US-Ökonom wittert Verschwörung
Joseph E. Stiglitz - "Troika hat Griechenland-Krise absichtlich herbeigeführt"
US-Ökonom Joseph E. Stiglitz wittert im Schuldenstreit eine Art Verschwörung. Es sei der Versuch führender europäischer Politiker, eine unliebsame linke Regierung loszuwerden, die die Macht der Reichen begrenzen wolle.
Joseph E. Stiglitz ist so etwas wie der Wortführer der Austeritäts-Gegner. Ein ums andere Mal bekräftigte der Wirtschaftsnobelpreisträger, was er von der europäischen Sparpolitik hält, nämlich nichts. In einem Gastbeitrag für das „Project Syndicate“ bezeichnete er die Eskalation der Griechenland-Krise vom Wochenende als „Europas Anschlag auf die griechische Demokratie“.
Die Wirtschaftsstrategie der Troika sei „eine Katastrophe“, so Stiglitz. „Mir fällt kein Fall ein, in dem eine Depression jemals derart vorsätzlich herbeigeführt wurde und derart katastrophale Folgen hatte.“
Wir müssten uns darüber im Klaren sein, dass die Kredite an Griechenland hauptsächlich dazu verwendet wurden, private Gläubiger, allen voran deutsche und französische Banken, auszuzahlen. Athen selbst habe dagegen „lediglich Almosen erhalten, aber einen hohen Preis gezahlt, um die Bankensysteme dieser Länder zu retten.“
Europa wolle linke Regierung loswerden
Der Schuldenstreit drehe sich in Wahrheit mehr um Macht und Demokratie als um Geld und Wirtschaft. „Es geht hier nicht um das Geld. Es geht darum, „Fristen“ zu nutzen, um Griechenland zur Kapitulation und zur Akzeptanz des Unannehmbaren zu zwingen – nicht nur Sparmaßnahmen, sondern auch anderen regressive und straforientierte politische Vorgaben“, schreibt der US-Ökonom. Denn: Die Geldgeber bräuchten das Geld, das sie Griechenland derzeit abverlangten, gar nicht.
Stiglitz meint den Grund zu kennen, wieso sie trotzdem so eisern auf ihre Forderungen beharren: „Viele führende europäische Politiker wünschen sich das Ende der linksgerichteten Regierung von Ministerpräsident Alexis Tsipras. Schließlich ist es extrem unbequem, in Griechenland eine Regierung sitzen zu haben, die sich der Art von Politik, die so viel zur Steigerung der Ungleichheit in so vielen hochentwickelten Ländern beigetragen hat, derart widersetzt, und die sich dafür engagiert, der ungezügelten Macht der Reichen Grenzen zu setzen. Sie scheinen zu glauben, dass sie letztlich den Sturz der griechischen Regierung herbeiführen können, indem sie sie durch Druck dazu bewegen, eine Übereinkunft zu akzeptieren, die ihrem Wählerauftrag widerspricht.“
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