Geldpolitik
Zinswende in den USA – Die Finanzmärkte sollten sich auf den September einstellen
Das Thema Griechenland wird langsam aber sicher abgehakt, die chinesischen Börsen sind in etwas ruhigeres Fahrwasser zurückgekehrt, damit können sich die Anleger rund um den Globus wieder den kursbestimmenden Nachrichten aus den Unternehmen aber auch der Geldpolitik widmen. Das Thema Nummer Eins bleibt da nach wie vor die Spekulation darüber, wann in den USA die Zinsen erstmals seit acht Jahren wieder angehoben werden. Dabei reicht die Bandbreite der Erwartungen von Juli, also noch in diesem Monat, bis in das späte Jahr 2016 hinein. Nach den jüngsten US-Daten und Äußerungen aus der Federal Reserve kristallisiert sich als wahrscheinlicher Termin für diese Zinswende immer mehr der September 2015 heraus. Eine Bestandsaufnahme:
Licht und Schatten in puncto US-Konjunktur
Die Wirtschaftsdaten aus den USA zeigen nach wie vor ein gemischtes Bild: Auf der einen Seite bekommen wir Einkaufsmanagerindizes, die stark schwanken, insgesamt aber weiter hinterherhinken, eine
Industrieproduktion, die zu wünschen übrig lässt und Einzelhandelsumsätze, die kaum Anzeichen verstärkten Konsums zeigen. Zuletzt stagnierten sogar die Löhne. Auf der anderen Seite sehen wir aber
eine Arbeitslosenquote auf einem 7-Jahrestief, die einen robusten Arbeitsmarkt signalisiert, auch wenn eine Partizipationsrate auf einem 38-Jahres-Tief die Aussagekraft verwässert. Hinzu kommen ein
stark anspringender Immobilienmarkt und US-Unternehmensergebnisse, die aktuell dem starken US-Dollar trotzen, auch wenn hier die Entwicklung insgesamt rückläufig ist. Auch die Inflation verharrt
auf geringem Niveau, wobei die Teuerungsrate allerdings im Juni zum ersten Mal in diesem Jahr in den positiven Bereich gedreht hat. Die Tendenz zeigt also wieder nach oben.
Griechenland vorerst abgehakt
Ein Thema, welches die Finanzmärkte zuletzt in ihren Bann gezogen hat, dessen Einfluss jetzt aber mehr und mehr abnimmt, war die Griechenland-Krise. Jetzt, wo die Europäer dieses Problem dabei
sind, zumindest vorher aus der Welt zu schaffen, können die US-Notenbanker vor diesem Hintergrund unbeschwerter eine Entscheidung über mögliche Zinserhöhungen treffen.
US-Aktienmarkt wieder auf Rekordkurs
Die US-Notenbanker haben immer die Börsen und Reaktion der Marktteilnehmer im Hinterkopf, wenn sie über einen Zeitpunkt für die Zinswende nachdenken. Da sich die US-Börsen zuletzt trotz einer
chinesischen Börsenpanik und einem drohenden Grexit gut behaupten konnten und nun sogar wieder Anlauf auf neue Rekorde nehmen, kann eine eher früher als später stattfindende Zinswende durchaus
richtig sein. Wartet die Notenbank ab, droht sie in eine Situation zu geraten, wo eine Zinswende höchste Zeit wird, allerdings die Börsenverfassung dieser aber nur unter dem Risiko kräftiger
Abschläge zulässt, weil die Börsen unter Druck stehen.
Es bleiben nur September und Dezember
In diesem Jahr trifft sich der über die Geldpolitik entscheidende Offenmarktausschuss der Federal Reserve (FOMC) noch im Juli, September, Oktober und Dezember. Eine Pressekonferenz ist allerdings
nur für die Sitzungen im September und Dezember anberaumt. Die Notenbank wird eine Zinsanhebung wohl kaum einläuten, ohne die Möglichkeit nutzen zu können, in der anschließenden Pressekonferenz den
Märkten ihre Entscheidung zu erläutern und sie gegebenenfalls zu beruhigen.
Eine späte Zinswende birgt Gefahren
Vor dem US-Repräsentantenhaus begründete Fed-Chefin Janet Yellen in dieser Woche eine Zinsanhebung noch in diesem Jahr wie folgt: Sollte die Inflation unerwartet schnell und heftig anspringen,
könnte sich die Notenbank genötigt sehen, eine schnellere Abfolge von Zinsschritten einzuläuten, die dann wiederum eine größere Schockwirkung auf den Markt entfalten könnte. Bei einer frühen
Zinswende aber hätte die Fed mehr Zeit mit dem nächsten Schritt. Vor allem könnte sie auch die Reaktion der Märkte beobachten und diese langsam an das kältere Wasser gewöhnen.
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Auf der anderen Seite ließe sich die US-Notenbank mit einem kleinen Zinsschritt ohne großen volkswirtschaftlichen Einfluss die Möglichkeit offen, gegenzusteuern, sollte sich die Wirtschaft wider Erwarten doch abkühlen. Der Dezember birgt zusätzlich die Gefahr, dass die Reaktion eines Marktes mit saisonal bedingt austrocknender Liquidität heftiger ausfallen könnte, was den September aus vor diesem Hintergrund attraktiver macht.