EU-Auflagen
Mobilfunkanbieter: „Günstiger, keine Infrastruktur zu besitzen“
Die EU-Kommission ist der Ansicht, dass Mobilfunkunternehmen künftig Kapazitäten in ihren Infrastrukturen für mögliche Konkurrenten ohne eigenes Netz zu niedrigen Preisen reservieren müssen. Absurd, meinen Kritiker.
Der Chef der Telekom-Austria, Hannes Ametsreiter, nannte die Auflagen im Interview mit der „WirtschaftsWoche“ hart an der Grenze: Es sei absurd, eine Situation zu schaffen, bei der es günstiger sei, keine Infrastruktur zu besitzen. In Österreich hatte die EU der Übernahme des kriselnden Mobilfunkanbieters Orange durch Hutchison im Jahr 2013 nur unter der Bedingung zugestimmt, dass diese gleichzeitig weitreichende Zugangsmöglichkeiten für neue Anbieter schaffe. Ametsreiter sieht dies kritisch. So wurde Hutchison auferlegt, als jetzt drittgrößter Anbieter sein Netz in den kommenden zwölf Jahren für bis zu 16 virtuelle Mobilfunkanbieter ohne eigenes Netz zu öffnen – zu Konditionen, die unter den Betriebskosten lägen, so der Chef der Telekom-Austria. Er halte die für eine falsche Entscheidung. Mit solchen Auflagen würden Investitionen in die Infrastruktur nicht gefördert werden. Ametsreiter könne daher nicht verstehen, wieso die EU-Kommission den Markteintritt solcher Trittbrettfahrer fördere. Er rechne damit, dass etwa ein halbes Dutzend virtueller Anbieter 201 einen Marktstart wagen werde.
Der Fall Hutchison ist vor allem deshalb interessant, weil die EU ähnliche Auflagen auch für Deutschland im Fall der Übernahme von E-Plus durch Telefonica (O2) planen soll. Auch hier ist damit zu rechnen, dass die EU die neue O2/E-Plus-Gruppe verpflichten wird, verstärkt mit neuen Anbietern ohne Netz zusammenzuarbeiten. Schon heute nutzt ein Großteil der weit über 50 Mobilfunk-Discounter wie Aldi, und neuerdings auch WhatsApp als virtueller Anbieter ohne eigenes Netz die Infrastruktur von E-Plus. Vor diesem Hintergrund könnte die EU O2 dazu verpflichten, eine Bestandsgarantie für bisher aktive und weitreichende Zusagen für neue virtuelle Anbieter abzugeben.
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Des Weiteren übt Telekom-Austria-Chef Ametsreiter Kritik an der seiner Meinung nach schlechten internen Abstimmung zwischen EU-Wettbewerbskommissar Joaquin Almunia und der EU-Kommissarin für digitale Wirtschaft, Neelie Kroes. Laut Ametsreiter habe Europa den Anschluss an die USA verloren. Die beiden Kommissare sollten daher das gemeinsame Ziel ausgeben, Europa zu mehr Investitionen in Infrastrukturen zu animieren, damit es zu einer führenden Macht im Kommunikationssektor werde. Hier gebe es noch große Inkonsistenzen und Defizite, so der Chef der Telekom-Austria.