Unabhängigkeit angezweifelt
Putin greift nach dem Baltikum - Ist die Sowjetunion 2.0 noch aufzuhalten?
Wladimir Putins Großmachtfantasien treiben neue Blüten – und sie sind gefährlicher denn je. Russland streckt offenbar die Fühler nach dem Baltikum aus. Das Vorgehen ähnelt der Annexion der Krim.
Es ist eine Nachricht voller Sprengstoff. Die russische Generalstaatsanwaltschaft stelle die Unabhängigkeit der baltischen Staaten infrage. Das berichtet die „Welt“ unter Berufung auf die russische Nachrichtenagentur Interfax. Demnach werde überprüft, ob die Unabhängigkeitserklärungen Estlands, Lettlands und Litauens rechtmäßig war.
Die drei baltischen Staaten hatten sich 1991 nach dem Zerfall der Sowjetunion von Russland abgespalten. Die russische Regierungsversammlung, damals als Übergangsorgan geschaffen, bestätigte die entsprechenden Unabhängigkeitserklärungen.
Offenbar will die russische Generalstaatsanwaltschaft diesen Vorgang nun anfechten. Die Regierungsversammlung sei kein Verfassungsorgan gewesen und hätte gar nicht über eine Unabhängigkeit entscheiden dürfen.
Eine Argumentation, die deutlich an die Anfänge der Krim-Krise erinnert. Auch damals hatte Russland die Rechtmäßigkeit der Schenkung an die Ukraine angezweifelt und somit die Annexion der Krim als „Rückholung“ legitimiert. Insofern ist höchste Vorsicht geboten, wenn die russische Generalstaatsanwaltschaft nun die Abspaltung des Baltikums ins Visier nimmt.
Droht eine russische Invasion des Baltikums?
Zwar hat das Vorpreschen der Generalanwaltschaft keine unmittelbaren rechtlichen Folgen. Aber, so die „Welt“: „Sollte die Generalstaatsanwaltschaft im Fall von Estland, Lettland und Litauen tatsächlich zu einem ähnlichen Schluss kommen, sind die Ängste der Balten vor einer russischen Invasion wohl mehr gerechtfertigt denn je.“
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Erst vor wenigen Monaten warnte Nato-Chef Anders Rasmussen vor genau diesem Szenario – einer Invasion des Baltikums. Gegenüber dem „Telegraph“ sagte er mit Blick auf den im Nato-Vertrag verankerten Bündnisfall: „Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass er (Putin) im Baltikum interveniert um Artikel 5 der Nato zu testen.“ Weiter heißt es: „Putin weiß, dass er besiegt werden wird, wenn er die rote Linie überschreitet und einen Nato-Partner angreift. Lasst uns dessen im Klaren sein. Aber er ist ein Experte der hybriden Kriegsführung.“
Seit der Annexion der Krim hat sich das Verhältnis der Baltikum-Staaten zu Russland merklich abgekühlt. Die Angst, sie könnten die nächsten sein, ist groß. Lettland, Litauen und Estland hatten die Nato-Partner deshalb wiederholt aufgefordert, sie gegen eine russische Invasion zu schützen (siehe hier). Eine Forderung, die angesichts der neusten Entwicklung an Brisanz gewinnen dürfte.