Aktuell gibt es diesbezüglich keine Pläne, wie die HIT selbst in Schreiben an ihre Kunden berichtet. Es sieht also so aus, als hätte PROKON in seinen letzten Berichten an die Anleger Vermögenswerte ausgewiesen, die ihnen nicht gehören. Lediglich das Darlehen dürfte PROKON ausweisen. Die HIT Holzindustrie Torgau selbst arbeitet seit Jahren mit Verlust und weist in ihren eigenen Jahresabschlüssen darauf hin, dass die Finanzlage des Unternehmens auch in den kommenden Jahren  keinen Gewinn erwarten lässt und man eine hohe Abhängigkeit von den Zinskosten habe.

    Als PROKON anfing, die HIT zu finanzieren, geschah dies zu einem Zeitpunkt, als Banken die Finanzierung nicht mehr übernehmen wollten. PROKON beteiligte sich somit als Wagniskapitalgeber für den Mittelstand, ohne eigene Vermögenswerte zu erwerben. Das Bild von „PROKON als Robin Hood“, um die finanziell angeschlagene HIT Holzindustrie Torgau zu retten und die bösen Banken als Kreditgeber abzulösen, passt zum Selbstbild eines Weltverbesserers und Bankenhassers wie PROKON-Gründer Carsten Rodbertus. Ob dies allerdings auf der Grundlage von geliehenem Geld - dem Geld der Anleger - geschehen sollte, ist fraglich.

    Bei der Kreditaufnahme durch PROKON - anhand der Ausgabe von Genussrechten an Anleger - haben die Anleger einen „Verkaufsprospekt“ bekommen, in dem die Mittelverwendung der Gelder festgeschrieben wurde. Den Anleger wurde die Finanzlage der PROKON erklärt und was das Unternehmen mit dem Geld zu erwerben beabsichtigt. In diesen Prospekten müssen neben den Investitionszielen auch die Risiken dargestellt werden, die sich aus dem Erwerb der Genussrechtsbeteiligung ergeben. Sollte sich jetzt herausstellen, dass tatsächlich wesentliche Finanzmittel nicht in eigene Sachanlagen investiert wurden und man gegen seinen eigenen „Prospekt“ verstoßen hat, könnten sich daraus weitreichende Konsequenzen auch für die Anleger der Prokon-Genussrechte ergeben.

    wallstreet:online hat dazu mit Rechtsanwalt Kaltmeyer von der Kanzlei FEIL KALTMEYER in Berlin gesprochen. In einem Artikel vom 5.12.2013 wies wallstreet:online als erstes deutsches Publikationsmedium konkret auf die aktuelle Gefahr einer Insolvenz von PROKON hin. Anfang Januar 2014 wurde diesse GEfahr nochmals bekräftigt: Prokon-Insolvenz bereits im Januar? Im Allgemeinen wurde diese Tragweite und die letztendliche Konsequenz für die Anleger - nämlich die Insolvenz - noch nicht erkannt.   

     

    Ein Blick in die Zukunft

    Der Insolvenzverwalter hat seine Arbeit aufgenommen. Er prüft die Zahlen und wird feststellen, dass PROKON noch deutlich mehr Schwierigkeiten hat, als bisher angenommen. Dazu gehört zum einen die Thematik „HIT Holzindustrie Torgau OHG“. Hier hat man nur ein Darlehen, keine Assets und die HIT macht Verluste - keine Gewinne. Wenn man die Kredite an einen Aufkäufer verkaufen müsste, würde man wohl kaum den ursprünglichen Betrag erhalten.

    Der Insolvenzverwalter wird sich des weiteren auch die zahlreichen Windparks anschauen und feststellen, dass viele davon unter Plan wirtschaften. Kurz gesagt: Sie erwirtschaften weniger Gewinne als geplant. So geht es momentan der gesamten Branche, was auch durch zahlreiche Pleiten weitläufig bekannt ist. Das könnte bedeuten, die Windparks sind mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr das wert, was dort ursprünglich einmal investiert wurde. Zudem stellt sich die Frage, was die Windparks wert sein werden, wenn sich die Vergütungen aus dem EEG auf langfristige Sicht ändern. Die Einspeisevergütung wird in 20 Jahren nicht mehr die gleiche sein, wie wir sie heute kennen. Sie wird sinken. Und das wird sich auf den Wert der Anlagen durchschlagen. Bei einer genaueren Betrachtung der politischen Bühne weiß man aber auch, dass die Vergütung schon vorher sinken könnte. Dass dies auch für Bestandsverträge gelten könnte, zeigt das Beispiel Spanien.  

     

    Schnäppchenjäger nehmen PROKON ins Visier
     
    Kurz nach dem Insolvenzantrag der PROKON, meldeten sich die ersten Schnäppchenjäger. Nach Informationen von wallstreet:online zeigte der niederländische Hedgefonds EXchange Investors N.V. mit Sitz in Dubai, Interesse an den Genussrechten verkaufswilliger PROKON-Anleger. Doch die Hoffnung währte nicht lange. Wie inzwischen bekannt wurde, liegt das Übernahmeangebot bei „knapp über null Prozent“ des Nennwerts der Genussrechte. Für die Anleger bedeutet das faktisch den Totalverlust (siehe: Prokon-Genussrechte - Aufkäufer bieten Anlegern knapp über null Prozent).
     
    Zum ersten Mal jedoch, hat ein institutioneller Investor einen ungefähren Preis für die Werthaltigkeit der Genussrechte genannt: Seiner Einschätzung nach liegt diese bei nahe Null. Liegt der Hedgefonds gänzlich daneben? Oder waren die bisherigen Unternehmensinformationen gänzlich falsch? Spätestens an dieser Stelle sollten die PROKON-Genussrechteinhaber wachgerüttelt sein. 

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    wallstreet:online fragte Frank Scheunert, Vorstand der EXchange Investors, nach seiner Einschätzung der Werthaltigkeit der Genussrechte und aufgrund welcher Berechnungen er deren Wert so niedrig ansetzt:
     
    PROKON hat insgesamt 1,4 Milliarden Euro an Kapital bei rund 75.000 Anlegern eingesammelt. Bei den Platzierungskosten könne man von ca.  20 Prozent für Werbung und sonstiges Marketing ausgehen. Das würde bedeuten, dass  allein 280 Millionen Euro nicht in Sachanlagen investiert wurden, sondern im Marketing verpufft sind. Zudem, so Scheunert, könne man davon ausgehen, dass PROKON wohl 200 Millionen Euro bei einem Waldinvestment in Rumänien verloren hat. Damit würde sich die tatsächliche Investitionssumme in Sachanlagen auf ca. 900. Millionen Euro belaufen. Allerdings seien bei dieser Grundrechnung die Zinsansprüche der Genussscheininhaber noch nicht einberechnet.
     
    Des Weiteren müsse davon ausgegangen sein, dass der Marktwert bestehender Windkraftanlagen in den letzten Jahren um 70 Prozent gesunken sei. Bleiben wir bei der Grundrechnung mit 900 Millionen Euro an investiertem Kapital, würde unterm Strich nach dieser Rechnung ein aktueller Marktwert von nur noch 300 Millionen Euro stehen.
     
    Diese Summe reduziert sich weiter durch Forderungen und Kosten des Insolvenzverwalters, Forderungen von einigen Banken, einem wahrscheinlichen operativen Verlust in den kommenden Jahren und das nicht kalkulierbare Risiko von auf Schadenersatz klagenden Genussrechteinhabern. 
     
    Scheunert betont: „EXchange Investors weiß bisher nicht, ob für uns gar ein Gebot unter zwei Prozent am Ende lukrativ sein könnte. Die Risiken, dass am Ende sogar eine 0 rauskommt sind nicht klar.“ Derzeit überprüfe EXchange Investors, ob sie überhaupt ein Angebot abgegeben werden.
     
     
    Genossenschaft als rettender Anker?
     
    Beim PROKON-Management gibt es anscheinend Überlegungen, das Unternehmen in eine Genossenschaft umzuwandeln. Keine schlechte Idee, wenn das Konstrukt von Anfang an die Grundlage gewesen wäre. Jetzt hingegen, stehen die Anleger schlecht da. Mit einer Umwandlung in eine Genossenschaft würde die bisherigen Gläubiger zwar zu Anteilsinhabern, doch ihre Forderung auf konkrete Rückzahlung ihres Genussrechtskapitals verlieren. Wann, wie und zu welchem Preis solche Genossenschaftsanteile handelbar – also verkaufbar - wären, ist vollkommen offen. Der kurz- oder mittelfristige Weg, an das eigene Kapital zu kommen, scheint versperrt.
     
    Es scheint jedoch, das Unternehmen ist um keine Überlegung verlegen, um möglichst keinen Offenbarungseid zu leisten und „nackte Zahlen“ auf den Tisch zu legen. Nackte Zahlen, die endlich wahre Transparenz bedeuten würden. 

     

    Für PROKON-Anleger Zeit zum Handeln

    Für die Genussrechteinhaber scheint es höchste Zeit zu handeln und ihre Ansprüche gerichtlich durchzusetzen. Nach juristischer Einschätzung ist die Gefahr groß, dass es für abwartende Anleger, nicht mehr viel zu holen ist. Vor allem steht zu erwarten, dass die durch den Insolvenzverwalter festzustellende Vermögenslage eher schlechter sein wird, als angenommen. Über die Jahre haben sich bei PROKON Verluste angesammelt. Die Zahlen zeigen, dass mehr Zinsen ausgezahlt, als Erträge erwirtschaftet wurden. Das heißt: Fällige Zinsen wurden durch neu eingeworbenes Geld finanziert – die Vorstufe eines Schneeballsystems. 

     
    Immer mehr PROKON-Anleger suchen aufgrund der unsicheren Lage und der Sorge um ihr Geld Rat bei Anwälten. Eine der wesentlichen Fragen dabei: Können Anleger aus ihren bisherigen nachrangigen Genussrechten vorrangige Forderungen machen? Wenn ja, wie?
     
    Eine andere Frage ist die der Vermögenslage des Unternehmens PROKON und der Werthaltigkeit der Sachanlagen. Die Vermögenslage war in der Vergangenheit von bilanziellen Zuschreibungen und Höherbewertungen gekennzeichnet. Es ist fraglich, ob diese gerechtfertigt waren. 
     
    In Zukunft wird die Bilanz des Unternehmens von folgenden Punkten stark beeinträchtig werden, die sich negativ auf den Gewinn und den Liquidierungswert auswirken:  
     
    • eventuelle Wertkorrekturen auf die Vermögenswerte 
    • eventuelle weitere operative Verluste 
    • wahrscheinliche erhebliche Anwalts & Gerichtskosten 
    • eventuelle Schadensersatzansprüche von klagenden Anlegern
     

    Das, was unterm Strich rauskommt, bleibt für jene Anleger übrig, die ihre Forderungen nicht juristisch geltend gemacht haben - die mir ihren Forderungen nachrangig nach allen anderen behandelt werden. Die bisher zutage getretene bilanzielle Jonglage kann das Unternehmen nicht überleben. Vor allem Anleger, die abwarten und darauf hoffen, dass sich alles zum Guten wendet, werden am Ende wohl leer ausgehen. 

     

    Was können Anleger jetzt tun?

    Interview Rechtsanwalt Christoph Kaltmeyer von der Kanzlei FEIL KALTMEYER

    Was können Anleger tun? Lesen Sie im folgenden Teil ein Interview mit Rechtsanwalt Christoph Kaltmeyer von der Kanzlei FEIL KALTMEYER aus Berlin. Der Rechtsanwalt ist bereits seit Mitte 2013 mit dem Fall Prokon intensiv vertraut und warnte in einem Artikel von wallstreet:online bereits vor der Insolvenz des Unternehmen vor den Auswirkungen der akuten Zahlungsschwierigkeiten (Erdrückende Vorwürfe gegen Prokon - Was können Anleger jetzt tun?). Im Rahmen der „Interessengemeinschaft PROKON“ betreut der Experte in Sachen Kapitalmarktrecht Hunderte Anleger, die ihr Erspartes dem PROKON Management anvertraut haben.
     
    wallstreet:online befragte den Experten für Kapitalanlagerecht zu den Besonderheiten der PROKON-Insolvenz. Was können Anleger jetzt tun, um nicht nachrangig behandelt zu werden? Welche Ansatzpunkte für mögliche Schadenersatzansprüche sieht er aus juristischer Sicht? Gibt es Erkenntnisse, dass ein Schneeballsystem betrieben wurde?
     
    Lesen Sie hier das Interview mit Rechtsanwalt Christoph Kaltmeyer: "PROKON-Insolvenz - Chancen der Anleger auf Schadenersatz"
     



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