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    Schäuble trifft Varoufakis  4493  5 Kommentare "Griechenland gehört zum Euro" - Nein zum „deutschen Europa“ und Schuldenschnitt

    Der neue griechische Finanzminister Yanis Varoufakis wirbt in Europa um Verständnis für den Kurswechsel seines Landes. Doch die Europatour wird zu keinem leichten Unterfangen. Zuletzt hatte auch die Europäische Zentralbank den Druck auf die neue griechische Regierung massiv erhöht. Ab dem 11. Februar werden griechische Staatsanleihen nicht mehr als Sicherheit für EZB-Kredite anerkannt. Zudem lehnt die EZB die bisherigen Vorschläge Athens im Kampf gegen dessen Schuldenlast ab, hieß es nach einem Treffen zwischen EZB-Chef Mario Draghi und Yanis Varoufakis (siehe: Sonderregelung gekippt: EZB erhöht massiv Druck auf Griechenland - Athen empört). 

    Griechenlands neuer Regierung rennt die Zeit davon. Das Ende für die griechische Sonderregelung erschwert den bereits angeschlagenen griechischen Banken den Zugang zu frischem Geld. Ende des Monats läuft das EU-Hilfsprogramm für Griechenland aus. Neue Gelder müssen verhandelt werden, doch Athen will das Sanierungsprogramm nicht verlängern. Heute nun, stand ein Gespräch mit Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) auf dem Programm - und sie schenkten sich nichts.

     

    Schäuble: „We agreed to disagree“

    „Griechenland gehört zum Euro“ leitete Bundesfinanzminister Schäuble die Pressekonferenz im Anschluss der Gespräche mit dem griechischen Finanzminister ein. Es sei ein intensives Gespräch gewesen, bei dem es um das An- und Besprechen der jeweiligen Positionen ging - nicht jedoch um Lösungen. Dazu waren die Meinungsverschiedenheiten dann doch zu groß, ein Konsens über das weitere Vorgehen zu weit entfernt.

    Deutschland werde nach besten Kräften seinen Beitrag für ein gemeinsames Europa leisten, so Schäuble. Zugleich betonte er die Sorge, dass für das gemeinsame europäische Projekt in vielen Ländern Europas die Unterstützung schwindet. Für die Bürger Europas sei Verlässlichkeit eine wesentliche Grundlage, sagte der Bundesfinanzminister mit Blick auf Griechenland.

     

    Die Devise: „Hilfe zur Selbsthilfe“

    Griechenland müsse sich „unangenehmen Wahrheiten“ stellen und auch vor der eigenen Haustür kehren, betonte Schäuble. Dazu gehören strukturellen Reformen inklusive den institutionellen Rahmenbedingungen sowie Investitionen. Das betreffe insbesondere den Aufbau einer leistungsfähigen Steuerverwaltung und die Bekämpfung der Korruption in Griechenland. In diesem Zusammenhang bekräftigte Schäuble das Angebot, 500 deutsche Steuerbeamte als Berater nach Griechenland zu entsenden.

     

    Kein deutsches Europa - Vertrauen gefordert

    Bundesfinanzminister Schäuble erneuerte seine Skepsis gegenüber den von der neuen griechischen Regierung angekündigten Maßnahmen. Ebenso wie diese den griechischen Wählerwillen hervorheben, müsse auch der Wählerwillen der anderen europäischen Länder akzeptiert werden. Griechenland werbe zwar für Vertrauen, doch „Verlässlichkeit ist die Grundlage für Vertrauen“, so Schäuble. Verträge könnten nicht einseitig aufgekündigt werden. Europa sei bereits „bis an den Rand des Möglichen“ gegangen. Und der von Griechenland geforderte Schuldenschnitt? Stand nicht zur Debatte. Grundlegend sei, so Schäuble, dass Griechenland wieder den Zugang zu den Finanzmärkten findet. 

    Zur Rolle von Deutschland erklärte Schäuble, man wolle „kein deutsches Europa schaffen“. Europa und der Euro seien ein gemeinschaftliches Projekt, das auf Vertrauen beruht. Die Konstruktion der gemeinsamen europäischen Währung wurde auch von Experten als problematisch angesehen, bestätigte er. Die besondere Konstruktion der Gemeinschaftswährung basiere nicht auf europäischem Recht, sondern auf internationalen Vereinbarungen. Vereinbarungen auf die sich die Euro-Länder verlassen können müssen. Vereinbarungen auf der governmantalen Ebene, deren Basis Vertrauen und Verlässlichkeit sind.

     

    Varoufakis: „Not agreed to disagree“

    Keine Einigung erzielt - das war auch das Fazit des griechischen Finanzministers Yanis Varoufakis. Seine Botschaft lautet: „Griechenland ist ein Partner in der Lösungsfindung“. Selbstverständlich werde man auch vor der eigenen Haustür kehren. Bei der Bekämpfung von Steuerflucht und Gier sei auch die Unterstützung der europäischen Partner gefragt, betonte er. Allerdings sei es problematisch, wenn andere Länder der neuen Regierung Griechenlands die Besonderheiten der griechischen Mentalität erklären wollten.

    Die Krise in Europa habe besondere und unvergleichliche Auswirkungen auf die griechischen Bevölkerung. Es sei viel Zeit verschwendet worden. 2010 hätten Europa und Griechenland die Chance verpasst, das Blatt zu wenden. Stattdessen wurden Kredite in immensem Ausmaß an eine insolvente Nation vergeben. Das so genannte Reformpaket diente nur als „Feigenblatt“ - eine Verschleierung der Abhängigkeit. Die Folgen seien überall in Griechenland sichtbar und der Grund, warum die vorherigen Parteien abgewählt worden sind. Der Grund, warum Varoufakis jetzt neben Schäuble sitzt.

     

    Europa steht am Scheideweg

    „Europa steht an einem Scheideweg“, so der griechische Finanzminister weiter. Es bedarf ein „Höchstmaß an Vernunft und Vorschläge, die nicht die Interessen des durchschnittlichen Griechen fördern, sondern die des durchschnittlichen Europäers.“ 

    Varoufakis gehe es nicht um eine „Kabale“, sondern um die Umsetzung „effizienter makroökonomischer Reformen“, darauf könne sich Europa verlassen. Natürlich müssten dabei auch „bestehende Regelwerke“ beachtet werden. Aber auch die Tatsache, dass Griechenland vor einer grausamen Deflations- und Schuldenspirale steht. Dies gebe auch nationalistischen Anti-Europa-Parteien Auftrieb, warnte Varoufakis mit Blick auf die „Griechische Morgenröte“. Dies sei keine Neo-Nazipartei, sondern eine Nazipartei. Gerade vor dem geschichtlichen Hintergrund müsse Griechenland auch mit Deutschland zusammenarbeiten und Deutschland an der Seite von Griechenland stehen.





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