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     1542  0 Kommentare Was für eine ungeheure Versuchung!

    Bis auf die Griechenland-Anleihen war meine Performance als Bond-Investor eigentlich nicht schlecht, denn ich habe es schon oft geschafft, hundert Prozent Kursgewinn zu machen. Griechenland war allerdings so fatal, dass ich davon eigentlich genug habe und keine riskanten Bonds mehr anfassen wollte.

     

    Doch was sehe ich jetzt?

     

    Es gibt eine Euro-Anleihe der Ukraine. Die habe ich im Finanzcrash von 2008 für unter 50 gekauft und bei Verschärfung der Maidan-Krise zu knapp 100 wieder verkauft.

     

    Anschließend habe ich sie noch eine Weile verfolgt und war erstaunt, dass sie selbst nach der Krim-Annexion und dem Ausbruch des Krieges mit den prorussischen Rebellen nur unmerkbar gefallen ist. Das war eigentlich unfassbar, dachte ich.

     

    Jetzt bin ich zufällig wieder drauf gekommen. Doch per heute ist das Papier erneut auf unter 50 zurückgefallen. Dabei läuft es im Oktober dieses Jahres aus und muss dann zu 100 zurückgezahlt werden.

     

    Natürlich weiß ich, dass die Ukraine kein Geld hat. Man kann dort ja nicht einmal die Energielieferungen bezahlen. Doch wird Europa, wenn es der Ukraine schon keine Waffen liefert, das Land jetzt auch noch Pleite gehen lassen? Ich kann mir das eigentlich nicht vorstellen.

     

    Deswegen habe ich mir auch eine Position in dieser Anleihe gekauft. Ich konnte der Versuchung einfach nicht widerstehen. Denn für 100 Prozent binnen 7,5 Monaten und dazu noch einen Coupon von 4,95 % muss ein alter Mann schon ganz schön lange Anlagestrategien stricken.

     

    Natürlich ist dies keine Empfehlung. Don´t try this at home! Doch ich kann einfach nicht anders.

     


    Bernd Niquet
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    DER NEUNTE BAND VON "JENSEITS DES GELDES" IST ERSCHIENEN: Bernd Niquet, Jenseits des Geldes, 9. Teil, Leipzig 2023, 648 Seiten, 23,50 Euro

    Leseprobe: "Jenseits des Geldes".

    Eigentlich war ich vollkommen sicher, dass jetzt die Zeit dieser ganzen Auseinandersetzungen hinter mir lag. Deswegen hatte ich auch extra meine Mietrechtschutzversicherung gekündigt. Dann habe ich aber doch einmal in die Betriebskostenabrechnung hineingeschaut und musste unwillkürlich rechnen. 29.220 Euro im Jahr 2018 für die Reinigung der Treppen und Flure, das sind 93 Euro pro Haus pro Woche. Ich würde das jeweils in zehn Minuten schaffen, doch selbst wenn die ungelernte Hilfskraft zwanzig Minuten braucht, sind das 279 Euro Stundenlohn, den die Leiharbeitsfirma dafür einfährt. Wer dabei nicht an Sizilien denkt, kann eigentlich nicht mehr voll bei Verstand sein.

    Bernd Niquet ist Jahrgang 1956 und wohnt immer noch am letzten grünen Zipfel der Failed Stadt Berlin. Die ersten acht Teile von „Jenseits des Geldes“ sind ebenfalls im Engelsdorfer Verlag erschienen, und zwar in den Jahren 2011, 2012, 2013 sowie 2018, 2019, 2020, 2021 und 2022.

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    Verfasst von Bernd Niquet
    Was für eine ungeheure Versuchung! Anleihespekulation

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