Alan Greenspan
Blasen haben Eigenleben - Notenbanken können kaum eingreifen, ohne Märkte zu lähmen
Foto: Stephen Jaffe - IMF
Alan Greenspan, ehemals Präsident der Federal Reserve (Fed), redet über die Zentralbank-Politik. Der 88-jährige prägte die US-Notenbank über 18 Jahre lang als deren Chef. Im Interview mit
dem „Wall Street Journal Deutschland“ erklärt er unter
anderem, warum das Platzen der Immobilienblase 2008 derart fatalere Folgen für das Gesamtsystem hatte als die Dotcom-Blase 2000.
Die größte Herausforderung sei die Frage, „wie man die riesig aufgeblähte Bilanzsumme mit möglichst geringen Auswirkungen wieder zurückfährt.“ Greenspan erwartet eine scharfe Marktreaktion, wenn
die Fed ihre Zinspolitik in Richtung höher Zinsen ändert. Als Beleg nennt er die harrsche Reaktion der Märkte auf Äußerungen zum Tapering, dem Ausstieg aus dem Anleihekaufprogramm der Fed. „Schauen
Sie, was bei den ersten Andeutungen zum Tapering passiert ist.“
Ob die Zentralbank selbst durch eine gezielte Kommunikation mit den Märkten solche Reaktionen beeinflussen kann, lässt Greenspan indes offen. Er sei sich nicht sicher, ob die Fed überhaupt in der
Lage sei, „effektiv mit den Märkten reden“ zu können. In Bezug auf seine eigenen Erfahrungen sagt er: „Es war ein Kampf, und ich bin mir nicht sicher, ob wir immer gewonnen haben.“
Sehr wohl aber müsse die Notenbank für eine richtige Bewertung von Vermögensanlagen auch die Entwicklungen an Wertpapiermärkten, dem Markt für Geschäftsimmobilien und den verschiedenen
Rohstoffmärkten im Blick haben. „Ohne die Beobachtung der verschiedenen Märkte hat man keinen umfassenden Blick darauf, wie die Wirtschaft läuft“, sagt er.
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Ein wichtiges Element der Zentralbank-Politik ist die Frage nach dem richtigen Umgang mit Blasen. Dazu stellt sich allerdings die Frage, ob Blasen per se durch Notenbanken überhaupt eingedämmt
werden können. „Wenn Blasen auftauchen, nehmen sie ein Eigenleben auf. Es ist schwer, sie zu stoppen, ohne eine lähmende Krise an den Märkten auszulösen“, erklärt Greenspan. Vielmehr sei es
wichtig, zwischen den verschiedenen Blasen zu differenzieren. Die Internet-Blase, die 2000 geplatzt ist oder der schwarze Freitag vom 19. Oktober 1987 hätten in der Tat für gewaltige finanzielle
Auswirkungen gesorgt. „In beiden Fällen stürzten die Bewertungen ab, mit massiven Verlusten für Aktionäre, vor allem für die Pensions- und Publikumsfonds sowie die Kleinanleger.“ Doch seien die
Folgen moderater gewesen als bei der jüngsten Immobilienblase.
Dass die Immobilienkrise derart schreckliche Folgen hatte, liegt laut Greenspan am „Grad der Fremdfinanzierung“: „Der Grund, warum die jüngste Immobilienblase so dramatisch anders verlief, liegt
darin, dass die toxischen Wertpapiere, die Subprime-Hypotheken, mit sehr wenig Eigenkapital unterlegt waren“, sagt er.