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    Profit vor Leben  8284  3 Kommentare 5.000 Prozent! Wenn Leben Retten zu billig ist - Pharmachef dreht an Preisschraube

    Profit aus dem Leid kranker Menschen zu schlagen, ist moralisch mehr als verwerflich. Auch Martin Shkreli ist empört, dass ein Menschenleben „nur“ 1.000 US-Dollar kostet. Solch eine Dreistigkeit will er sich nicht länger gefallen lassen – und erhöht den Preis um mehr als 5.000 Prozent!

    Wie werde ich zum meistgehassten Mann der USA und bringe sogar US-Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton auf die Palme – und das alles in weniger als 24 Stunden? So oder so ähnlich könnte demnächst der Titel eines Ratgebers lauten. Sein Autor: Martin Shkreli.

    Der ehemalige Hedgefondsmanager ist mittlerweile unter die Pharmaunternehmer gegangen. Mit seinem Turing Pharmaceuticals erwarb er im August dieses Jahres für 55 Millionen US-Dollar die Rechte an dem Medikament Daraprim. Dabei handelt es sich um ein 62 Jahre altes Medikament gegen Toxoplasmose, einer Infektionskrankheit, die im schlimmsten Fall tödlich enden kann. Übertragen wird die Krankheit von einem Parasiten, rund ein Viertel der US-amerikanischen Bevölkerung über zwölf Jahre trägt den Parasiten in sich.

    Eine echte Alternative für Daraprim gibt es nicht, die meisten Betroffenen sind auf das Medikament angewiesen. Bislang kostete eine Tablette 13,50 US-Dollar. Zu wenig, befand Shkreli und drehte über Nacht an der Preisschraube. Neuer Preis: 750 US-Dollar.

    „Wir müssen Profit machen“

    Die Amerikaner sind entsetzt. Es ist nicht nur eine Preissteigerung um mehr als unglaubliche 5.000 Prozent. Nein, fast noch schlimmer ist die Tatsache, dass es keinen Grund für die Preissteigerung gibt. Zumindest keinen anderen als den, dass das Unternehmen Profit machen müsse. Und das, so Shkreli, sei bei einem Preis von 13,50 US-Dollar schlicht nicht möglich. Kleine Randnotiz: Die Produktionskosten von Daraprim betragen gerade mal einen US-Dollar pro Pille. Egal, meint Shkreli. Es kämen ja schließlich noch andere Kosten hinzu.

    Shkreli lässt sich nicht weiter beirren und tingelt durch diverse US-Fernsehanstalten. Die Vorgänger von Turing hätten Daraprim praktisch umsonst hergegeben, erklärt er „Bloomberg“: „Der Preis für eine lebensrettende Behandlung lag nur bei 1.000 US-Dollar.“ Wie gut, dass Shkreli zur Tat schreitet, um diesem Preisverfall ein Ende zu bereiten und den Preis für ein Leben wieder dahinzusetzen, wo es hingehört – nämlich auf 750 US-Dollar pro Tablette. Da nehmen sich 13,25 US-Dollar in der Tat bescheiden aus. 

    Leider kein Einzelfall

    Andere Medikamente, vor allem für seltene Krankheiten, würden bis zu 500.000 US-Dollar kosten, verteidigt sich der Ex-Hedgefondsmanager. Aber ist es tatsächlich ein Grund, sein eigenes Medikament ebenfalls künstlich in die Höhe zu treiben? Ja, meint Shkreli, sein Pharmaunternehmen müsse schließlich Profit erzielen. Außerdem sei Daraprim weiterhin vergleichsweise günstig. Stimmt, zumindest wenn man es mit der richtigen Preisgruppe vergleicht.

    Allerdings ist die Preiserhöhung von Turing in der Tat kein Einzelfall, wie die „New York Times“ berichtet. Auch Pharmaunternehmen wie Rodelis Therapeutics (Cycloserine von 500 US-Dollar für 30 Tabletten auf 10.800 US-Dollar) und Valeant Pharmaceuticals (Isuprel: Plus 525 Prozent und Nitropress: Plus 212 Prozent) drehten zuletzt gehörig an der Preisschraube.

    Für den Turing-Chef ist eine solch drastische Preiserhöhung ebenfalls kein Neuland. Im Gegenteil, er machte es sogar schon einmal zur Business-Strategie. Im Jahr 2011 gründete er Retrophin, mit dem er ältere, kaum beachtete Medikamente aufkaufte, um dann die Preise zu erhöhen, berichtet die „NYT“.

    Zum meistgehassten Amerikaner in nur einem Tag

    Nein, eine Geschäftsstrategie sei das nicht, wehrt sich der Ex-Hedgefondsmanager. Den Erlös von Daraprim wolle Turing vielmehr in die Forschung investieren, um bessere Behandlungsmöglichkeiten zu entwickeln. „Es ist nur fair, dass wir Profit machen und dieses Geld nehmen, um es zurück in die Hände der Patienten zu geben“, so Shkreli gegenüber „Bloomberg“ und betont zugleich: „Turing ist nicht das gierige Pharmaunternehmen, das versucht die Patienten zu erpressen.“

    Viele US-Bürger sehen das offenbar anders. Der Shitstorm im Internet gegen Shkreli ist in vollem Gange. Der Ex-Hedgefondsmanager habe es mit seinem dreisten Verhalten im Nu geschafft, den „Killer-Zahnarzt“, der den Löwen Cecil getötet hatte, als meistgehassten Mann Amerikas abzulösen, bemerkt „The Daily Beast“. Auch US-Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton schaltete sich via Twitter in die Debatte ein. Im Anschluss an den Tweet stürzten die Aktien diverser Pharmaunternehmen in den Keller, darunter die Papiere von Morphosys, Merck und Valeant. Offenbar fürchten Anleger mögliche politische Konsequenzen aus der Turing-Affäre. Clinton bezeichnete derartige Preiserpressungen als unverschämt und kündigte einen Aktionsplan an. 

    Dieser scheint auch bitter nötig, denn: Bislang haben die US-Behörden keinerlei Handhabe, um solche Preissteigerungen zu unterbinden. Es lebe der freie Markt … auch wenn es um Menschenleben geht.




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