EZB-Staatsanleihenkauf
Bundesbank-Präsident Weidmann bezweifelt Wirksamkeit von Staatsanleihenkäufen
Letzten Donnerstag ließ Mario Draghi, Chef der Europäischen Zentralbank (EZB) die Katze aus dem Sack: Die Europäische Zentralbank beginnt mit dem groß angelegten Ankauf von Staatsanleihen. Rund 60 Milliarden Euro will sie dafür pro Monat in die Hand nehmen. 80 Prozent davon sollen in Staatsanleihen mit Investmentgrade investiert werden. Das Programm soll bis Ende September 2016 laufen, bis "eine nachhaltige Veränderung der Inflationsentwicklung sichtbar ist", so Draghi mit Blick auf die Inflations-Zielmarke der EZB von knapp zwei Prozent (Siehe: Draghi zündet Bazooka - das Quantitative Easing kommt! und unser Faktencheck: Draghi bringt Bazooka in Stellung - EZB kauft Staatsanleihen - Die Fakten im Überblick).
Nun äußert Bundesbank-Präsident Jens Weidmann Zweifel an der Wirksamkeit der Staatsanleihenkäufe in der Euro-Zone. „Die Wirkungen sind zwar schwer abschätzbar, werden in Europa aber wohl geringer sein als in den USA“, sagte er im Interview mit der „Welt am Sonntag“.
Grundsätzliche Probleme der Eurozone bleiben
Was sind die Unterschiede? In Amerika sei das Zinsniveau anfangs deutlich höher gewesen, als die dortige Notenbank ihr Ankaufprogramm startete, so Weidmann. „Außerdem finanzieren sich die US-Unternehmen stärker über den Kapitalmarkt, so dass Wertpapierkäufe der Notenbank viel direkter wirken können als in einer Wirtschaft, die sich über Banken finanziert.“
Das EZB-Anleihenkaufprogramm ändere aus Sicht Weidmanns nichts an den grundsätzlichen Problemen. „Das schleppende Wachstum in Europa geht letztlich auf eine hohe Verschuldung und einen Mangel an
Wettbewerbsfähigkeit in einzelnen Ländern zurück“, sagte er der Zeitung. „Dort müssen die Regierungen ansetzen, was ja auch Mario Draghi noch einmal betont hat.“
Niedrige Teuerungsraten nur ein vorübergehendes Phänomen
Bundesbank-Chef Weidmann stimmte gegen das EZB-Aufkaufprogramm. Die Intervention der Notenbank sei in der aktuellen Situation nicht notwendig. „Sicher, die Inflationsraten sind derzeit sehr
niedrig, aber das ist stark durch die sinkenden Ölpreise getrieben. Daher spricht einiges dafür, dass die außergewöhnlich niedrigen Teuerungsraten nur ein
vorübergehendes Phänomen sind“, sagte Weidmann der „Welt am Sonntag“.
Die EZB strebt eine Inflation von knapp zwei Prozent an; zuletzt waren die Preise in der Euro-Zone jedoch sogar leicht gefallen. „Wir haben ein mittelfristiges Inflationsziel, vorübergehend können
die Teuerungsraten durchaus davon abweichen“, sagte Weidmann weiter.
Negative Nebenwirkungen überwiegen
Der deutsche Notenbanker warnte vor negativen Nebenwirkungen der Staatsanleihenkäufe. „Viele Staaten müssten eigentlich Schulden abbauen, doch die Anreize dafür werden nun geringer“, sagte er in
der „Welt am Sonntag“. Bei hoher Staatsverschuldung könne wiederum die Notenbank unter Druck geraten, für immer mehr Erleichterungen zu sorgen „Dieser Druck wird sicher nicht schwächer. Immerhin
werden die Notenbanken durch ein solches Programm zu den größten Gläubigern der Staaten“, sagte Weidmann. Außerdem warnte er vor der Gefahr, dass Preise an den Vermögenswerten aus dem Ruder laufen
könnten: „Das Risiko für Übertreibungen steigt sicherlich, auch wenn wir derzeit etwa am deutschen Immobilienmarkt noch keine Blase sehen.“