Konjunktur Euroland
Würgen die Russland-Sanktionen den Aufschwung ab?
Sie kommt einfach nicht so richtig in Schwung, die Erholung in Euroland. Zwar wächst das Bruttoinlandsprodukt seit dem zweiten Quartal 2013, aber es ist mehr ein Vorwärtsstolpern als ein kräftiger
Anstieg.
Immer wieder schrumpft die Wirtschaftsleistung in großen und in kleinen Mitgliedsländern der Währungsunion. Und nun gerät auch noch die Lokomotive Deutschland ins Stocken - das deutsche
Bruttoinlandsprodukt schrumpfte im zweiten Quartal.
Es war also ein denkbar ungünstiger Zeitpunkt, zu dem Anfang August schärfere ökonomische Sanktionen gegen Russland verhängt wurden. Die direkten Bremseffekte der Sanktionen für die
Euroland-Wirtschaft sind zwar vermutlich gering. Doch die erste Reaktion Russlands - die Einschränkung von Agrar-Importen aus der Europäischen Union und weiteren Industrieländern - hat gezeigt,
dass die Wahrscheinlichkeit einer Sanktionsspirale gestiegen ist, mit potenziellen größeren Schäden für die Konjunktur.
In diesem Umfeld ist es nicht weiter verwunderlich, dass die Aktienmärkte seit Anfang August deutlich korrigiert haben. Das Risikobewusstsein ist gestiegen, insbesondere in Euroland. Neue Ängste
bezüglich einer spürbaren Wachstumsabschwächung kommen auf. Entsprechend nehmen die Analysten die Gewinnprognosen für die Unternehmen nach unten, die Aktienkurse fallen.
Eine erneute Schwächephase in Euroland könnte den ohnehin schon langwierigen Gesundungsprozess nach der Schuldenkrise empfindlich treffen. Insofern bleibt auch die Europäische Zentralbank (EZB) auf
der Hut. Sollte sie in den kommenden Wochen konkretere Deflationsgefahren diagnostizieren, wird sie neue Pfeile (Ankauf von forderungsbesicherten Wertpapieren, Ankauf von Staatsanleihen) aus ihrem
Köcher holen, um eine drohende Abwärtsspirale zu verhindern.
Bei all dem Lamentieren über die gestiegenen Risiken gibt es aber durchaus auch positive Nachrichten. In einigen Krisenländern Europas werden die Reformerfolge immer deutlicher sichtbar: die
Arbeitslosenquoten sinken, die Wettbewerbsfähigkeit steigt, es gibt wieder Wirtschaftswachstum. Unterstützend wirken zudem die Abwertung des Euro und die tendenziell fallenden Energiepreise.
Außerdem wächst der Rest der Welt durchaus robust, insbesondere die USA und China.
Sofern sich also die Lage in den derzeitigen geopolitischen Krisenherden nicht weiter zuspitzt, bleibt unsere generelle Einschätzung bestehen.
Der Aufschwung in Euroland ist holprig, aber stabil genug, sich den derzeitigen Widrigkeiten entgegenzustemmen. Entsprechend werden die Aktienmärkte wieder auf ihren Aufwärtskurs einschwenken, der
jedoch ungewöhnlich schwankungsanfällig bleiben wird. In einer Welt mit extrem niedrigen Zinsen sind breit gestreute Anlagen in Aktien unverzichtbar, um einen realen Vermögenszuwachs zu generieren.
(Gastkommentar der MakroResearch Analysten der DekaBank)