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Thailand zwischen Spannungen und Belastbarkeit
In Thailand wurde am 20. Mai das Kriegsrecht verhängt – nach monatelangen Protesten und Gewaltandrohungen der beiden widerstreitenden Lager, des regierungsfeindlichen
demokratischen Reformkomitees des Volkes (People’s Democratic Reform Committee, PDRC), der sogenannten „Gelbhemden“, und der regierungsfreundlichen „Rothemden“, der Vereinigten Front für Demokratie
und gegen Diktatur (United Front for Democracy against Dictation, UDD). Das PDRC forderte den Rücktritt des Kabinetts, um den Weg für eine eingesetzte Regierung frei zu machen. Bis diese Forderung
erfüllt war, sollten die Protestaktionen verschärft werden. Die UDD und die Regierung verurteilten das PDRC-Ultimatum und bestanden auf Neuwahlen. Die Gefahr von – scheinbar unausweichlichen –
Auseinandersetzungen und Gewalt nahm zu.
Uns hat die Verhängung des Kriegsrechts nicht überrascht. Schließlich sind Interventionen der Armee in Thailand nichts Neues. Das Kriegsrecht könnte unseres Erachtens eine befristete Lösung
darstellen, denn es verleiht dem Militär die Befugnis, im Land für Sicherheit und Ruhe zu sorgen und Gewalttaten und Zusammenstöße der gegnerischen Lager proaktiv zu verhindern. Unserer Ansicht
nach muss sich das thailändische Volk gemeinsam für eine tragfähige Kompromisslösung entscheiden. Angesichts der Widerstandsfähigkeit des Landes gehen wir davon aus, dass am Ende eine Lösung stehen
wird.
Der Militärputsch in Thailand sollte das Land offenbar aus einer Situation führen, die politisch einen toten Punkt erreicht hatte. Die thailändische Armee kann jetzt eine Regierung berufen, die
ähnlich wie 2006 zu Reformen im Land beitragen dürfte. Natürlich müssen wir die Lage im Auge behalten, vor allem bezüglich der „Rothemden“, deren Anführer inzwischen abgesetzt wurde.
Thailand erlebt drastische Veränderungen, für die die jüngste Meldung eines Militärputsch nur ein weiteres Indiz darstellt. Die positive Nachricht ist in unseren Augen, dass das zivile Umfeld durch
die Einführung der Militärherrschaft stabilisiert werden sollte, ohne dass der normale Geschäftsgang stärker beeinträchtigt wird. Abgesehen davon wird es einige Zeit dauern, wieder zu einer zivilen
Regierung zurückzukehren. Dafür muss vermutlich erst die Verfassung des Landes für alle Beteiligten annehmbar geändert werden und ein neuer Wahlzyklus beginnen.
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Wie alle unsere Anlagen sind auch unsere Positionen in Thailand langfristig orientiert. Wir gehen davon aus, dass die positiven langfristigen Wachstumstreiber für Thailand intakt sind. Dazu gehören
ein ausgesprochen wettbewerbsfähiger Unternehmenssektor und japanische Investitionen, aber auch Wachstumspotenzial durch die zunehmende Integration der Regionen Thailands und der benachbarten
Märkte Myanmars, Kambodschas und Laos’ in das Weltwirtschaftssystem.
Unsere Prognose für Thailand fällt positiv aus, denn ausländische Direktinvestoren wollen Stabilität im Land. Eine gewählte Regierung ist nach unserer Einschätzung der Sachlage derzeit schwierig
herbeizuführen. Wir müssen also weiter abwarten, was für eine Regierung als Nächstes eingesetzt wird. Für diesen Zeitraum rechnen wir mit fortgesetzter kurzfristiger Marktvolatilität, aber nicht
mit größeren Betriebsstörungen in bestehenden Unternehmen.
Auf lange Sicht dürften unseres Erachtens viele Unternehmen in Thailand fortbestehen und florieren. Längerfristig sollten sich nach unserem Dafürhalten gemäßigtere Kräfte durchsetzen. Die
positiveren Wirtschaftstrends, die Thailand vor dem Putsch verzeichnete, wie steigende Pro-Kopf-Einkommen, könnten sich wieder einstellen. Thailand hat eine umfangreiche Mittelschicht und eine
wachsende Konsumentenzahl. Das spricht für positive Konjunkturaussichten. Als Anleger konzentrieren wir uns auf Konsumgüter und Dienstleister wie Banken und Immobilienunternehmen, da Menschen in
die Städte ziehen und Wohnraum brauchen.
Unserer Ansicht nach wird die Lage in Thailand unsicher bleiben, was viele Investoren abschrecken könnte, bis sich das politische Umfeld geklärt und stabilisiert hat. Eskalieren die Spannungen
weiter, könnte auch der Tourismus darunter leiden. Der laufende Unternehmensbetrieb sollte nach unserer Überzeugung aber kaum nennenswert unterbrochen werden. Kursverluste bestimmter thailändischer
Aktien erachten wir als Gelegenheit zu gezielten Schnäppchen. Viele thailändische Unternehmen konnten politische Unruhen in der Vergangenheit wiederholt bewältigen und haben sich trotzdem gut
entwickelt, was von der Stärke und Widerstandskraft der thailändischen Bevölkerung zeugt.