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    USA, Europa, China  2660  0 Kommentare Was beeinflusst die Wirtschaftsentwicklung nach monatelangem Fokus auf Griechenland?

    Wenn wir auf die letzten Monate zurückblicken, stellen wir fest, dass sich praktisch alle Schlagzeilen der Medien auf Griechenland bezogen. Nach den Sitzungsmarathons am Wochenende einigten sich die Regierungschefs vorerst auf einen Verbleib Griechenlands im Euro und sichern somit vorerst das Überleben des Landes. Somit ist es langsam an der Zeit, sich auch wieder anderen Dingen zu widmen, die die wirtschaftliche Entwicklung im Jahresverlauf beeinflussen.

    Nach unserer Einschätzung wird die zweite Jahreshälfte vor allem von drei wichtigen Themen geprägt. Unsere Hauptbotschaft ist, dass wir weiterhin mit Wachstum in der Weltwirtschaft rechnen und damit auch mit positiven Erträgen der meisten globalen Aktienindizes. Doch auf dem Weg müssen wir mit einigen Auf und Abs rechnen und es wird unserer Meinung nach erhebliche regionale Unterschiede geben.

    Werfen wir zunächst einen Blick auf die größte Wirtschaftsmacht, die USA

    Hier ist das Wachstum Ende des zweiten Quartals wieder auf drei Prozent gestiegen. Diese positive Entwicklung ist angesichts der Griechenland-Schlagzeilen in der öffentlichen Wahrnehmung mehr oder weniger untergegangen.

    Entscheidend für uns ist, dass diese Wachstumsrate wahrscheinlich aufrechterhalten wird, also auch im zweiten Halbjahr mit einem Wachstum von ungefähr drei Prozent zu rechnen ist. Die beiden Hauptgründe hierfür sind ein weiterhin gesundes Bankensystem, das den privaten Sektor unterstützt und eine weitere Normalisierung des derzeit noch untertourig laufenden Wohnungsmarktes.

    Wenn wir mit dieser Erwartung Recht haben, so ergibt sich ein wesentlich positiveres Wachstumsszenario als es die US-Notenbank in der letzten offiziellen Prognoseanpassung noch vor Augen hatte. Leitende Mitglieder der Federal Reserve haben zuletzt geäußert, dass ein Wachstum von etwa 2,5 Prozent doch wieder realistisch sei und das langfristige Potenzial des Wirtschaftswachstum, also des Trendwachstums, in der Nähe von zwei Prozent liegen könne.

    Dies bedeutet, dass die Wirtschaft gegenwärtig die freien Ressourcen absorbiert und die Arbeitslosigkeit abnimmt. Damit nähert sich die US-Notenbank einem ihrer Ziele- der Vollbeschäftigung.

    Zinserhöhung im September


    Schon der Umstand, dass eine Straffung der Geldpolitik immer erst mit einer gewissen Verzögerung Wirkung zeigt, spricht dafür, dass die Zentralbank nun damit beginnen muss, die Zinsen zu erhöhen. Denn wenn wir mit unserer Erwartung von drei Prozent Wachstum Recht haben, so entwickelt sich der Arbeitsmarkt stärker als von der Notenbank erwartet. Somit ist er auch stark genug dafür, dass wir in überschaubarer Zukunft eine erste Zinserhöhung sehen werden. Wir rechnen damit im September.

    Eine Zinserhöhung ist im Augenblick noch nicht in den Rentenmarkt eingepreist, was bedeutet, dass wir mit erheblichen Schwankungen an den amerikanischen Rentenmärkten rechnen können. Dies allein wäre schon ein gutes Argument dafür, dass die US-Notenbank noch etwas warten sollte, um den Markt nicht zu sehr zu überraschen. Doch unseres Erachtens hat die Notenbank deutlich signalisiert, dass sie sich stark an den Wirtschaftsdaten orientiert. Unserer Einschätzung nach entwickeln sich diese Daten positiv; somit wird der Markt bis September die erste Zinserhöhung eingepreist haben.

    Im zweiten Halbjahr werden wir also steigende amerikanische Zinsen erleben. Der Aktienmarkt wird zunächst etwas mit den steigenden Zinsen zu kämpfen haben, aber letztendlich wird das gesunde Wachstum den Umfang von Kursverlusten begrenzen und später für ein weiteres Ansteigen der Kurse sorgen. Dies wird schließlich auch dazu führen, dass der Kurs des US-Dollars weiter gegenüber den meisten anderen Währungen steigt. Dieses Szenario sollte ein positiver Cocktail für Japan sein, dessen Export von dem hohen amerikanischen Wachstum und einem schwächeren Yen profitiert. Gleichzeitig wird dort der Rentabilität der Unternehmen mehr Augenmerk geschenkt.

    Wachstum in Europa wird auf zwei Prozent zurückgehen



    Wenn wir den Blick nach Europa wenden, so ist unsere Hauptbotschaft für die zweite Jahreshälfte, dass das Wirtschaftswachstum abnehmen wird. Während Griechenland alle Schlagzeilen beherrschte, ist das europäische Wirtschaftswachstum auf derzeit etwa 2,5 Prozent gestiegen. Einige der nur zeitweilig wirksamen Gründe für die Zunahme des Wachstums waren z. B. der fallende Ölpreis und ein stark geschwächter Euro. Die positiven Effekte hiervon haben unserer Meinung nach ihren Gipfel erreicht. Auch wenn wir damit rechnen können, dass eine Lösung für Griechenland zunächst zu einer positiven Stimmung beitragen wird, glauben wir doch, dass das Wachstum von etwa 2,5 Prozent im Jahresverlauf auf zwei Prozent sinken wird.

    Warum wird das Wachstum bei zwei Prozent liegen? Der Grund hierfür ist einfach, dass sich das europäische Bankensystem in einer vernünftigen Verfassung befindet und somit in der Lage ist, dem privaten Sektor Kredite zu geben. Dies ist etwas, was wir in der Region – besonders in den Krisenländern – seit fast fünf Jahren vermisst haben.

    Somit können wir damit rechnen, dass die Investitionen zunehmen und auch die Bereitschaft steigt, neue Arbeitskräfte einzustellen. Zwei Prozent Wachstum in Europa sind gut. Doch dies geschieht in einem Kontext einer sehr langwierigen Krise mit entsprechend hoher Arbeitslosigkeit. Daher meinen wir, dass es noch lange dauern kann, bis die Inflation sich in Europa wirklich zurückmeldet. Dies bedeutet zugleich, dass es der Europäischen Zentralbank schwerfallen wird, ihr Ziel einer Inflationsrate von zwei Prozent in den nächsten Jahren zu erreichen. Obgleich also das Wachstum gut sein wird und zusammen mit der abnehmenden Unsicherheit zu Griechenland dazu führen muss, dass die europäischen Aktien steigen, meinen wir anders als hinsichtlich der USA jedoch nicht, dass die europäischen Zinsen kurzfristig nennenswert steigen werden. Wir erwarten eher, dass sie stabil bis leicht steigend sein werden.

    Die Fortsetzung der außergewöhnlich lockeren Geldpolitik in Europa wird besonders im Verhältnis zu den USA Folgen haben. Wir rechnen damit, dass der Euro im Verhältnis zum Dollar schwächer wird.

    Werden die Behörden in China niedrigeres Wachstum akzeptieren?



    Der jetzige deutliche Rückgang der chinesischen Aktienmärkte sorgte für Schlagzeilen – was unserer Meinung nach von anderen wichtigen Fragen ablenkt. Der Fall der Landestitel wird die finanzielle Stabilität nicht beeinträchtigen, weil die Behörden für Stabilität im Bankensystem sorgen werden.

    Wir konzentrieren uns hingegen auf die Frage, wie sich das tatsächliche Wirtschaftswachstum in China  entwickeln wird. Unsere Beurteilung ist derzeit, dass das Wachstum im zweiten Quartal gegenüber dem äußerst geringen Niveau des ersten Quartals gewonnen hat. Es befindet sich jetzt auf einem Niveau von 6 bis 6,5 Prozent.

    Die unserer Meinung nach entscheidende Frage für die künftige Entwicklung ist, ob die Behörden akzeptieren können und werden, dass es auf diesem niedrigen Niveau liegt. Oder ob sie – wie früher – versuchen werden, das Wachstum anzuregen, damit es auf höhere Touren kommt. Wir meinen, sie werden sich für die erste Alternative entscheiden.

    Warum? Dies mag etwas unverständlich wirken, da die Regierung noch davon spricht, ein Wachstum von über sieben Prozent sicherstellen zu wollen. Die Antwort auf die Frage ergibt sich unserer Ansicht nach aus dem Umstand, dass es selbst den chinesischen Behörden schwerfällt zu verstehen, was gerade in der chinesischen Wirtschaft geschieht.

    Für 2014 wurde ein Wachstum von über sieben Prozent und die Schaffung von 10 Millionen neuen Arbeitsplätzen angestrebt. Das Wachstum war ungefähr wie erwartet, aber die Wirtschaft schaffte tatsächlich 13 Millionen Arbeitsplätze. Bei gleicher Wachstumsrate wurden also mehr Arbeitsplätze geschaffen. Dies liegt unserer Meinung nach an bedeutenden Veränderungen in der Grundstruktur der chinesischen Wirtschaft, in der der Dienstleistungsbereich einen immer größeren Anteil gewinnt. Der Dienstleistungsbereich schafft mehr Arbeitsplätze als die Bereiche der herkömmlichen Industrie und des Bauwesens. Obwohl also die Wirtschaft um „nur“ sechs Prozent wächst, sollte dies mehr als ausreichend  sein, um genügend Arbeitsplätze zu schaffen und so für soziale Stabilität zu sorgen. Die Behörden wollen zudem gewiss nicht den früher gemachten Fehler wiederholen, den Bau- und Wohnungsbereich zu sehr zu stimulieren.

    Giftiger Cocktail für Emerging Markets



    Die gute Nachricht ist also, dass China weiter wachsen wird. Die schlechte Nachricht ist allerdings, dass dies eine andere Art des Wirtschaftswachstums ist, als wir gewohnt waren. Es beruht diesmal weit weniger auf den Rohstoffpreisen. Dies wiederum bereitet vielen Emerging Markets Probleme, da diese vom Rohstoffexport abhängig sind. Behalten wir Recht mit diesem Szenario und erhöht die US-Notenbank außerdem noch die Zinsen, so ergibt dies für aufstrebende Länder einen giftigen Cocktail. In Emerging Market-Ländern werden die Zinsen von den steigenden amerikanischen Zinsen nach oben getrieben, was Kursverluste der Anleihen zur Folge haben wird. Die Währungskurse werden unter Druck kommen, besonders in denjenigen Ländern, die von externer Finanzierung abhängig sind. Und schließlich werden auch die Aktien unter Druck geraten, weil sie bereits mit einem relativ geringen Umsatzwachstum kämpfen und dies zu einer Zeit, da die Finanzierungskosten möglicherweise steigen.

    Daher unterstreichen wir hier nochmals, was wir bereits im Laufe der letzten Jahre wiederholt betont haben: Man sollte vorsichtig mit Investitionen in die Emerging Markets sein. Außerdem gilt: Wir können die Wachstumsländer nicht mehr als eine einzige homogene Region betrachten, sondern müssen sie als eine Anzahl sehr unterschiedlicher Länder ansehen, von denen es viele, wie sich abzeichnet, schwer haben werden. Daher muss man auch selektiv investieren.

    Wie sieht also die Welt nach der Zeit der intensiven Griechenland-Debatte aus? Im Grunde genommen sieht sie gut aus. Die Weltwirtschaft wächst weiterhin, angeführt insbesondere von den USA und Europa. Die Geldpolitik wird weiterhin locker sein, auch wenn die USA erste Schritte hin zu einer normalen Geldpolitik machen. Insgesamt positive Voraussetzungen sehen wir für globale Aktien, jedoch vor allem für Aktien aus Europa und Japan. (Gastbeitrag von Chefanalytiker Bo Bejstrup Christensen von Danske Invest)





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    Verfasst von wO Gastbeitrag
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