Konjunktur China
Chinas Wirtschaft verliert an Dampf - schwächstes Wachstum seit 24 Jahren droht
(Neu: Analysteneinschätzungen, Marktreaktion)
PEKING (dpa-AFX) - Chinas Wirtschaft ist im ersten Quartal dieses Jahres nur noch um 7,4 Prozent gewachsen. Dies ist das langsamste Wachstum seit 18 Monaten und liegt unter dem selbst gesteckten Ziel von 7,5 Prozent für dieses Jahr. Die Erwartungen von Analysten waren mit 7,3 Prozent allerdings noch schlechter, so dass die Reaktionen eher positiv ausfielen. Das Statistikamt sprach am Mittwoch in Peking davon, dass sich die Wirtschaft "insgesamt stabil" entwickle. Auch Analysten sahen zumindest im März leichte Verbesserungen und sehen die Gefahr einer "harten Landung" der chinesischen Wirtschaft vorerst gebannt.
Sollte es allerdings in diesem Jahr bei dem Tempo bleiben, wäre es das langsamste Wachstum der heute zweitgrößten Volkswirtschaft seit 24 Jahren. In den vergangenen zwei Jahren hatte die Wirtschaftsleistung noch um jeweils 7,7 Prozent zugelegt. Ein langsameres Wachstum in China beeinträchtigt auch die globale Konjunktur und die Exporte deutscher Unternehmen ins Reich der Mitte. So fiel der chinesische Außenhandel im ersten Quartal um ein Prozent.
EXPERTE: SCHWÄCHERE KREDITVERGABE HINTERLÄSST SPUREN
Vor allem geringere Aktivitäten im Export- und Immobiliensektor drückten das Wachstum, wie Chefökonom Louis Kuijs von der Royal Bank of Scotland (RBS) sagte. Das Wachstum im Dienstleistungsbereich sei aber besser als in der Industrie. "Die Wachstumsrisiken bleiben, und die Dynamik der Wachstumspolitik dürfte die Märkte in den nächsten Monaten nervös halten", sagte Kuijs.
Die VP Bank aus Liechtenstein sieht aber auch die schwachen Bauinvestitionen als Ursache für das Abflauen der Konjunktur. "Die restriktivere Kreditvergabe hinterlässt beim Wachstum Spuren", kommentierte Chefvolkswirt Thomas Gitzel.
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INDUSTRIEPRODUKTION LEGT WIEDER ZU
Im März habe die Industrieproduktion um 8,7 Prozent im Jahresvergleich zugelegt, teilte das nationale Statistikbüro weiter mit. Damit lag die Produktion zwar etwas höher als im Vormonat. Im Februar hatte sie aber mit einem Plus von 8,6 Prozent das schwächste Wachstum seit August 2009 gezeigt. Volkswirte hatte bei der Industrieproduktion im März mit einem etwas stärken Anstieg um 8,8 Prozent zum Vorjahr gerechnet.
Die heimische Nachfrage entwickelte sich aber nicht schlecht. Der Einzelhandel legte im ersten Quartal um zwölf Prozent zu. Nach Abzug der Inflation waren es immer noch 10,8 Prozent, wie das Statistikamt berichtete. Der überhitzte Immobilienmarkt kühlte sich etwas ab. Die Wohnungs- und Hausverkäufe nahmen im ersten Quartal um 5,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ab. Investitionen in Immobilien stiegen nur noch um 16,8 Prozent und damit 2,5 Punkte weniger.
KEINE GROSSEN KONJUNKTURPROGRAMME ZU ERWARTEN
Nach vielen Jahren zweistelligen Wachstums strebt die chinesische Regierung eine nachhaltigere Entwicklung und Umstrukturierung der Wirtschaft an. Dafür sollen auch niedrigere Wachstumsraten als bisher in Kauf genommen werden, solange genug Arbeitsplätze geschaffen werden können. Eine große Gefahr sind aber faule Kredite und mögliche Pleiten in dem ausufernden Schattenbankenwesen.
Vor dem Hintergrund des Schwenks in der Wirtschaftspolitik durch die Führung in Peking ist nach Einschätzung des VP Bank-Experten Gitzel ein Wirtschaftswachstum von über sieben Prozent akzeptabel. "Großangelegte Konjunkturprogramme oder geldpolitische Lockerungen dürften erst bei Wachstumsraten von unter sieben Prozent auf der Agenda stehen", erwartet Gitzel.
FINANZMÄRKTE REAGIEREN KAUM
Regierungschef Li Keqiang hatte denn auch vor einer Woche vorübergehende Konjunkturprogramme als Reaktion auf ein Abflauen der Konjunktur ausgeschlossen. Allerdings war erst Anfang April ein Mini-Stimulus mit Steuerermäßigungen und Investitionen in die Eisenbahn und den sozialen Wohnungsbau auf den Weg gebracht worden.
Asiatische Börsen legten am Mittwoch mehrheitlich zu. Chinas Aktienmärkte schlossen nach den Wachstumsdaten aber nur leicht im Plus./lw/DP/jkr/jha/