IPO/AKTIE IM FOKUS 2
Gutes Umfeld beschert Siltronic versöhnlichen Börsengang
(Neu: Tageshoch und Schlusskurse)
FRANKFURT (dpa-AFX) - Der Börsengang der Wacker-Chemie-Tochter Siltronic ist am Donnerstag doch noch versöhnlich verlaufen. Nachdem das Interesse von Investoren zunächst schwach schien, starteten die Aktien 5 Prozent über dem Ausgabepreis von 30 Euro in den Handel. Während die Papiere damit vom wieder etwas aufgehellten Marktumfeld profitierten, bezeichneten einige Analysten den Emissionspreis als Enttäuschung.
Im Tagesverlauf bauten die Aktien ihr Plus in einem freundlichen Börsenumfeld aus: zeitweise bis auf fast 13 Prozent beziehungsweise 33,885 Euro. Zum Handelsschluss stand bei 33,150 Euro immer noch ein Kursaufschlag von 10,5 Prozent zu Buche, obwohl sich die Marktstimmung wegen erneuter Sorgen über die Lage in Griechenland wieder etwas eintrübte. Die Aktien von Wacker Chemie schlossen 0,83 Prozent im Minus.
"Das Interesse der Investoren zeigt, dass Siltronic eine Position der Stärke erreicht hat und von institutionellen Investoren als ein attraktives Investment wahrgenommen wird", sagte Christoph von Plotho, Vorstandsvorsitzender von Siltronic.
HÄNDLER: KEINE BESONDERS GROSSE NACHFRAGE
Marktbeobachter sahen den Börsenstart etwas nüchterner. Schließlich hatte der Spezialchemiekonzern Wacker Chemie seine Halbleiter-Tochter nur mit Zugeständnissen unter die Anleger bringen können. Die anvisierte Preisspanne hatte zuvor bei 30 bis 38 Euro gelegen. Die Nachfrage sei daran gemessen nicht besonders groß gewesen, sagte ein Händler. Erfolgreiche Börsengänge seien in der Regel zweifach überzeichnet. Dies sei hier nicht der Fall gewesen. Er hätte 34 Euro erwartet, schrieb Analyst Peter Spengler von der DZ Bank.
"Was wir derzeit sehen ist die klassische Kurspflege nach der Platzierung der Aktien", sagte Händler Andreas Lipkow von Kliegel & Hafner. Eventuell hätten auch solche Anleger zugreifen müssen, die mit sogenannten Leerverkäufen auf einen Flop des Börsengangs und damit auf Kurse unter 30 Euro gesetzt hätten. Diese Investoren hätten nun wieder zukaufen müssen, nachdem der Siltronic-Kurs wider Erwarten gestiegen sei.
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ANALYST: WACKER HAT NICHTS RISKIEREN WOLLEN
Analyst Frank Schneider von Alpha Wertpapierhandel äußerte sich positiver: Dass der Emissionspreis um untersten Ende des Preisbandes gelegen hatte, könnte dem zwischenzeitlich schwächeren Umfeld geschuldet sein. So hatte der anhaltende Schuldenstreit zwischen Griechenland und seinen Gläubigern den Dax Ende letzter und Anfang dieser Woche stark unter Druck gesetzt. Erst zur Wochenmitte habe sich das Bild wieder etwas aufgehellt.
Thorsten Strauß von der NordLB meinte, das Unternehmen habe mit dem Emissionspreis am unteren Ende der Spanne offenbar nichts riskieren wollen. Strauß erinnerte daran, dass ein erster Anlauf, Siltronic an die Börse zu bringen, im Jahr 2004 gescheitert war.
HÄNDLER: SILTRONIC-IPO GUT FÜR BÖRSENLANDSCHAFT
Doch Händler Lipkow sieht einen Lichtblick: Das zunächst vergleichsweise geringe Plus bei den Aktien von Siltronic zeige gut auf, dass sich die Investoren trotz des Renditedrucks derzeit nicht blindlings in jedes Abenteuer stürzten. Demnach herrsche derzeit mal wieder eine gesunde Investorenstimmung ohne überschäumende Euphorie wie zu Zeiten des Neuen Markts um die Jahrtausendwende. Das sei zwar schlecht für die Aktien von Siltronic, aber gut für die Börsenlandschaft allgemein.
Im laufenden Jahr gab es ohne Siltronic in Deutschland bislang neun Börsengänge mit einem Gesamtvolumen von mehr als einer Milliarde Euro. Der größte war der von Tele Columbus mit gut 500 Millionen Euro im Januar.
PRIVATANLEGER HALTEN SICH RAUS
Siltronic ist einer der Weltmarktführer für Wafer aus Reinstsilizium und Lieferant vieler Chiphersteller. Mit knapp 4200 Mitarbeitern erwirtschaftete das Unternehmen 2014 einen Umsatz von 853 Millionen Euro, schrieb aber operativ Verluste.
Der Mutterkonzern Wacker Chemie drückt seinen Anteil an Siltronic, wenn er am Ende alle angebotenen Aktien los wird, auf 57,8 Prozent. Inklusive einer sogenannten Mehrzuteilungsoption sollen 12,65 Millionen Siltronic-Anteile platziert werden. Das Volumen des Börsengangs liegt damit bei bis zu 380 Millionen Euro.
Am deutschen Privatanleger indes ist der Börsengang von Siltronic wohl größtenteils vorbeigegangen. Laut einem Marktbeobachter wurde ein Fünftel der Papiere von deutschen Fonds, Versicherern und anderen Großinvestoren gekauft, fast die Hälfte des Volumens sei in die USA gegangen. Privatanleger halten sich seit der Erfahrung der Dotcom-Blase mit Aktien generell zurück./la/das/gl/jha/