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    Verbraucherschutz  12355  0 Kommentare Kredite und Lebensversicherungen kostenfrei widerrufen dank BGH-Urteil

    BGH stärkt Rechte von Kredit- und Versicherungsnehmern: Keine Vorfälligkeitsentschädigung nach Darlehenskündigung durch die Bank / Fehlerhafte Widerrufsbelehrungen ermöglichen Kündigungen langjähriger Versicherungs- und Darlehensverträge

    Es ist eine häufige Situation: Ein Verbraucher kommt mit der Zahlung der Darlehensraten für seine Immobilie in Verzug, die darlehensgebende Bank kündigt daraufhin den Kredit und die Immobilie muss verkauft, im schlimmsten Falle zwangsversteigert werden. Die Bank begnügt sich in aller Regel nicht mit der Rückzahlung des Darlehensbetrages, sondern verlangt vielmehr eine Vorfälligkeitsentschädigung als Schadensersatz für entgangene, zukünftige Zinsen.

     

    Keine Vorfälligkeitsentschädigung nach Darlehenskündigung

    Doch der Bundesgerichtshof (BGH) macht diesem Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung einen Strich durch die Rechnung. Nach Auffassung des BGH (Az. XI ZR 512/11) ist der Schadensersatz auf 2,5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz nach der Kündigung eines Immobiliendarlehens durch die darlehensgebende Bank beschränkt. Eine Vorfälligkeitsentschädigung kann hingegen nicht verlangt werden. Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 15. Januar 2013 war die Frage, was eine Bank nach Kündigung eines Immobiliendarlehens vom betroffenen Darlehensnehmer als Schaden verlangen dürfe. Eine Hypothekenbank hatte das Immobiliendarlehen eines Kreditnehmers gekündigt, nachdem dieser in Zahlungsverzug geraten war und machte unter anderem eine Vorfälligkeitsentschädigung geltend.

    Dieser zusätzliche "Erfüllungsschaden", der analog zur Vorfälligkeitsentschädigung berechnet wird, steht nach Ansicht des BGH im Widerspruch zum Sinn der gesetzlichen Regelungen bei Verbraucherkrediten. Dies gelte sowohl für die Regelung im § 497 Abs. 1 BGB wie auch für die Vorgängerregelung im Verbraucherkreditgesetz. Der BGH stellte fest, dass Banken aus der Notlage eines Kunden nicht Kapital schlagen dürften, indem sie den am entgangenen Vertragszins orientierten Erfüllungsschaden fordern. Mit Kündigung des Darlehens ist gleichfalls auch der Anspruch der Bank auf den Vertragszins entfallen. Gerechtfertigt ist demnach grundsätzlich nur der Verzugszins nach § 497 Abs. 1 BGB. Die beklagte Bank ließ ein Anerkenntnisurteil ergehen, so dass das Urteil der Vorinstanz aufgehoben wurde. Nach den Ausführungen des BGH in der mündlichen Verhandlung verhinderte die beklagte Bank ein schriftliches Urteil und nahm ihre Revision zurück. Mit einigem Erfolg, scheint sich die dargelegte Auffassung des BGH unter den Instanzengerichten nämlich noch nicht wirklich herumgesprochen zu haben.

    Nach Meinung von Rechtsanwalt Julian Tietze, von der Frankfurter Kanzlei Tietze Tsioupas & Partner, "ist die die Auffassung des BGH auch recht und billig, da es ansonsten die Bank in der Hand hätte, aus der Notlage des Darlehensnehmers Kapital zu schlagen." Dies sei im Sinne des Verbraucherschutzes nicht hinnehmbar, so der Experte für Bank- und Kapitalmarktrecht. Auch seien die Banken hinreichend geschützt, da "nicht zu befürchten ist, das Verbraucher eine Kündigung des Darlehensvertrages provozieren werden, um günstiger aus einem Darlehensvertrag aussteigen zu können, da die Bank die Immobilie regelmäßig verwerten sowie ein Schufa-Eintrag für den Verbraucher die Folge sein wird." Rechtsanwalt Tietze, der zahlreiche betroffene Verbraucher vertritt, begrüßt vielmehr die konsequente Fortsetzung der verbraucherschützende Rechtssprechung des BGH und kämpft für eine Trendwende bei den Instanzengerichten.

     

    Unwirksame Widerrufsbelehrung

    Auch wegen fehlerhafter Widerrufsbelehrungen können Kunden bereits langfristig bestehende Kreditverträge oft noch heute widerrufen und die Vorfälligkeitsenschädigung "sparen". So hatte ein Ehepaar 2004 einen Immobilienkredit über 50.000 Euro bei einer Sparkasse in Norddeutschland aufgenommen. Dieser Kredit wurde 2010 gekündigt und die Sparkasse verlangte eine Vorfälligkeitsentschädigung.

    Das Landgericht Kiel (Az. 3 O 78/12, bisher nicht rechtskräftig) stellte sich auf die Seite der Kunden: Wenn eine Bank den Mustertext nicht vollständig übernehmen würde, könne sie nicht auf die Wirksamkeit vertrauen. Diese Widerrufsbelehrung wurde wahrscheinlich von Sparkassen deutschlandweit verwendet. Bisher folgte nur das Oberlandesgericht Bamberg der Argumentation des Landgerichts Kiel nicht und duldet kleine Abweichungen vom Mustertext. Auch die Deutsche Kreditbank AG (DKB) ist wegen schwammiger Formulierungen in den Widerrufsbelehrungen der Darlehensverträge aus 2005 und 2007 zur Annahme entsprechender Kreditkündigungen gerichtlich überzeugt worden. Rechtsanwalt Tietze hält die Möglichkeit des späteren Widerrufs für folgerichtig, da eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung der Bank nicht zum Nachteil des Kunden gereichen kann.

    Analog gilt für Kapitallebens- und private Rentenversicherungen, die zwischen 1995 und 2007 abgeschlossen wurden, evtl. bis heute ein Widerrufsrecht. Dies entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einen Urteil vom 19.12.2013 gegen die Allianz (Az. C-209/12). Konkret bemängelte der EuGH das in Deutschland zu der Zeit übliche "Policenmodell", bei dem die Versicherer den Kunden die kompletten vertragsrelevanten Unterlagen erst nach Vertragsabschluss zusendeten. Dann hatten diese einige Wochen Zeit, die Unterlagen zu prüfen und ggf. Widerspruch einzulegen. Nach spätestens einem Jahr galt der Vertrag unwiderruflich als angenommen, auch wenn keine oder unvollständige Unterlagen versandt wurden. Ein Kläger zog damit bis vor den BGH, der wiederum den EuGH anrief. Der EuGH hielt die Begrenzung des Widerrufs auf ein Jahr für unzulässig und folgte der Argumentation des Klägers. Mit einer Entscheidung des BGH wird in den nächsten Monaten gerechnet.

     

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