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    Währungen  1207  0 Kommentare Ausverkauf beim Euro?

    Seit dem Jahreswechsel hat der Euro gegen über dem Dollar in der Spitze fast 15 % an Wert verloren. Doch handelt es sich wirklich um eine Euro-Schwäche? Vieles spricht eher für eine Dollar-Stärke. Der Grund hierfür dürfte in der US-Zinspolitik zu finden sein. Mit der nun immer wahrscheinlicher werdenden ersten Leitzinserhöhung in den USA zur Jahresmitte dürfte dieser Trend weiter unterstützt werden – auch wenn Gegenreaktionen zu erwarten sind.

    So schwach notierte die europäische Gemeinschaftswährung zuletzt Ende 2002: Zwischenzeitlich hat der Euro-Kurs gegenüber dem Dollar in der letzten Woche die Marke von 1,05 US-Dollar pro Euro unterschritten. Dies markierte den bisherigen Tiefpunkt in der drastischen Abwertung, die in der Rückschau bereits im Frühjahr 2014 begonnen hatte und sich seit dem Jahreswechsel nochmals deutlich beschleunigte. Zu diesem Zeitpunkt unterschritt der Euro-Dollar-Kurs die Marke von 1,20 und damit diejenige Schwelle, die sich bei vorigen Abwertungsbewegungen im Rahmen der Lehman- und später der Euro-Krise immer wieder als harter Widerstand erwiesen hatte.

    Bei der Suche nach den Gründen verweisen viele Beobachter in Richtung der neuerlichen Zuspitzung der Griechenland-Krise seit dem Ende des vergangenen Jahres oder auf die in etwa zum gleichen Zeitpunkt angekündigten und mittlerweile begonnenen Staatsanleihekäufe durch die EZB. Die neuen Sorgen um Griechenland hätten das Vertrauen der Kapitalmärkte in Investitionen im gesamten Euro-Raum erschüttert, heißt es. Angesichts der Maßnahmen der EZB sei zudem – wie ja in der Zwischenzeit auch deutlich geschehen – mit weiter sinkenden Zinsen zu rechnen.

    All das führe zu einem deutlichen Rückgang der internationalen Kapitalzuflüsse in die Euro-Zone und umgekehrt zu einem Kapitalabfluss, was den Euro-Kurs entsprechend unter Druck setze. Die Kapitalabflüsse dürften hierbei tatsächlich eine entscheidende Rolle spielen. Bei einem Blick auf andere Währungen fällt allerdings auf, dass sich dieses Phänomen offenbar nicht auf den Euro-Raum beschränkt. So haben etwa das britische Pfund oder auch der japanische Yen gegenüber dem US-Dollar zuletzt ebenfalls deutlich an Wert eingebüßt. Dies deutet darauf hin, dass wir es bei der aktuellen Euro-Abwertung eher mit einer generellen US-Dollar-Stärke als mit einer spezifischen Euro-Schwäche zu tun haben. Damit treten die oben diskutierten europäischen Argumente für die derzeitige Entwicklung in den Hintergrund – amerikanische Argumente müssen her.

    Hier wird man auf der Zinsseite relativ schnell fündig, liegt doch die Rendite für 10-jährige US-Staatsanleihen fast 2 Prozentpunkte oberhalb derjenigen für vergleichbare deutsche Papiere. Auch mit Blick auf die Euro-Zonen-Peripherie bleibt der Zinsunterschied mit gut einem halben Prozentpunkt erheblich. Im Vergleich zu japanischen bzw. britischen 10-jährigen Staatsanleihen sind in den USA Renditeaufschläge von 1,5 bzw. immerhin noch 0,3 Prozentpunkten zu verzeichnen. Von daher ist es kaum verwunderlich, dass Kapital die jeweiligen Finanzmärkte verlässt und in die eher hochverzinslichen USA fließt und dementsprechend zu einer allgemeinen Aufwertung des US-Dollars führt. Die immer klarer für Mitte des Jahres angekündigte erste Leitzinserhöhung durch die US-Notenbank Fed dürfte diesen Trend eher noch verstärken oder zumindest festigen.

    Fazit: Wechselkursschwankungen sind mit volkswirtschaftlichen Instrumenten (und auch anderen) im Grunde unmöglich kurzfristig vorherzusagen. Auch ob die derzeitige US-Dollar-Stärke sich fortsetzen und möglicherweise noch verstärken wird, ist trotz der einleuchtenden ökonomischen Argumente hierfür daher alles andere als ausgemacht. In jedem Fall sollte zwischenzeitlich auch mit (wenn vielleicht auch nur technischen) Gegenbewegungen gerechnet werden. Langfristig wird der Euro-Kurs volkswirtschaftlich gesehen wieder auf deutlich höhere Stände steigen, die einen Kaufkraftausgleich beider Währungen mit sich bringen (sog. Kaufkraftparität). Trotzdem bleibt der Versuch, kurz- bis mittelfristig auf Währungsschwankungen zu spekulieren, überaus riskant.




    Philipp Dobbert
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    Philipp Dobbert ist Chefvolkswirt der quirin bank AG. Bei der auf Honorarberatung spezialisierten Bank liefert er mit seinen Kapitalmarktanalysen die Grundlagen für die Arbeit der Honorarberater. Gleichzeitig zeichnet er verantwortlich für die Szenarioanalyse bei quirion, der ersten Online-Honorarberatungsplattform.
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    Verfasst von 2Philipp Dobbert
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