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    Hochzins-Verträge  4576  0 Kommentare Sparkassen-Urteil lässt Sparer jubeln - Erster Sieg gegen Niedrigzinsen

    Die Sparkasse Ulm wollte unliebsame Hochzins-Verträge loswerden und drohte deshalb mit Kündigung. Doch dabei wurde ihr ausgerechnet ihr eigenes Werbeversprechen zum Verhängnis.

    Bonuszinsen in Höhe von 3,5 Prozent aufs Sparguthaben? In Zeiten von Niedrig- und Negativzinsen klingt das wie aus einer anderen Welt. In der Tat stammen solche Hochzins-Verträge aus einer Zeit, in der Banken noch um Sparer buhlten. Auch die Sparkasse Ulm lockte zwischen 1993 und 2005 mit lukrativen Bonuszinsen. Das Angebot: Ein Sparvertrag mit einer Laufzeit von bis zu 25 Jahren und Bonuszinsen von bis zu 3,5 Prozent – zusätzlich zum geltenden Grundzins. Der Clou dabei: Sparer können selbst entscheiden, wie viel sie monatlich einzahlen wollen. Die flexible Sparrate von mindestens 25 Euro und maximal 2.500 Euro kann jederzeit angepasst werden. Ein Angebot, von dem Sparer in der heutigen Zeit nur träumen können. Und genau das ist das Problem.

    Sparkasse droht mit Kündigung

    Rund 22.000 dieser alten Hochzins-Verträge sind noch immer gültig – sehr zum Leidwesen der Sparkasse Ulm. Denn während sich die Kunden über hohe Bonuszinsen freuen, ächzt die Sparkasse im Zeitalter der Niedrigzinsen unter diesem Verlustgeschäft und will die Altverträge deshalb am liebsten loswerden. Gesagt, getan: Die Sparkasse Ulm zog im Jahr 2013 die Reißleine, drohte den Kunden mit Kündigung und versuchte sie stattdessen in alternative Verträge zu locken. Laut „dpa-AFX“ folgten rund 14.000 der ehemals 22.000 Kunden diesem Lockruf – wohl aus Angst bei einer tatsächlichen Kündigung noch schlechter dazustehen. Alle anderen weigerten sich jedoch beharrlich ihren sogenannten Scala-Vertrag aufzugeben. Und so landete der Fall vor dem Landgericht Ulm. Dort wurde am Montag nun das Urteil gefällt.

    Richter stärken Rechte der Sparer

    Jubeln dürfen demnach die Sparer. Die Sparkasse Ulm darf ihre Hochzins-Verträge nicht einfach kündigen, ein ordentliches Kündigungsrecht bestehe nach den gesetzlichen Vorschriften nicht, entschied das Gericht. Die Bank hatte die anhaltenden Niedrigzinsen als Wegfall der Geschäftsgrundlage bezeichnet, im Zuge dessen sie sich in ihrer Kreditvergabe gefährdet sehe. Doch das wollten die Richter nicht gelten lassen: Mit Veränderungen des Zinsniveau ließe sich eine Aufhebung oder Änderung der Verträge nicht begründen.

    Auch in einem anderen Punkt musste die Sparkasse eine Niederlage einstecken. Neben einer möglichen Kündigung der Hochzins-Verträge ging es bei dem Prozess zudem um die flexible Sparrate. Diese war der Bank nämlich zunehmend ein Dorn im Auge, weil zuletzt immer mehr Sparer ihre Zahlungen aufstockten um noch mehr von den Bonuszinsen zu profitieren. Die Sparkasse wollte die Sparrate deshalb auf dem aktuellen Niveau einfrieren. Doch auch hier machte ihr das Gericht einen Strich durch die Rechnung: Auf einem Werbeflyer sei das Recht der Sparer dargestellt worden, die Sparrate jederzeit auf bis zu 2.500 Euro zu erhöhen oder auf bis zu 25 Euro senken zu können, begründeten die Richter. Das sei Vertragsinhalt geworden.

    Ein Urteil mit Signalwirkung?

    Somit wurden der Sparkasse ihre eigenen Werbeversprechen nun zum Verhängnis. Allerdings hat sie die Möglichkeit, Berufung gegen das Urteil einzulegen. Man werde das erstinstanzliche Urteil prüfen und dann entscheiden, ob und wie man weiter vorgehe, zitiert das „Handelsblatt“ einen Sprecher der Sparkasse. Ziel sei es weiter, eine „vernünftige Lösung“ mit den Kunden zu finden. Tatsächlich wurde bisher noch keine Kündigung ausgesprochen.

    Sollte sie nun gegen das Urteil vorgehen, so könnte der Fall zunächst beim Oberlandesgericht landen, welche ihn dann an den Bundesgerichtshof (BGH) weitergeben könnte. Das wiederum könnte ein Urteil mit bundesweiter Bedeutung nach sich ziehen. Doch auch so dürfte die Entscheidung des Landgerichts Ulm eine Signalwirkung für ähnlich gelagerte Fälle haben. Verbraucherschützer jedenfalls erwarten, dass andere Banken bei entsprechenden Kündigungen künftig vorsichtig sein werden. Sie feiern das Urteil deshalb als Sieg der Sparer: „Die Finanzinstitute müssen Verträge einhalten, auch wenn sie kostspielig für sie sind“, kommentiert Finanzexperte Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg.

    Übrigens ist die Sparkasse Ulm nicht das einzige Finanzinstitut, das versucht, unliebsame Verträge loszuwerden. Auch Bausparkassen sorgen derzeit für einen Bauspar-Skandal. Lesen Sie hierzu: Bausparkassen kündigen tausende Altverträge - Verbraucherschützer schlagen Alarm! und: Bausparkassen kündigen Verträge vor Erreichen der Bausparsumme





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